Gerade zwei Tage war Präfekt Nacer Meddah in Metz im Amt, als er am Gipfel der Regierungschefs der Großregion teilnahm. Eine Erfahrung, die ihn geprägt hat, gibt er zu. Am Donnerstag früh gab er vor den Mitgliedern des Generalrates des Mosel-Départements während einer Stunde eine Art Regierungserklärung ab und erklärte eine Revolution. Der Präfekt und die Unterpräfekten seien dazu da, um den Abgeordneten bei der Lösung von Problemen zu helfen. Er selbst werde ganz pragmatisch vorgehen und Lösungen für Probleme suchen, kündigte er an. So etwas hatte man in Metz seit den Zeiten der Präfektin Bernadette Malgorne nicht mehr gehört.
Präfekt Meddah, der den Wahlkampf von Präsident Francois Hollande administrativ geleitet hatte, erkannte schon bei jener Sitzung mit deutschen Ministerpräsidenten und luxemburgischen Ministern, dass im Mosel-Département manches anders läuft.
Den täglichen Stau, auf der A 31 für die lothringischen Grenzgänger empfindet, er als inakzeptabel. Den Austausch der Wirtschaft mit dem Ausland hat er als positiv erkannt. Immerhin weist das Département, in dem jeder zweite Lothringer lebt, 430 Firmen mit ausländischem Kapital auf. Die Handelsbilanz wird von Exporten in Höhe von 11,5 Milliarden Euro getragen, von denen ein Drittel nach Deutschland geht.
58.000 Arbeitslose
Aber: Jeder zweite Grenzgänger aus Lothringen kommt aus dem Département und geht ins Saarland oder nach Luxemburg. Und dennoch jenseits der luxemburgischen Grenze gibt es im Moselland 58.000 Arbeitslose. Ihre Zahl war im August angestiegen und sie liegt in den einzelnen Bezirken um die zehn Prozent. Meddah ist Realist genug, um zu sehen, dass ohne Luxemburg und die Saar, die Zahl der Arbeitslosen erheblich höher läge.
Der Metzer Präfekt legt Wert auf die Kooperation mit Luxemburg. Die Entwicklung von Esch/Belval muss auf der französischen Seite ihren Gegenpart finden, meint er, hat bisher 40 Projekte gezählt und will sie mit der Luxemburger Regierung diskutieren. Obwohl nicht unmittelbar mit der Kultur beschäftigt, kündigt er einen Plan an für Fremdsprachen an.
Andere Probleme im Mosel-Département sind nicht zu übersehen. Die traditionelle Militärregion verliert ihre Soldaten. Gut 5.300 militärische Arbeitsplätze sind verschwunden, die nicht aufgefangen werden konnten. Und: Die Situation der Einkommen verschlechtert sich dadurch, dass die Immobilienpreise steigen. Meddah: „Gut 60 Prozent der Familien können sich Eigentum heutzutage nicht mehr leisten und fallen in den Bereich des sozialen Wohnungsbaus.“
Mit Luxemburg kooperieren
Angesichts der Abhängigkeit des Départements von den Nachbarn fordert der Präfekt, dass das Département ohne Komplexe auf die Nachbarn zugeht. Man solle konkrete Projekte mit den Nachbarn besprechen und bemerken, dass Luxemburg gerade dabei sei, in ein Straßenprojekt zur Umgehung von Audun le Tiche in Frankreich zu investieren. „Stellen sie sich einmal vor, was es bedeuten würde, wenn Frankreich im Ausland investieren würde“, sagt er zu den Abgeordneten, um die Bedeutung dieser Luxemburger Aktion hervorzuheben. Neben Belval seien Kooperationen mit Luxemburg im Bereich der Universität und der Sicherheit möglich. Schon jetzt würden die Sicherheitskräfte zwischen dem Mosel-Département, Luxemburg und dem Saarland sehr eng kooperieren, hob er hervor.
Am 14. Oktober kommt der Metzer Präfekt nach Luxemburg, um Projekte mit der Regierung zu bereden. Nacer Meddah und seine Mitarbeiter werden mit einem Regionalzug anreisen und versuchen, sich die Rolle von Grenzgängern zu versetzen.
Überschattet wurde die Sitzung des Generalrates von der Ankündigung, dass die beiden Hochöfen in Hayange/Florange endgültig geschlossen werden sollen. Philippe Tarillon, Bürgermeister von Florange und Vorsitzender der Gruppe der Sozialisten griff den Stahlkonzern ArcelorMittal scharf an, der für seine Mitarbeiter immerhin staatlich gezahltes Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen habe. Im Jahre 2002 habe Arcelor seinen Plan Apollo vorgelegt, der die Schließung der Hochöfen von Hayange/Florange für 2010 vorgesehen habe. Mittal habe den Plan außer Kraft gesetzt und führe ihn jetzt doch durch. Man habe zehn Jahre zur Umstrukturierung der Region verloren, sagte Tarillon gegenüber Tageblatt.lu. Und man solle sich nun auch keine Illusionen machen. Niemand könne Mittal zwingen, das Stahlwerk zu verkaufen.
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