Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihr Pulver trocken: Die Währungshüter beließen den Leitzins im Euroraum, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, auf dem Rekordtief von null Prozent. Das teilte die EZB am Donnerstag im Anschluss an eine Ratssitzung in Frankfurt mit. Parken Banken überschüssiges Geld bei der Notenbank, müssen sie weiter 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Sie bekräftigte, an ihrem milliardenschweren Anleihenkaufprogramm wie geplant bis mindestens Ende März 2017 festzuhalten. Damit will sie die Konjunktur ankurbeln und die Inflation im Euroraum anschieben.
Zwar stieg die Inflation im gemeinsamen Währungsraum im September auf den höchsten Stand seit Oktober 2014. Die Rate ist mit 0,4 Prozent aber weit entfernt von dem Preisziel der EZB von knapp zwei Prozent.
«Nicht in Eile»
Langfristig niedrige oder gar sinkende Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten Investitionen aufschieben, weil sie erwarten, dass es noch billiger wird.
Die meisten Ökonomen hatten nicht damit gerechnet, dass die Notenbank bei ihrer Sitzung weitreichende Entscheidungen treffen würde. «Die Konjunkturentwicklung seit September versetzt die EZB nicht in Eile, zusätzlich geldpolitische Maßnahmen zu präsentieren», argumentiert Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei der ING Diba Bank.
Der Einkaufszettel
Beobachter erwarten indes Hinweise über das weitere Vorgehen der EZB bei ihrem milliardenschweren Anleihenkaufprogramm. So könnten die Währungshüter bei der Dezembersitzung das Programm über März 2017 hinaus verlängern und die selbstgesetzten Bedingungen zum Erwerb der Anleihen lockern, weil einige Papiere allmählich knapp werden. Im Dezember wird die Notenbank auch aktuelle Konjunktur- und Inflationsprognosen vorlegen.
Die EZB kauft seit März 2015 Staatsanleihen und andere Wertpapiere im großen Stil. 80 Milliarden Euro fließen derzeit monatlich, insgesamt sollen es 1,74 Billionen Euro werden. Seit Juni stehen auch Unternehmensanleihen auf dem Einkaufszettel.
Umstrittene Geldpolitik
Derzeit darf die Notenbank keine Anleihen kaufen, deren Zinsen unterhalb des Einlagensatzes von derzeit minus 0,4 Prozent liegen. Zudem hat sie sich auferlegt, höchstens 33 Prozent eines jeweils ausgegebenen Wertpapiers zu kaufen.
Zuletzt hatten Spekulationen auf ein absehbares Ende der Geldschwemme für Unruhe gesorgt. Bankvolkswirte sind aber überwiegend der Meinung, dass sich Überlegungen über ein schrittweises Auslaufen der Wertpapierkäufe (Tapering) – sollte es sie in der EZB geben – auf einen fern liegenden Zeitpunkt beziehen.
Die ultralockere Geldpolitik der EZB ist umstritten. Sie belastet Sparer. Kritiker befürchten zudem eine sinkende Reformbereitschaft der Politik.
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