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Gaddafi ruft zum blutigen Kampf auf

Gaddafi ruft zum blutigen Kampf auf
(AP)

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Der libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist erstmals seit Ausbruch der Unruhen in Libyen vor einer Woche öffentlich mit Anhängern aufgetreten. Er rief dabei zur Vergeltung auf.

In der libyschen Hauptstadt Tripolis ist am Freitag die Gewalt eskaliert: Mindestens vier Demonstranten wurden Augenzeugenberichten zufolge von regimetreuen Milizen erschossen. Staatschef Muammar Gaddafi rief am Abend auf einem zentralen Platz in Tripolis rund 1.000 Anhänger auf, die Demonstranten zu bekämpfen und «die Nation zu verteidigen».
Mit erhobener Faust rief er auf einem Wall des Roten Schlosses, eines Forts in der Nähe des Grünen Platzes aus: «Übt Vergeltung gegen sie, übt Vergeltung gegen sie!» Seine Anhänger sollten sich vorbereiten, «die Nation und das Öl zu verteidigen».

In anderen Städten im Osten des Landes gingen Zehntausende Libyer gegen Gaddafi auf die Straße und bekundeten ihre Solidarität mit den Demonstranten in Tripolis. Nach dem Freitagsgebet strömten Demonstranten aus einer Moschee im Zentrum der Hauptstadt und versuchten, den Grünen Platz zu erreichen, wie ein Augenzeuge sagte. Milizionäre hätten zunächst Warnschüsse in die Luft abgefeuert, um sie daran zu hindern, sagte ein weiterer Augenzeuge. Auf Dächern seien Scharfschützen postiert gewesen. Viele Demonstranten hätten die Flucht ergriffen. «Die Lage ist in Teilen von Tripolis chaotisch», sagte er.

Überall Schießereien

Auch andere Bewohner der Hauptstadt meldeten Gewehrfeuer aus mehreren Vierteln. AP berichtete, der andere Augenzeuge habe seine Angaben ins Telefon geschrien, während im Hintergrund Schüsse zu hören waren. Eine unabhängige Bestätigung der Augenzeugenangaben war nicht möglich.

Einwohner von Tripolis hatten zuvor berichtet, die Opposition habe per SMS zu Demonstrationen gegen Staatschef Muammar al Gaddafi aufgerufen. In den SMS-Botschaften an Einwohner der Hauptstadt hieß es: «Lasst uns diesen Freitag zum Freitag der Befreiung machen.» In Tripolis lebt ein Drittel der libyschen Bürger. Die Protestaktion am Freitag war der Versuch einer ersten großen Kundgebung seit der blutigen Niederschlagung einer Demonstration Anfang der Woche mit Dutzenden Toten.

Kein Rückzug

Die Regierungsgegner brachten unterdessen nach eigenen Angaben zwei wichtige Ölhäfen unter ihre Kontrolle: Breka und Ras Lanuf. Ein Bewohner von Ras Lanuf berichtete am Freitag, die Sicherheitsleute, die den Hafen bewachten, hätten sich der Rebellion angeschlossen und bewachten nun gemeinsam mit den die Anlagen.
Gaddafis Sohn Saif al Islam sagte, die Herrscherfamilie werde in Libyen «leben und sterben». In einem Interview mit dem Sender CNN Turk sagte er, seine Familie werde in Libyen «leben und sterben». Befragt zu Alternativen angesichts der zunehmenden Protestbewegung sagte er: «Plan A ist es, in Libyen zu leben und zu sterben, Plan B ist es, in Libyen zu leben und zu sterben, Plan C ist es, in Libyen zu leben und zu sterben.» Gaddafi werde nicht zulassen, das «eine Bande von Terroristen» an die Macht kommt.

Gaddafis Truppen haben die Kontrolle über den Osten Libyens weitgehend verloren, halten bisher aber Tripolis und Umgebung mit äußerster Härte. Am Donnerstag wurden in zwei Städten nahe der Hauptstadt mindestens 30 Demonstranten erschossen. Gaddafi machte unterdessen das Terrornetzwerk Al Kaida und dessen Führer Osama bin Laden für den Aufstand gegen seine 42-jährige Herrschaft verantwortlich.

Evakuierung schleppend

Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, verwies am Freitag in Genf auf Berichte über Tausende getötete und verwundete Zivilisten. Die internationale Gemeinschaft müsse energisch einschreiten, um das brutale Vorgehen Gaddafis zu stoppen.

In Libyen saßen nach Angaben der EU-Kommission bis zum Freitag noch 3.600 EU-Bürger fest. 3.400 seien seit Beginn der Gewalteskalation bereits zurück in ihre Heimat gebracht worden, sagte Kommissionssprechern Maja Kocijancic in Brüssel. Die Evakuierung mit Flugzeugen und Schiffen wurde von stürmischem Wetter behindert. Hunderte Ausländer strandeten in Häfen und Flughäfen. Es waren aber auch Schiffe mit mehreren hundert Ausländern nach Malta und Griechenland unterwegs. Die Türkei brachte nach eigenen Angaben bis Freitag 8.300 ihrer Bürger nach Hause, China leitete die Evakuierung von 15.000 seiner 30.000 in Libyen arbeitenden Bürger ein.