Das Abitur ist in greifbarer Nähe, doch das Amt der Schönheitskönigin ist ihr sicher. Soraya Kohlmann schlägt die Hände vor dem Gesicht zusammen und kämpft mit den Tränen, als sie zur Siegerin ausgerufen wird. Wenig später trägt sie die Siegerkrone. Die 18 Jahre alte Schülerin aus Leipzig in Sachsen ist neue «Miss Germany». Das Schaulaufen auf Stöckelschuhen in der Nacht zum Sonntag im Europa-Park in Rust bei Freiburg entscheidet sie klar für sich. Nun muss sie klären, wie es mit der Schule weitergeht.
«Mitgemacht bei den Miss-Wahlen habe ich einfach so aus Spaß und aus Neugierde», sagt die Schülerin. Sie ist im vergangenen November «Miss Sachsen» und davor «Miss Leipzig» geworden, nun ist sie für ein Jahr «Miss Germany». Dass sie siegen würde bei der deutschlandweiten Wahl, damit habe sie nicht gerechnet. Dementsprechend überrascht gibt sie sich. «Ich kann mein Glück gar nicht in Worte fassen», sagt sie der Deutschen Presse-Agentur: «Ich freue mich, Deutschland mit Offenheit und Herzlichkeit repräsentieren zu dürfen.»
Leistungskurse Kunst und Deutsch
Im Frühjahr will die gebürtige Leipzigerin Abitur machen, Kunst und Deutsch sind ihre Leistungskurse. Wie sich dies mit dem Amt der Schönheitskönigin und den vielen repräsentativen Terminen vereinbaren lässt, ist am Abend der Wahl offen. In den nächsten Tagen will sie mit der Schule besprechen, ob sie das Abitur macht oder – so kurz vor dem Ziel – um ein Jahr verschiebt.
«Wir müssen schauen. Aber Miss Germany ist man nur einmal im Leben.» Im Vorfeld, sagt die 18-Jährige, hatte sie mit Eltern, Lehrern und Schulleitung nicht darüber gesprochen. «Ich habe ja nicht damit einmal in meinen Träumen damit gerechnet, Miss Germany zu werden.»
Den Schönheitswettbewerb, der in diesem Jahr 90 Jahre alt ist, entscheidet die Abiturientin klar für sich. 21 junge Frauen aus der ganzen Republik präsentieren sich zunächst im Dirndl, dann im Abendkleid und schließlich im Badeanzug. Schülerinnen sind ebenso dabei wie Studentinnen, Auszubildende, Bürokauffrauen, eine Friseurmeisterin und eine angehende Ärztin. Die Jüngste ist 17, die Älteste 28 Jahre alt. Eine Jury entscheidet, wer auf dem Laufsteg die beste Figur macht und die Schönste ist. Es ist Kohlmann, die junge Frau mit den blonden Haaren und grünblauen Augen. Sie ist am Ende des Abends die strahlende Siegerin.
Meer voller Möglichkeiten
«Ihre Ausstrahlung und ihre Natürlichkeit haben mich überzeugt», sagt der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der neben Schönheitschirurg Werner Mang und Fernsehanwalt Ingo Lenßen in der Jury sitzt: «Sie ist eine würdige Siegerin und sie wird Deutschland im In- und Ausland gut vertreten.» Im Publikum hatte Kohlmanns Mutter die Daumen gedrückt. Freunde und Familie seien ihr wichtig, sagt die 18-Jährige: «Sie stehen hinter mir und sind meine große Kraft. Und ich weiß, sie sind sehr stolz auf mich.»
Sich selbst beschreibt sie als «offenen, ehrlichen und hilfsbereiten Menschen». Auch als Schönheitskönigin werde sie so sein. «Ich will mich nicht verstellen. Ich will auch als Miss Germany natürlich und authentisch bleiben.» Leiten lasse sie sich von einem finnischen Sprichwort: «Wer ins kalte Wasser springt, taucht in ein Meer voller Möglichkeiten.»
Erste sächsische Siegerin seit Wiedervereinigung
Kohlmann ist die erste Schönheitskönigin aus Sachsen seit der Deutschen Einheit 1990, die «Miss Germany» wird, sagt der Organisator der Wahl, Horst Klemmer. Sächsisch sprechen kann die Siegerin aber nicht. Die Mutter kam damals aus dem Westen, sagt sie, die sächsische Sprache beherrsche sie daher nicht. Den exotischen Vornamen übrigens, erzählt sie auf Nachfragen, haben ihre Eltern damals in einem Namensbuch gefunden. Neben der Schule arbeitet sie in einem Kleiderladen. In Ihrer Freizeit tanzt sie als Cheerleaderin. Studieren will sie Betriebswirtschaftslehre (BWL) und dann im Management arbeiten.
Nun erhält Kohlmann ein Auto für ein Jahr – seit einem halben Jahr hat sie den Führerschein. Ihre Konkurrentinnen müssen ohne Sieg nach Hause gehen. Im Vorfeld hatten sich nach Angaben der Organisatoren in deutschlandweit 150 Vorentscheiden insgesamt 5.155 Frauen beworben.
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