Am Mittwoch begann vor der von Prosper Klein präsidierten Neunten Kammer am Tribunal Luxemburg der Prozess gegen Christopher N., Innocent A. und Francis O. aus Nigeria, denen vorgeworfen wird, am 20. Juni 2014 in einer Bar im hauptstädtischen Bahnhofsviertel ihren Kopatrioten Peter I. mit einer zerbrochenen Flasche und einem Messer schwer verletzt zu haben.
Zurückbehalten wurde vor allem freiwillige Körperverletzung und subsidiarisch das Fälschen von Personalausweisen. Es stellte sich denn auch heraus, dass die drei Beschuldigten in undurchsichtigen Verhältnissen in Europa unterwegs sind. Gegen Christopher N. wird versuchter Totschlag zurückbehalten und Innocent A. und Francis O. werden der Mittäterschaft beschuldigt.
Schlachtfeld
Ein Ermittler erklärte im Zeugenstand, dass es beim Eintreffen der Polizei vor der polizeilich bekannten Bar in der Straßburger Straße aussah wie auf einem Schlachtfeld. 15 Männer schwarzer Hautfarbe flüchteten, während das Opfer sich ihnen schwer verletzt in den Weg stellen wollte. Laut dem Zeugen handele es sich um einen Krieg mit einer Bande aus einem Café in der Hollericher Straße. Es war schwer, die einzelnen Verantwortungen zu den einzelnen Tatbeständen festzustellen, da die meisten mit drei Monate gültigen italienischen Aufenthaltsgenehmigungen unterwegs sind und sich vor der Polizei gegenseitig auch nicht belasten. Sie kennen sich alle untereinander und glauben, ihre Probleme selbst lösen zu müssen. Selten rebellieren sie gegen die Ordnungskräfte, so der Zeuge.
Im letzten Monat hätte die Polizei mit viel Aufwand nicht weniger als 80 Männer afrikanischer Abstammung als Drogenhändler verhaftet, die kurz danach von anderen mit gültigen Papieren abgelöst wurden, so der Zeuge, der von ähnlichen Problemen, wenn auch in anderen Dimensionen, bei den deutschen und österreichischen Kollegen sprach. Die Polizei stecke jedenfalls oft zwischen zwei Fronten fest.
Keine schöne Bar
Es gibt jedoch auch sogenannte freie Elektronen unter diesen zentral aus dem Ausland organisierten Drogennomaden, die zwischen den Clans unterwegs sind. Ein solcher führte auch zu Diskussionen zwischen Me Roland Michel, dem Ermittler und dem Vorsitzenden über die manchmal sehr muskulöse Beeinflussung von eventuellen Zeugen in strafrechtlich brenzligen Situationen. Der Verteidiger meinte denn auch, dass das Opfer seinen Klienten als Täter darstellte, weil dieser zwei Tage vorher in einer ähnlichen Situation die Polizei rief. Daraufhin machte der Vorsitzende ihn darauf aufmerksam, dass noch weitere zu hörende Zeugen seinen Mandanten als treibende Kraft beim Bruderstreit vor der gar nicht so «nice» Bar in der Straßburger Straße bezeichneten.
Eine anwesende Zeugin, die auch die Polizei benachrichtigte, sprach von einem vorangegangenen Streit zwischen dem Ibu- und dem Edo-Clan um Kokain und Geld, bei der schon ein Edo-Mann mit einer zerbrochenen Flasche bedroht worden war. Daraufhin schwor der eine Clan dem anderen blutige Rache, die dann zum am Mittwoch vor der Kriminalkammer verhandelten Tatbestand führte.
Bruderkrieg
Es handelt sich also um einen in die Straßburger Straße verlegten Bruderkrieg zwischen christlichen Ibu-Stämmen, die vor einem Monat im Nordwesten Nigerias von der islamischen Terrorsekte Boko Haram niedergemetzelt wurden, und dem Edo-Staat, der im Herzen des früheren Königreichs Benin im südwestlichen Nigeria liegt. Ein wahrer Gordischer Knoten für die Luxemburger Polizei.
Doch muss sich das Gericht mit den Fakten der verhandelten Tat herumschlagen und so probierten die Verteidiger Me Roland Michel, Me Philippe Stroesser und Me Yves Altwies ihre jeweiligen Mandanten mit dem gegenseitigen Ausspielen mehrerer Zeugen aus der Schusslinie zu bekommen. Dies mit intelligenten Winkelzügen, die den Vorsitzenden mehr als einmal aus der Reserve lockten. Eine Auseinandersetzung, die den Beweis antrat, dass auch die Justiz sich schwertut mit diesem Gordischen Knoten, meinte der Vorsitzende doch, dass sich die Nigerianer in unserem Land absolut nicht an die Gesetze halten und sich lediglich der öffentlichen Macht unterwerfen, um eventuellen Strafen zu entgehen. Dies habe der Ermittler mit dem Ausbleiben von Rebellion gemeint.
Der Prozess wird am Donnerstag (19.03.15) fortgesetzt.
Zu Demaart
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