Danielle Smith greift inzwischen zu Antidepressiva, ihr zweijähriger Sohn kann aus Angst vor den Flughunden nicht mehr schlafen: 140.000 Graukopf-Flughunde haben sich im Ort Batemans Bay im Südosten Australiens niedergelassen. Sie machen Lärm, hinterlassen Schmutz und Gestank und können Krankheiten verbreiten. Wie die Tiere, die unter Naturschutz stehen, vertrieben werden können, ist strittig.
Die Graukopf-Flughunde können bis zu einem Kilogramm schwer werden, ihre Flügelbreite erreicht einen Meter. Wissenschaftlern zufolge gibt es in Australien noch etwa 680.000 ihrer Art. Jeder fünfte Graukopf-Flughund, bedeutet das, hat sich in Batemans Bay niedergelassen. In dem Touristenort – etwa 150 Kilometer südöstlich von Canberra – leben 11.000 Einwohner. Auf einen Menschen kommen inzwischen also zwölf Flughunde.
Neue Heimat
Das war nicht immer so. Im vergangenen Jahr beispielsweise wurden nur 50.000 Tiere gezählt, in diesem April waren es dann bereits 140.000. Seit 2012 haben die Flughunde Teile der Stadt zu ihrer Heimat erkoren, in die sie jedes Jahr zurückkehren. Die Population konzentriert sich auf die Gegend um den Golfplatz und ein Feuchtgebiet namens Water Gardens.
Bereits seit Jahren beobachten Flughundexperten die Tendenz, dass sich die Tiere in städtischen Zonen niederlassen. Warum das so ist, darüber können sie nur spekulieren. «Es ist schlimm für alle, die Flughunde inklusive», sagt die Forscherin Kerryn Parry-Jones von der Universität Sydney. «Es hat vermutlich etwas zu tun mit der Zerstörung ihres Lebensraums.»
Stromversorgung lahmgelegt
In Batemans Bay hinterlassen die Tiere stinkenden Kot und Urin. Wenn sie im Morgengrauen von der Nahrungssuche zurückkehren, kreischen sie laut, bevor sie sich auf den Schlafbäumen niederlassen. Tausende fliegen in die Stromleitungen. Dabei verletzen sie nicht nur sich selbst, sie legen auch die Stromversorgung lahm.
Neunmal hintereinander ist dies im April in Batemans Bay passiert. «Ich kann wegen des Gestanks das Fenster nicht mehr öffnen», klagt Danielle Smith. Der kleine Sohn kann nicht mehr draußen spielen.
Gefährliches Lyssavirus
Eine andere Anwohnerin, Kim Swadling, berichtet, dass sie in den frühen Morgenstunden nicht mehr joggen geht – wegen des Urins, den die vielen Tiere abgeben. Dieser ist zudem extrem aggressiv und kann Autolack und Ähnliches beschädigen, wenn er nicht innerhalb kurzer Zeit abgewaschen wird. Darüber hinaus können die Flughunde eine Krankheit übertragen, die der Tollwut ähnelt.
Drei Menschen sind in den vergangenen 20 Jahren nach einer Infektion mit dem sogenannten Lyssavirus gestorben. Die Stadtverwaltung hat betroffenen Einwohnern inzwischen Schutzbezüge für ihre Autos und Wäscheleinen zur Verfügung gestellt sowie Hochdruckreiniger, mit denen sie die Hinterlassenschaften der Flughunde beseitigen können.
Verschiedene Pläne
In der kommenden Woche will sie über Methoden beraten, wie die Tiere zum Verlassen der Gegend gebracht werden können.
«Wir bewegen uns auf unerforschtem Gebiet, wie damit umzugehen ist», sagt Bürgermeister Lindsay Brown. Das zuständige Ministerium hat bereits 2,5 Millionen australische Dollar (1,6 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt, damit die Gemeinde dem Problem Herr werden kann.
Die Regierung hat eine Ausnahmegenehmigung erteilt, nach der die geschützten Tiere vertrieben, aber nicht getötet werden dürfen. Eine Methode, sie loszuwerden, ist es, die Bäume zu fällen, um den Tieren ihre Schlafplätze zu nehmen. Nicht alle sind damit einverstanden.
Licht und Lärm
Anwohnerin Davida MaChing beispielsweise befürchtet, dass damit auch alle Vögel ihren Lebensraum verlieren würden. «Ich bin einverstanden, dass die Flughunde verschwinden müssen. Aber ich bin gegen so drastische Maßnahmen wie das Fällen sämtlicher Bäume», sagt sie.
Im Gespräch ist außerdem, die Tiere von August an mit Rauch, grellem Licht und Lärm in ihren Ruhezeiten zu stören in der Hoffnung, dass sie von selbst verschwinden. Allerdings, so gibt der Stadtrat zu bedenken, würde diese Methode auch Anwohner wochenlang beeinträchtigen.
«Ökologisches Problem»
Flughundexpertin Parry-Jones kritisiert die Versuche, die Tiere vertreiben zu wollen. In der Regel endete dies damit, dass sie sich in zwei Kolonien aufteilten und noch mehr Bewohner in der Gegend belästigt würden, sagt sie.
«Wir haben ein ökologisches Problem, das wahrscheinlich über die vergangenen 50 Jahre hinweg entstanden ist, das die Leute aber erst jetzt wahrgenommen haben», sagt sie. «Und jetzt wollen sie eine endgültige Lösung innerhalb von 24 Stunden.»
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können