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Gestatten: Rémy Dick, 22, Bürgermeister

Gestatten: Rémy Dick, 22, Bürgermeister
(Tageblatt/Tania Feller)

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22 Jahre jung und schon Bürgermeister, geht das? Es geht, seit kurzem, und zwar nicht weit von Luxemburg entfernt: In Florange ist seit zwei Wochen Rémy Dick der jüngste Bürgermeister Frankreichs.

Sein Vorgänger warf das Handtuch, und so lenkt seit zwei Wochen der Politikstudent die Geschicke der lothringischen Kleinstadt, die in Frankreich symbolisch steht für den Niedergang der Stahlindustrie. Das Tageblatt hat sich mit dem 22-Jährigen von den «Républicains» unterhalten.

Tageblatt.lu: 58 Prozent haben die Républicains bei den letzten Gemeindewahlen in Florange geholt. Das muss doch in der traditionell sozialistisch orientierten Gemeinde wie ein Erdbeben gewirkt haben, oder?

Rémy Dick: «Wir wussten, dass wir gewinnen würden, aber nicht, wie hoch. 2014 haben rund 120 Gemeinden in Frankreich konservativ gewählt. Bis dahin aber hatte die Rechte in Florange wenig zu sagen. Der Machtwechsel im Rathaus war nach Jahrzehnten sozialistischer Herrschaft eine echte Überraschung und eine große Veränderung.»

Da sind Sie als Gemeinderat ins Rathaus gekommen …

«Ja, übrigens ohne Parteikarte von den Républicains. Da war ich gerade 19 Jahre alt.»

Sie passen echt nicht ins Bild …

«Ich finde dieses Bild meiner Generation sowieso sehr klischeehaft, fast schon karikaturistisch. Ich glaube, junge Menschen engagieren sich auch heute sehr wohl noch. Sie engagieren sich nur anders.»

Wie anders?

«Es sind nicht mehr die großen Ideologien wie Kommunismus oder Sozialismus, die als attraktiv empfunden werden und anziehen. Junge Menschen heute sind eher werteorientiert. Sie engagieren sich für Ökologie, Umwelt, Tierschutz, für ihre Heimat, ihr Vaterland. Auch Anarchismus ist nicht mehr ‹en vogue›, genauso wie die Ideale der Hippiebewegung von 1968. Ich denke, das hängt auch damit zusammen, dass viele junge Menschen sich heute sehr abrackern müssen. Trotz Diplomen finden sie keine Arbeit, das Geld für gute Schulen ist schwer zusammenzubekommen. Sie haben einfach keine Zeit für große Revolten.»

(…)

Sie sind der Jüngste hier im Rathaus. Müssen Sie sich anders durchsetzen als Ihre Kollegen?

«Die Bevölkerung erkennt meine Autorität – in Respekt vor meinem Amt – an. Andererseits duzen mich viele Menschen hier. Das könnten oft meine Eltern oder meine Großeltern sein und da klappt das mit dem ‹Sie› nicht. (lacht) Hier im Rathaus ist es noch mal anders. Mit meinen Stellvertretern duze ich mich nicht und beim Personal habe ich mich schnell durchgesetzt. Die Opposition versucht allerdings Vorteile für sich daraus zu ziehen, dass ich noch so jung bin. In dieser Hinsicht muss ich wachsam bleiben – zumal der Oppositionsführer (PS) nach wie vor Schwierigkeiten damit hat, seine Niederlage zu akzeptieren. Da ist viel Streitsucht im Spiel.

Haben Sie eine dicke Haut?

«Ich denke, das ist Teil des Spiels. Das Schlimmste sind die persönlichen Angriffe auf Facebook. Das tut echt weh! Ich bin das nicht gewohnt. Ich bin eher jemand, der Konsens-orientiert ist.»

(…)

Sie machen gerade ihren Master in Politikwissenschaft. Wie vereinbaren Sie das mit ihrer Aufgabe als Bürgermeister?

«Ich bin nicht im Examen, sondern im zweiten Semester. Und meine Universität in Paris bietet viele Annehmlichkeiten, außeruniversitäre Aktivitäten zu verfolgen. Ich habe beispielsweise nur drei Kurse in diesem Semester. Normalerweise wären es ein Dutzend. Aber ich habe die erforderlichen Punkte auch schon im ersten Universitätsjahr gesammelt.»

Das ganze Interview lesen Sie in der Tageblatt-Ausgabe vom 28. Dezember (Print und Epaper). Weitere Themen sind die Stahlindustrie, Arbeitslosigkeit, das Image von Florange und die Grenzgänger nach Luxemburg. Und natürlich erfahren Sie auch, wie alt der jüngste Bürgermeister Luxemburgs ist.