Da stehen sie nun und lächeln und plaudern. Gemeinsam bestaunen die G7-Kollegen am Freitagmittag den atemberaubenden Blick von der Terrasse der Piazza IX Aprile über das ionische Meer vor Taormina. Gleich neben EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker US-Präsident Donald Trump.
Zu besprechen gab es einiges. «Einen der herausforderndsten G7-Gipfel seit Jahren», sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk kurz vor dem Auftakt des Treffens voraus. Und düster orakelte der Pole: Wenn die sieben großen Industriestaaten (G7) sich nicht einigten, könne «die Lage der Welt wirklich außer Kontrolle geraten». Die G7, das waren auf Sizilien eher die G6 und einer.
.@POTUS stands with fellow G7 leaders in #Italy for a group photo at the Greek Theater of Taormina. #POTUSAbroad #G7Taormina pic.twitter.com/j77gtKqUXD
— Department of State (@StateDept) 26. Mai 2017
Der seit knapp fünf Monaten amtierende US-Präsident Trump hatte im malerischen Taormina seinen großen Auftritt als Problembär. Handel, Klima, Flüchtlinge – Themen, die trotz aller Komplexität bei einem G7-Gipfel normalerweise zur Kategorie Routine zählen, entpuppten sich als nur schwer zu überwindende Hürden. Bereits der Auftakt am Vortag in Brüssel war missraten: Trump verstörte seine Nato-Verbündeten mit einer Standpauke in Sachen finanzieller Beiträge, statt Zusammenhalt und Werte in Zeiten globaler Unsicherheit zu bekräftigen.
Und mit erneuter harscher Kritik an der deutschen Exportstärke, deren Wortlaut binnen Stunden ihren Weg in die Öffentlichkeit fand, entfachte er rechtzeitig vor dem G7 das Streitthema Handel. Gemeinsam waren US-Vertreter und EU-Diplomaten am Freitagmorgen erst einmal beschäftigt, das böse Wort von den bösen Deutschen aus der Welt zu schaffen. So hatte der «Spiegel» den US-Präsidenten zitiert. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker versuchte zu beruhigen: «Bad heißt nicht böse – schlecht reicht ja schon». Zugleich bestätigte Juncker aber, es gebe ein «Problem».
«Robuste Debatte»
So sah das auch die US-Seite: Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn gab die Ansicht seines Chefs so wieder: «Ich habe kein Problem mit Deutschland, ich habe ein Problem mit Deutschlands Handel.» Zur Besänftigung der Gemüter verwiesen die Amerikaner dann noch auf die deutschen Wurzeln Trumps. Doch ein Großvater aus der Pfalz macht noch keinen Handelsfrieden: Während bei den letzten G7-Gipfeln Bekenntnisse zum Freihandel zum Standardrepertoire gehörten, wurde in Taormina damit gerechnet, dass die entsprechenden Zeilen womöglich erst nach langen nächtlichen Verhandlungen stehen.
Eine «sehr robuste Debatte» sagte jedenfalls Cohn voraus. Ähnlich komplizierte Gespräche erwarteten die Unterhändler über die Passage zum Klimaschutz. Vor zwei Jahren hatten sich die G7 beim Gipfel in Deutschland noch für ein Ende des Kohlezeitalters ausgesprochen. In Taormina galt es dagegen, zumindest Rückschritte in Sachen Co2-Reduktion zu verhindern. Grund auch hier: Die unklare bis ablehnende Haltung Trumps zum historischen Klimaschutzabkommen von Paris. «Wir wissen nicht, was die USA wollen», lautete der Stoßseufzer aus den europäischen Delegationen.
Mit dem Gipfelort Sizilien wollten die Italiener außerdem das Thema Flüchtlinge und Lastenteilung in den Vordergrund rücken. Auch das stieß aber bereits im Vorfeld des Treffens bei den Mauerbauern in der US-Administration auf Widerstand. Nach dem Ausschluss Russlands aus dem Kreis der G8 wegen der Ukraine-Krise wollten sich die G7 eigentlich als Wertegemeinschaft neu erfinden. Am Fuße des Ätna zeigte sich, dass auch diese Gemeinschaft keine Selbstverständlichkeit ist.
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