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Martelingen geht neue Wege

Martelingen geht neue Wege

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Das Schiefermuseum hat mit zwei belgischen und einem französischen Partner das „Réseau Ardoise d’Ardenne“ gegründet. Es ist nur eine Absichtserklärung, die Ziele sind aber klar.

Ein Gespräch mit der Präsidentin der „Frënn vun der Lee“, Doris Thilmany, über das „Patrimoine“, das bescheidene Dasein des Museums und ihre Hoffnungen.

Partner

„Coeur de l’ardoise in Bertrix“ (B),
„Ardois’alle“ in Alle/Semois (B),
„Maison de l’ardoise“ in Rimogne (F)

Vor einer Woche hat das Museum mit drei anderen Museen zur Geschichte der Schieferindustrie ein Netzwerk gegründet. Warum?

Das Netzwerk wurde gegründet mit dem Ziel, das historische Erbe um die früheren Schieferindustrien kulturell, ökonomisch und touristisch aufzuwerten. Die Partner des Netzwerks planen gemeinsame Aktionen und versprechen sich dadurch mehr Gehör, aber auch gegenseitige Hilfe und Unterstützung. Angestrebt ist auch eine Vernetzung mit anderen europäischen Schieferstätten.

Und warum gerade jetzt?

Auslöser war der Besuch von David Gwin, walisischer Wissenschaftler und Experte für Schiefer in Wales, der von der Regierung vom Gwynedd County Council mit der komplexen Mission beauftragt wurde, das Dossier für die Einschreibung und Klassierung der walisischen Schieferindustrie ins Unesco-Weltkulturerbe auszuarbeiten. Für diesen Antrag braucht es eine komparative Studie zu den Schieferabbaustätten weltweit.

Man kann den Eindruck haben, Martelingen „dümpele“ so ein bisschen zwischen anderen Kulturstätten des Landes vor sich hin …

Das Schiefermuseum hat tatsächlich den Aufbau großer anderer Kulturstätte wachsen sehen, die heute als repräsentative Kulturinstitutionen Luxemburgs nicht mehr wegzudenken sind. In diesem Hinblick kommt Obermartelingen bescheiden daher.

Woran liegt es denn?

Für uns, die wir fast täglich im Schiefermuseum präsent sind, ist es unmöglich, die Frage zu beantworten, warum eine definitive und alltägliche Museumseinrichtung nur schleppend vorankommt. Wissenschaftler und Experten wie David Gwin, die aus dem Ausland anreisen, sind fasziniert von der Einzigartigkeit des Industrieensembles und erkennen das historische Potenzial sofort. Wir hoffen, dass es irgendwann zum selbstverständlichen Inventar des „Patrimoine national“ gehören wird.

Das ist schade, denn die Industrie war doch bedeutend …

Über die Bedeutung vom „Martelinger Schiefer“ braucht man nicht zu diskutieren. Noch bis in die 1990er-Jahre war Schiefer ein Begriff an sich in Luxemburg. Anfangs des 20. Jahrhunderts galt die Schieferindustrie auch offiziell als zweitwichtigste Industrie Luxemburgs. Die Frage ist, ob Schiefer weiterhin Teil unserer nationalen Identität bleibt oder nicht.

Gibt es zu viel Konkurrenz?

Das Schiefermuseum will nicht in Konkurrenz zu irgendeiner anderen Institution stehen. Mag sein, dass für viele Obermartelingen politisches und soziales Niemandsland ist. Keine andere historische Stätte im westlichsten Teil unseres Landes birgt aber vergleichbares Potenzial, um als touristisches Flaggschiff der Entwicklung einer ganzen Gegend zu dienen.

Wollen Sie über das „Networking“ mehr Besucher anziehen?

Davon träumt jede Institution. Bei uns wachsen die Besucherzahlen seit fünf Jahren und wir wollen weiterhin wachsen. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass die sanitären Anlagen derzeit am Limit sind und wir kaum Gruppenbesichtigungen mit mehr als 60 Besuchern täglich schaffen.

Durch das Netzwerk soll Martelingen – genau wie die anderen beteiligten Stätten – ein Ort der Studien, der Forschung und des Austauschs werden. Wie soll das konkret aussehen?

Ein erstes gemeinsames Projekt ist die Ausarbeitung der „Route de l’Ardoise“. Auch bahnt sich eine Zusammenarbeit mit der „Marque Ardenne“ an, einem Qualitätslabel zur Neuvermarktung der Ardennen (luxemburgische, belgische, französische) als Reiseziel.

Was sind Ihre persönlichen Hoffnungen für das Museum?

Im Vordergrund steht natürlich die Aufwertung des „Patrimoine ardoisier“ und damit einhergehend unserer Schiefermuseen. Persönlich hoffe ich aber auch wirklich, dass das „Réseau Ardoise d’Ardenne“ die wissenschaftliche Aufarbeitung des Schiefers vorantreiben wird. In einer Zeit, in der viel zum Thema Industriekultur geforscht wird, sollte auch Schiefer das Interesse junger Studenten und Wissenschaftler erwecken. Die Forschung in diesem Bereich steckt in den Kinderschuhen.