Seine Truppen nahmen am Dienstag Misrata und Sintan unter schweren Beschuss. Dutzende Menschen wurden getötet. «In Misrata ist ein Massaker im Gange», beschrieb ein Sprecher der Aufständischen die Lage in der seit Wochen eingeschlossenen Stadt. Das Zentrum liege im Feuer von Gaddafis Panzern. Derweil stritt die internationale Koalition weiter über die künftige Führung des Militäreinsatzes, die die USA in einigen Tagen abgeben wollen. Die Nato einigte sich lediglich darauf, ein Waffenembargo gegen Libyen durchzusetzen. In der entscheidenden Frage, wer den gesamten Einsatz künftig politisch wie militärisch führen soll, gab es keine gemeinsame Position.
Libyen kündigt erneut Waffenstillstand an
Nach dem Eingreifen der Nato in den Libyen-Konflikt hat die Regierung in Tripolis nach Angaben von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erneut einen Waffenstillstand angekündigt. Ban Ki Moon berichtete am Dienstagabend in Tunesien auf einer Pressekonferenz, der libysche Ministerpräsident Al Baghdadi Ali al-Mahmoudi habe ihn angerufen und darüber unterrichtet.Libyen hatte erst am Freitag, kurz nach der Verabschiedung der UN-Resolution zur Einrichtung einer Flugverbotszone eine sofortige Feuerpause angekündigt, die Angriffe aber fortgesetzt.
dpa
Deutschland zieht sich zurück
Nach dem Eingreifen der Nato in den Libyen-Konflikt hat Deutschland alle eigenen Kräfte aus den Bündnisoperationen im Mittelmeer zurückgezogen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag auf Anfrage, zwei Fregatten und zwei Boote mit insgesamt 550 Soldaten würden wieder unter nationale Führung gestellt. Die etwa 60 bis 70 deutschen Soldaten, die bisher an einer Awacs-Aufklärungsmission im Mittelmeerraum teilgenommen haben, würden abgezogen. Die Nato hatte zuvor mit einem Marine-Einsatz zur Umsetzung des vom UN-Sicherheitsrat beschlossenen Waffenembargos gegen Libyen begonnen.
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Einwohner der libyschen Stadt Misrata zeichneten ein düsteres Bild von der Lage. «Seit dem Morgen beschießen Panzer die Stadt», sagte ein Bewohner der Nachrichtenagentur Reuters am Telefon. Auch Scharfschützen nähmen an den Kämpfen teil. Vier Kinder seien beim Angriff auf ein Auto getötet worden: «Das Älteste war gerade 13 Jahre alt.» Ärzte berichteten, Verwundete mit Schuss- und Splitterverletzungen würden auf Krankenhausfluren operiert.
Flucht in die Berge
Auch beim Angriff auf die an der Grenze zu Tunesien gelegene Stadt Sintan setzten Gaddafis Truppen nach Berichten des Fernsehsenders Al Dschasira schwere Waffen ein. Bewohner flüchteten aus dem Stadtzentrum und brachten sich in den Bergen in Sicherheit. Bewohnern zufolge wurden mindestens zehn Menschen getötet. Vertreter der Rebellen sagten in einem Gespräch mit einem Sondergesandten des UN-Generalssekretärs Ban Ki Moon, Gaddafi müss die Belagerung libyscher Städte beenden und einen Waffenstillstand erklären.
Hilfsorganisationen berichteten, dass die medizinische Versorgung in Libyen immer schlechter werde. Die meisten ausländischen Ärzte und Krankenschwestern hätten das Land verlassen. Medikamente fehlten und die Preise für Lebensmittel explodierten. Viele Hilfsorganisationen haben keinen Zugang zu den Bedürftigen in Libyen.
Es ging emotional zu
Die Nato ist weiter in der Frage zerstritten, wer künftig den Einsatz gegen das nordafrikanische Ölförderland führen soll. Die USA haben angekündigt, sie würden schon in den nächsten das Kommando abgeben. Großbritannien will das Kommando des Libyen-Einsatzes der Nato übertragen, trifft damit aber auf Vorbehalte Frankreichs. Die Regierung in Paris argumentiert, die zur Unterstützung des Einsatzes wichtigen arabischen Staaten lehnten eine Führungsrolle der Nato ab. Deshalb sollten das von Frankreich, Großbritannien und den USA angeführte Bündnis der Staaten, die sich an dem Einsatz beteiligten, die politische Führung des Einsatzes übernehmen. Die Nato solle militärische Strukturen zur Verfügung stellen und operative Unterstützung leisten. Andere Nato-Mitglieder stellten angesichts der Schäden der Luftangriffe die Aufrechterhaltung der Flugverbotszone infrage, wie ein Diplomat berichtete.
Über all diese Fragen ist es dem Diplomaten zufolge am Montag im Kreis der Nato-Botschafter zum heftigen Streit gekommen. «Es ging gestern ein bisschen emotional zu», sagte der Abgesandte. Italien drohte mittlerweile, eine eigene Kommandostruktur aufzubauen, falls sich das Bündnis nicht auf die Nato einigen sollte. Die Führung des Einsatzes durch die Nato erfordert die Zustimmung aller 28 Mitgliedsländer. Die Türkei hat bereits mehrere Bedingungen für ihr Ja genannt und kritisiert, dass das Ausmaß der Luftschläge weit über die Beschlüsse des Sicherheitsrats hinausgehe.
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