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Kämpfen wie ein Römer

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In Trier kann man jetzt Gladiator werden. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Jan "Animus" Krüger verspricht echte Kämpfe nach alten Regeln - und hat dazu eine Gladiatorenschule gegründet.

Sie sind die Gladiatoren der Neuzeit. Sie tragen Helm, Schwert und Schild – und trainieren zweimal die Woche abends nach der Arbeit. Einmal in einer Turnhalle und einmal im römischen Amphitheater der Stadt Trier. «Und eins und Stich», ruft «Gladiator» Jan «Animus» Krüger und versucht seinen Gegner mit der Holzwaffe zu treffen. Der 35-jährige Eifeler hat im Januar eine Gladiatorenschule in Trier gegründet und lehrt dort echte Kämpfe nach antiken Regeln. «Ich will die alte Tradition wieder aufleben lassen», sagt der gelernte Hotelfachmann und legt seine 22 Kilo schwere Ausrüstung an.

Gladiatoren waren in der römischen Antike Berufskämpfer, die zur Unterhaltung des Volks gegeneinander antraten. Sie waren sehr beliebt und Souvenirläden verkauften Messer, Lampen und Taschenspiegel mit ihren Kampfszenen. Ihre Ausrüstung bestand aus Schwert, Beinschienen, Helm, Schild und Metallgürtel. Nicht selten endete ihr Gang in die Arena allerdings mit dem Tod.
Gladiatoren gehörten vom dritten Jahrhundert vor bis Anfang des fünften Jahrhunderts nach Christus zum römischen Leben. Als Kämpfer wurden Sklaven, Kriegsgefangene und Verbrecher eingesetzt. Später verpflichteten sich auch freie Bürger als Gladiatoren. Als Gladiator (lat. gladius: Kurzschwert) gab man zwar seine Freiheit auf, bekam aber das ganze Jahr über gut zu essen.
Manche versuchten, sich mit Fettpolstern gegen Verletzungen zu schützen. Und zwar, indem sie nur Getreide und Bohnen aßen, so dass sie im alten Rom als «Getreideknirscher» bekannt waren. (dpa)

«Blut geleckt» hat Krüger beim bundesweit größten Römerspektakel «Brot und Spiele», das jeden Spätsommer rund 20.000 Fans der Antike in die Moselstadt lockt. Vor zwei Jahren trat er dort erstmals in Schurz und Sandalen als Gladiator im Sand der antiken Arena auf. Beim Mailänder Institut für experimentelle Archäologie «Ars Dimicandi» besuchte der Schauspieler drei «Crash-Kurse» für Gladiatorenkämpfe und trainiert seitdem die Kampfgattungen des «Provokator» und «Gallus». Ausgelernt hat er aber noch nicht. «Mein Ziel ist es, in ein bis zwei Jahren ein Team von sieben Mann aufzustellen, das gleichgesinnt ist», sagt er.

«Geschichte zum Anfassen»

Ein gelehriger Nachwuchs-Gladiator ist Lennart Gawell. Der 29-Jährige hat schon ein paar Jahre Kampfsport-Erfahrung mit Karate hinter sich – und studiert im normalen Leben Wirtschaftsinformatik. «Es ist ein spannender Sport. Geschichte zum Anfassen», sagt er, und haut Krüger mit seinem Schwert auf den Helm. «Das tut nicht weh», meint er. Sei nur ziemlich laut. Seit Gawell bei Krüger in die Schule geht, beschäftigt er sich mit der römischen Geschichte. «Das hat mich immer schon interessiert, auch wegen der ganzen Römerbauten hier.» Trier ist die älteste Stadt Deutschlands. Sie wurde im Jahr 16 vor Christus von den Römern als «Augusta Treverorum» gegründet.

Um Historie geht es auch bei der Aktion in Rüstung. Die Fest-, Ring- und Faustkämpfe liefen nach originalgetreuen Regeln ab, sagt Krüger. Ende offen, auch Verletzungen gehörten dazu. «Prellungen, Schürfungen und Platzwunden passieren schon mal.» Ansonsten sei der Gladiatoren-Sport nicht gefährlicher als Handball. Die Ausrüstung ist auch nach antikem Vorbild angefertigt. «So ein Helm kostet beim Schmied je nach Modell zwischen 400 und 900 Euro.» Beim Schild seien aber anders als früher auch Schrauben und Nieten eingesetzt, damit es länger halte.

Leidenschaft und Training

Gladiator Dario Battaglia hat europaweit bereits mehr als 400 Mal in Arenen und Amphitheatern «um Ruhm und Ehre» gekämpft – und als Leiter von «Ars Dimicandi»um die 100 junge Nachfolger an Schwert und Schild ausgebildet. Was es braucht, um ein guter Gladiator zu werden? «Man muss eine große Leidenschaft für Kampfsport und für Geschichte haben. Dann braucht man einen guten Meister, der viel Erfahrung hat, und hartes Training.» 20 Kämpfe müsse man absolvieren, bis man sich Gladiator nennen dürfe.

«Mir geht es nicht nur ums Kämpfen», sagt Krüger, der zuvor zwölf Jahren Kickboxen betrieben hat. «Sondern auch darum, das erlangte Wissen weiter zu geben.» Daher bietet er auch Kurzseminare in Firmen und eintägige Gladiatorencamps im fast 2000 Jahre alten Amphitheater an. Wo im dritten Jahrhundert übrigens noch römische Gladiatoren um Tod oder Leben gekämpft haben. Später will Krüger mit seinem Team auch durch die Lande ziehen und seine Kämpfe vorführen. Und Jugendliche ausbilden.

Doch jetzt steht erstmal der Höhepunkt seines bisherigen Gladiatorenlebens bevor: Am 17. April will er mit den Kämpfern von «Ars Dimicandi» in Rom in einer Pompa (Festzug) durch das Kolosseum marschieren. Wie seine Vorbilder damals. «Das ist für mich bisher das Höchste», sagt der Schulleiter.