Mehrere hunderttausend Euro, die nicht mehr auffindbar sind. Gesellschaften, die in Konkurs gehen und anhängige Schulden, die so der Allgemeinheit aufgehalst werden. Ein Fall, der so typisch für Luxemburg zu sein scheint. Und der alleine dadurch schon nähere Betrachtung verdient.
Der Angeklagte, Arzt von Beruf, ist nervös. Seine Anspannung sieht man dem Mann um die 60 an. Die Hände so aufeinandergelegt, dass sich jeweils nur die Fingerspitzen berühren, die Beine übereinandergeschlagen, hat der Mann reichlich Zeit, seine Aufregung zu pflegen.
Denn die Beteiligten müssen auf den Prozessauftakt warten. Richter Prosper Klein, der sich anschließend zweimal dafür entschuldigt, hat eine Stunde Verspätung. Gar nicht erschienen ist der zweite Angeklagte in derselben Sache. Der Mann habe Herzprobleme, erfährt man.
Übliche Machenschaften
Richter Klein bedauert die Abwesenheit des Angeklagten. Denn Fragen gibt es reichlich in diesem Fall, der so typisch erscheint für Luxemburg. «Es sind diese üblichen Machenschaften, die unsere Gesetzgebung erlaubt – solange alles gut geht», so Richter Klein.
Summa summarum geht es um die Zweckentfremdung von Gesellschaftsvermögen. Gesellschaften werden gegründet, in diesem Fall sollten damit zwei Restaurants betrieben werden, Familienmitglieder – der eine nimmt die Frau, der andere den Sohn – als Geschäftsführer eingesetzt, während man selber «gérant de fait» bleibt, also die Geschicke leitet. Der eine mehr, der andere weniger, wie es Richter Klein sieht.
Die Summen, um die es geht, sind nicht unerheblich. Mehrere hunderttausend Euro sind laut dem Ermittler in der Sache, der gestern als Zeuge aussagte, nicht mehr auffindbar.
Anscheinend, so der Mann von der Polizei, könnten etwa «Chèques-repas» nicht ordnungsgemäß für die Buchung abgestempelt, sondern ein zweites Mal verwendet worden sein.
Er muss ja hinkommen: Dienstwagen für den DJ
Dazu gab es Leasingverträge für Firmenwagen, die auf die Geschäftsführer ausgestellt waren. Der Sohn des Angeklagten B. fuhr auf Kosten der Gesellschaft einen Kleinwagen. Die Frau des Angeklagten M. einen Mittelklassewagen. Während der Sohn von B. nachweislich wenigstens zweimal im Restaurant, um das es geht, als Diskjockey auftrat, scheint besagte Frau für die Gesellschaft keine Tätigkeit wahrgenommen zu haben. Außer eben mit dem Auto zu fahren. Ein Cousin des Angeklagten M. machte eines der Geschäfte seines Lebens.
Gelder wurden von der einen zur anderen Gesellschaft überwiesen. Dann wieder zurück. Wieder hin. Und wieder zurück.
Nur dass am Ende dieser Kontoverschiebungen gewisse Beträge nicht mehr nachweisbar, geschweige denn auffindbar waren. Bereicherung auf dem, so Klein, «Buckel der Gesellschaft». Der allerdings buckelt jetzt zurück.
Ein ziemliches «Kuddelmuddel»
Das sei ja alles ein ziemliches «Kuddelmuddel», meinte Richter Klein zum Ermittler im Zeugenstand. Der Ermittler teilte diese Einschätzung. Ein „Kuddelmuddel“ also, das eben solange gut geht und unentdeckt bleibt, wie ein Konkurs die ausstehenden Schulden – einer wohl profitablen, wenn korrekt geführten Gesellschaft – nicht auf die Allgemeinheit abwälzt. In dem Fall schreitet nämlich die Justiz ein, und der angeklagte Arzt wird nervös, während sein einstiger Associé, früheres Direktionsmitglied einer luxemburgischen Bank, von Herzproblemen befallen wird.
Beide körperlich unterschiedlich unangenehmen Ausprägungen werden sich am Mittwoch (05.02.14) eher nicht lindern. Dann sind beide wieder vor Gericht geladen.
Die erhobenen Vorwürfe gleichen den am Dienstag verhandelten. Erneut geht es um verschiedene Gesellschaften und Geld, das nicht mehr da ist. Nur dass es sich nicht um Restaurants handelt, sondern um Krippen und damit einhergehend um die Verflechtungen mit branchenfremden Gesellschaften.
Beträchtliche Summen
Ist die Höhe der verschwundenen Gelder und der Forderungen der Kläger in diesen Fällen ähnlich gelagert, dürfte es – summa summarum – nicht mehr nur um nicht unerhebliche Summen gehen, sondern um beträchtliche.
Für Richter Prosper Klein schienen einige Aspekte in der Sache bereits gestern genauso klar wie unannehmbar zu sein. Es sähe so aus, als wäre es darum gegangen, «in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld zu machen», so Klein. Und weiter: „Es sind eben diese Kungeleien (’magouilles‘), die unser Gesellschaftsrecht möglich macht.“
Klein vergaß aber nicht, anzufügen, dass sie, auch wenn sie möglich sind, noch lange nicht alle erlaubt sind. Am Mittwoch (05.02.14) wird der Prozess weitergeführt.
Zu Demaart
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