Ein Kurzschluss in einem Umspannwerk hat in Wiesbaden und Teilen von Mainz einen weitreichenden Stromausfall ausgelöst. Nach Angaben des Wiesbadener Versorgers ESWE geschah der Fehler im Hochspannungsnetz am Donnerstagmorgen gegen 7.21 Uhr. Während es ESWE zufolge in Wiesbaden zeitweise zu einem «totalen» Stromausfall kam, waren in Mainz Bereiche der Innenstadt und einzelne Stadtteile sowie Nachbargemeinden betroffen. «Das gab es so noch nicht», sagte ein ESWE-Sprecher.
In der Folge fielen Ampeln in den beiden Städten mit ihren zusammen mehr als 480 000 Einwohnern aus, Alarmanlagen piepten reihenweise, Aufzüge blieben stecken. Feuerwehr und Polizei waren auf beiden Seiten des Rheins im Dauereinsatz. Die genaue Ursache für den Kurzschluss blieb zunächst unklar.
Rauch im Umspannwerk
In dem betroffenen Umspannwerk in Wiesbaden-Biebrich bildete sich nach dem Kurzschluss starker Rauch, die Feuerwehr flutete das Werk mit Kohlenstoffdioxid. Mit Atemschutzgeräten kontrollierten die Feuerwehrleute die Halle und lüfteten sie dann. Ein Mitarbeiter der ESWE atmete Rauch ein – er wurde vorsorglich im Krankenhaus untersucht, konnte die Klinik einem Sprecher zufolge aber wieder verlassen.
Mit Hilfe anderer Umspannwerke wurde die Stromversorgung schließlich wieder hergestellt, wie ein ESWE-Sprecher sagte. Weite Teile Wiesbadens hatten etwas mehr als 20 Minuten nach dem Kurzschluss wieder Strom, einige Bereiche waren noch bis 8.40 Uhr betroffen – also insgesamt fast anderthalb Stunden lang. Links des Rheins dauerte der Blackout der Mainzer Netze GmbH zufolge je nach Gebiet zwischen acht und etwas mehr als 20 Minuten.
Die Wiesbadener Feuerwehr listete in einer Mitteilung alleine in den rund zwei Stunden nach dem Kurzschluss 16 Einsätze auf. In zahlreichen Fällen mussten Menschen aus steckengebliebenen Fahrstühlen gerettet werden.
Dunkelheit im Hauptbahnhof
Düster präsentierte sich zeitweise der Wiesbadener Hauptbahnhof. In den meisten Läden gab es kein Licht, die Kassen und automatische Türen funktionierten nicht. Größere Verzögerungen habe es bei der Bahn aber nicht gegeben, sagte ein Sprecher in Frankfurt. Notstromaggregate seien wie geplant angelaufen.
Auf Mainzer Seite befürchtet der Spezialglas-Hersteller Schott einen hohen Schaden wegen des Stromausfalls. Ersten Schätzungen zufolge dürfte er im einstelligen Millionenbereich liegen, sagte ein Unternehmenssprecher. Zuvor hatte die «Allgemeine Zeitung» darüber berichtet. Die Glasschmelze sei das Kernstück der Produktion, erklärte der Sprecher. Dort werde der Rohstoff in Wannen auf bis zu 1500 Grad erhitzt. Wenn während dieses Vorgangs die Temperatur sinke, könne das Glas in den Wannen nicht mehr verwendet werden.
Alarmanlagen reagierten auf die unterbrochene Stromzufuhr und gingen los. In der Hochschule Mainz funktionierte die Alarmanlage laut Polizei wie in einem Amokfall, Türen wurden verriegelt. Studenten und Mitarbeiter wurden in Hörsälen oder Büros eingeschlossen und mussten von der Polizei befreit werden. Da die Polizei zunächst von einem echten Alarm ausgehen musste, rückte sie in voller Montur und mit Maschinenpistolen an. Es dauerte den Angaben zufolge fast zwei Stunden, bis alle Eingeschlossenen wieder frei waren.
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