Greenpeace-Aktivisten blockierten die Eingänge zu dem Gebäude, in dem Unterhändler der EU und der USA in dieser Woche erstmals über das umstrittene Thema Investitionsschutz verhandeln. Auf der Tagesordnung steht der Vorschlag der EU-Kommission, die gängigen und umstrittenen Schiedsgerichte durch Investitionsgerichte zu ersetzen. Sie könnten nach den Vorstellungen der Kommission aus einem Gericht erster Instanz und einem Berufungsgericht bestehen. Öffentlich bestellte Richter sollen über Klagen von Investoren gegen Vertragsstaaten entscheiden.
«Wir hoffen auf eine positive Resonanz und substanzielle Entscheidungen noch in diesem Jahr», sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Der Vorschlag der EU-Kommission geht auf eine Initiative von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zurück. Er hatte angesichts der anhaltenden Kritik an Schiedsgerichten im Mai für ein ständiges US-europäisches Handelsgericht plädiert. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages bestätigte Bedenken wegen der Vereinbarkeit von Schiedsverfahren in Handelsabkommen der EU mit dem Unionsrecht. Entscheidend für ihre unionsrechtliche Zulässigkeit sei, «ob deren Ausgestaltung im Einzelnen die Autonomie der Unionsrechtsordnung wahrt», heißt es in dem AFP vorliegenden Gutachten.
Europäischer Gerichtshof
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) solle die offenen Fragen in einem Gutachtenverfahren klären. «Die geplanten Abkommen würden eine inakzeptable Paralleljustiz für Unternehmen einführen», kritisierte Lena Blanken von der Verbraucherorganisation Foodwatch. Die Bedenken der Gutachter bezögen sich zwar auf das kurz vor der Verabschiedung stehende Handelsabkommen zwischen EU und Kanada. Die Argumentation gelte aber auch für TTIP. Erstmals auf der Agenda der TTIP-Unterhändler steht diese Woche laut Bundeswirtschaftsministerium auch ein Vorschlag der USA zur Öffnung der Beschaffungsmärkte. Dabei geht es um öffentliche Ausschreibungen und den Umgang mit Bietern von der anderen Seite des Atlantiks.
Verhandelt wird auch über die Zusammenarbeit bei der Regulierung und das Thema Nachhaltigkeit. Die Bundesregierung unterstütze das Ziel der EU-Kommission, noch in diesem Jahr die Gespräche über TTIP abzuschließen, erklärte das Wirtschaftsministerium. Ziel sei weiterhin «ein umfassendes Abkommen», sagte die Sprecherin und wies Forderungen nach dem Abschluss eines TTIP-Abkommens «light» ohne das strittige Kapitel Investorenschutz zurück. Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament, erklärte, «von Dynamik im möglicherweise entscheidenden Verhandlungsjahr 2016» sei «nicht viel zu spüren». Eine gewisse Annäherung gebe es allein bei den Zöllen. Der Handelsexperte von Greenpeace Deutschland, Jürgen Knirsch, verlangte, TTIP müsse «gestoppt» werden.
undemokratische Strukturen
«Dieses Abkommen bringt undemokratische Strukturen und zerstört potenziell Verbraucher- und Umweltschutzgesetze.» Greenpeace-Aktivisten blockierten mehrere Stunden lang die Eingänge zum Verhandlungsort und verzögerten den Beginn der Gespräche, wie die Organisation mitteilte. Die Verhandlungen über das Abkommen laufen bereits seit Juli 2013. Ziel ist es, der Wirtschaft in den USA und der EU einen Schub zu geben, indem Zölle und Handelshemmnisse abgebaut werden. Kritiker sehen allerdings Gefahren für Rechtsstaat und Demokratie und befürchten eine Erosion von Standards bei Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
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