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«EU ist in einer Existenzkrise»

«EU ist in einer Existenzkrise»
(dpa/Patrick Seeger)

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Brexit, innere Sicherheit, Flüchtlinge, CETA, Millionen-Investitionen in der EU. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht die EU nicht in Topform und ermahnt die Mitgliedsstaaten.

Die 28 Mitgliedstaaten sprächen zu oft nur von ihren eigenen nationalen Interessen, sagte Juncker am Mittwoch in seiner Rede zur Lage der Union im Europaparlament in Straßburg.

Er warf den EU-Regierungen vor, zu oft nationalen Interessen Vorfahrt einzuräumen und warnte davor, Populisten in die Hand zu spielen. «Populismus löst keine Probleme – im Gegenteil: Populismus schafft Probleme.»

Mehr Anstrengungen gefordert

Wunsch nach einem Brexit sieht Juncker aber nur als Symptom, denn die derzeit noch 28 Staaten sind tief zerstritten, wie Wirtschaftsflaute, Flüchtlingskrise und Terror überwunden werden können.

Zwei Tage vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs zur Zukunft der Union verlangte Juncker eine «ehrliche Bestandsaufnahme» und auch mehr Anstrengungen gegen Arbeitslosigkeit und für ein sozialeres Europa.

«Keinen Binnenmarkt à la carte»

Mit Blick auf die Austrittsverhandlungen mit Großbritannien bekräftigte der Kommissionspräsident, dass London «keinen Binnenmarkt à la carte» bekommen könne. In den anstehenden Verhandlungen über die künftigen Beziehungen werde es ungehinderten Zugang zum europäischen Wirtschaftsraum nur geben, wenn die britische Regierung die Freizügigkeit für EU-Bürger akzeptiere.

Die Briten hatten Ende Juni überraschend mit knapp 52 Prozent für den Austritt aus der EU gestimmt. Am Freitag kommen die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Länder in der slowakischen Hauptstadt Bratislava zusammen, um die Weichen für eine Neuausrichtung der EU zu stellen. Schwerpunkte sollen laut EU-Ratspräsident Donald Tusk insbesondere Sicherheitsfragen und Grenzschutz sein.

Juncker-Plan wird aufgestockt

Um die Wirtschaftsflaute in Europa zu überwinden, will der EU-Kommissionspräsident sein 2014 gestartetes Investitionsprogramm verdoppeln: Statt 315 Milliarden Euro binnen drei Jahren sollen nun 630 Milliarden bis 2020 erreicht werden.

Der sogenannte Juncker-Plan soll mit einem kleinen Anteil öffentlicher Gelder vor allem private Investitionen anstoßen. Der Grundstock waren 21 Milliarden Euro im «Europäischen Fonds für strategische Investitionen» (EFSI). Seit seinem Beginn sind damit nach Angaben der EU-Kommission bereits Projekte für 116 Milliarden Euro gestartet worden.

Keine Nachverhandlungen bei CETA

Die Finanzierung der Verdoppelung des Programms in Volumen und Dauer ist allerdings noch nicht geklärt. Als gesichert gilt nach Junckers Worten nur ein Gesamtvolumen von 500 Milliarden Euro bis 2020. Nötig sind darüber hinaus weitere Mittel aus dem EU-Haushalt wie auch von den Mitgliedsstaaten.

Nachverhandlungen mit Kanada über das Freihandelsabkommen Ceta schließt Juncker aus. «Die Garantien, die wir brauchen, können in den Parlamenten präzisiert und ausverhandelt werden», sagte er. «Aber Nachverhandlungen kann es nicht geben.» Ceta sei das «beste und fortschrittlichste» Handelsabkommen, das die Europäische Union je abgeschlossen habe.

Der Handelsvertrag ist in den Mitgliedstaaten umstritten. Kritisiert wird insbesondere die vorgesehene Einrichtung von Schiedsgerichten für die Lösung von Konflikten.