Es war ein Traum. 500 Tonnen Fisch und Kaviar von „allerhöchster“ Qualität sollten in der Fischzuchtanlage im benachbarten Saarland gezüchtet werden. Es erschien als ideale neue Einnahmequelle im Sinne des „Strukturwandels“ der gebeutelten ehemaligen Hüttenstadt Völklingen. Hier kam einmal der Reichtum von den Schätzen unter der Erde. Als noch Kohle abgebaut wurde und der Stahl in Strömen floss.
Die Pläne eines Meeresbiologen aus Kiel, der an geschlossenen Kreislaufsystemen forscht und mittlerweile eine Professur an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) innehat, kamen da gerade recht. 2007, als der Bau beschlossen wurde, herrschte Euphorie. Das Saarland änderte sogar extra seine Kommunalgesetzgebung, damit die Stadtwerke Völklingen, sonst für Wasser, Strom und Busse zuständig, als Betreiber und Bauträger auftreten konnte.
Acht Jahre nach Beginn gibt es zwar noch Fische in den Bassins, aber auch eine riesige Finanzlücke. Investoren sprangen ab oder gingen in die Insolvenz, die Baukosten verteuerten sich von 12 auf 20 Millionen und die Stadtwerke avisieren bis zum Ende diesen Jahres eine Lücke von 11,5 Millionen Euro. 300.000 Euro kostet der Betrieb täglich und woher das Geld kommen soll, weiß niemand. Um die drohende Insolvenz des Versorgers mit 200 Arbeitsplätzen zu verhindern, ist die überwiegend landeseigene SaarLB mit einem 4-Millionen Kredit eingesprungen. Die Suche nach einem Investor läuft auf Hochtouren. Mehr dazu in der morgigen Ausgabe des Tageblatt im Heft „Land a Leit“.
Hier schon einmal vorab eine Zeitschiene mit den Hauptereignissen:
2007
Beschluss zum Bau der Meeresfischzuchtanlage auf dem Gelände der ehemaligen Kokerei in Völklingen, Eintrag ins Handelsregister.
2008
Stadtrat genehmigt den mit 12 Millionen Euro veranschlagten Bau. Die Stadt ist über die Stadtwerke größter Anteilseigner mit 89,9 Prozent. Lex Fischzucht: Landtag ändert Kommunalgesetz, damit Stadtwerke Völklingen als Mitbetreiber agieren dürfen.
2010
Zahlungen in Millionenhöhe stehen aus, die Stadt Völklingen gewährt eine Bürgschaft. Noch einmal eine Million Euro steuert eine Bank bei. Der Minderheitsgesellschafter kündigt Ende des Jahres den Vertrag, die Stadtwerke treten nun selbst als Generalunternehmer auf. Der für Dezember beschlossene Einzug der Fische verzögert sich auf März 2011.
2011
Ende des Jahres soll die Anlage stehen. Nach dem Diebstahl des Hauptstromkabels verzögert sich die Fertigstellung.
2012
Nach dem Minderheitsgesellschafter geht auch der Vertriebspartner Alaska Fisch in die Insolvenz. Der Bau hat sich mittlerweile von geplanten 12 Millionen Euro auf insgesamt 16 Millionen verteuert. Der Verkauf der Fische soll 2013 verkauft werden, 2015 sollen erste Gewinne erwirtschaftet werden.
2013
Im Januar 2013 werden 4.000 Störe und 90.000 Wolfsbarsche eingesetzt. 500 Tonnen Meeresfisch soll die Anlage jährlich produzieren. 60 Prozent der Anteile will die Stadt an private Investoren verkaufen.
2014
Verträge mit den Investoren, über die sechs Millionen Euro hereinkommen sollen, können nicht unterschrieben werden, da die Anlage zur Verarbeitung nicht fertig ist. Der Verkauf von Fisch startet im April. Der Geschäftsführer der Meeresfischtzuchtanlage wird entlassen. Die Verkaufszahlen bleiben weit hinter den Erwartungen zurück, ein Investor springt ab, der Bund der Steuerzahler kritisiert das Vorhaben als „Fehlinvestition“. Bis Oktober verenden 30 Prozent der Störe wegen eines Viruses.
Inzwischen gerät die Stadtwerke Holding als alleinige Gesellschafterin der Anlage in Finanznot. Die Insolvenz kann nur mit erneuter Finanzspritze abgewendet werden. Im Dezember wird ein Gutachten in Auftrag gegeben, das 2015 Ergebnisse präsentieren soll.
Quelle: Saarländischer Rundfunk
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