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Lothringen ist enttäuscht und wütend

Lothringen ist enttäuscht und wütend

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Die Einigung zwischen der französischen Regierung und ArcelorMittal über die Zukunft von Florange hat in Lothringen Wut und Enttäuschung hervorgerufen.

Die Gewerkschaften fühlen sich verraten. Die Reformgewerkschaft CFDT verlangt eine Tripartite über die Zukunft von Florange. CFDT Sekretär Edouard Martin spricht Lakshmi Mittal, Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzender des Unternehmens, jede Glaubwürdigkeit ab und wirft ihm vor, in der Vergangenheit nicht eines seiner Versprechen gehalten zu haben. Man werde wachsam sein und den Kampf fortsetzen, kündigt Martin an. „Wir sind von Anfang an belogen worden“, sagt er weiter. Die Gewerkschaft CGT wirft der Regierung vor, den Arbeitern in Florange den Rücken zugekehrt zu haben und sich der Industriestrategie Mittals angepasst zu haben.

Lakshmi Mittal hat sich verpflichtet, in den kommenden fünf Jahren 180 Millionen Euro in Florange zu investieren. Arbeitsplätze sollen nicht abgebaut werden und wenn, dann durch natürliche Fluktuation. Das heißt, die 629 Mitarbeiter der Hochöfen werden an Ort und Stelle umgesetzt. Sie werden nicht nach Dünkirchen oder Fos versetzt. Die Investition in Florange liegt um 30 Millionen über der Summe, die ArcelorMittal normalerweise in den kommenden fünf Jahren in die Stahlverarbeitung in Florange investiert hätte.

Verlierer Montebourg

Für die französische Presse heißt der Verlierer des Machtkampfes Arnaud Montebourg. Er hatte die Verstaatlichung ins Spiel gebracht. Er hatte vor der Nationalversammlung gesagt, dass es einen Investor gäbe, der aus persönlichem Vermögen die gesamte Anlage kaufen wolle und zusätzlich 400 Millionen Euro investieren wolle. Der Investor, der weiter unbekannt ist, sei nicht glaubwürdig, hatte Premierminister Jean Marc Ayrault geurteilt.

Gescheitert ist mit dem Kompromiss in Florange nicht nur der Minister für die Bewahrung industrieller Arbeitsplätze. Gescheitert ist auch eine Politik des Machtkampfes zwischen Staat und Privatindustrie. Nach Informationen von tageblatt.lu hat man bei ArcelorMittal nicht wirklich an eine Verstaatlichung der Anlagen von Florange/Hayange geglaubt.

Die Verstaatlichung hätte das gesamte Konstrukt von ArcelorMittal in Europa zerstört. Die Walzstraßen in Florange walzen Vorprodukte aus Dünkirchen und aus Belgien. Bei einer Verstaatlichung hätte ArcelorMittal mindestens einen Hochofen, wenn nicht zwei, in Dünkirchen ausschalten müssen, hätte eine Produktion von 2,7 Millionen Tonnen Stahl einfrieren und um die 1.000 Mitarbeiter in Dünkirchen entlassen müssen. Der Grund: ArcelorMittral hat in Europa ein grenzüberschreitendes Arbeitssystem eingeführt. Der Stahl aus den noch arbeitenden Hochöfen wird quer durch Europa zu den passenden Walzstraßen per Eisenbahn gefahren. Der Mehrwert für das Unternehmen entsteht nicht in den Hochöfen, sondern in den Walzstraßen. ArcelorMittal hat diese Zusammenhänge zwar erklärt, aber Florange war zu einem Symbol geworden, das einen Machtkampf erzwang. Auch jetzt noch wird die Drohung der Verstaatlichung wie ein Damoklesschwert in Frankreich geschwungen. „Die Pistole liegt weiter auf dem Tisch“, zitiert das politische Magazin „le Point“ einen Mitarbeiter im Präsidentenpalast.

Erfolg

In Lothringen hatte Politiker und Gewerkschaften ernsthaft geglaubt, dass Hochöfen und Walzstraßen in Florange/Hayange verstaatlicht werden und so die 629 Arbeitsplätze von 2.800 gerettet werden würden. Der Bürgermeister von Florange, Philippe Tarillon (Sozialist), sieht es als Erfolg an, dass es keinen Sozialplan gebe, aber er verstünde die Stahlwerker, dass sie von Mittal hätten befreit werden wollen. Die Verstaatlichung hätte die zukunft von Florange garantiert, meint der Präsident der Region Lothringen, Jean-Pierre Masseret. Er sei moderat zufrieden, sagt der sozialistische Abgeordnete Michel Liebgott, der den Kampf für die Stahlindustrie zu seiner Hauptarbeit gemacht hatte.

Insgesamt aber glaubt die französische Politik immer noch, ArcelorMittal kontrollieren und unter Druck setzen zu müssen. Der Präsident der Region schlägt eine Tripartite vor, um genau festzuhalten, was zu Florange wirklich gesagt worden und festgehalten worden ist.

Kein Rücktritt

Der wirkliche Verlierer ist der Minister für die Bewahrung industrieller Arbeitsplätze. Arnaud Montebourg hatte den Machtkampf angefacht. Er hatte vor der Nationalversammlung die Verstaatlichung angekündigt und dazu eine arte Rausch entfacht. Er hatte einen Kandidaten für die Übernahmen angekündigt und hatte eine Art Rausch in Richtung Verstaatlichung entfacht. An Rücktritt denke er nicht, hatte er am Samstag in den Nachrichten des Fernsehsenders TF1 gesagt. Er habe für Frankreich gearbeitet. Der Retter heißt möglicherweise Jean-Marc Ayrault. Auch wenn Ayrault derzeit in Frankreich so (noch) nicht gesehen wird. Ayrault hat mit der Lösung die Spannung aus dem Machtkampf genommen, eine Krise in Dünkirchen vermieden und mit ArcelorMittal einen industriellen Kompromiss gefunden.

In der kommenden Woche wird Ayrault in Lothringen sein, um mit den Gewerkschaften zu reden.