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Eindeutige Botschaft

Eindeutige Botschaft
(Alain Rischard/editpress)

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Recep Tayyip Erdogan und die Todesstrafe

Rund drei Wochen nach dem offensichtlichen Putschversuch mobilisiert der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan weiterhin die Bevölkerung und lässt sich von ihr feiern. Mehrere hunderttausend Türken versammelten sich an diesem Wochenende wieder in Istanbul, um ihrem Präsidenten zu huldigen und sein Vorgehen gegen die echten und vermeintlichen Aufständischen zu unterstützen. Dass das türkische Staatsoberhaupt und seine Regierung dabei weit über das Ziel hinausschießen, ist längst bekannt und ist so auch gewollt.

Bei den EU-Europäern hingegen rufen die dabei angewandten Methoden allerdings erhebliche Kritik und Skepsis hervor. Denn eigentlich hatten sie sich von dem EU-Beitrittskandidaten aus dem Südosten etwas anderes erhofft. Bislang lag es im Selbstverständnis der EU-Staaten, dass jene Länder, die den Status eines Kandidatenlandes erhielten, sich zunehmend den rechtsstaatlichen, demokratischen und Menschenrechts-Standards, die in der Union die Norm sind, annähern, um sie schließlich integral zu übernehmen. Dass, den Beitritt einmal vollzogen, manche Staaten dennoch Probleme mit der Auslegung dieser grundlegenden Prinzipien haben, veranschaulichen nicht allein das Ungarn eines Viktor Orban oder die Vorstellungen der in Polen regierenden nationalpopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit des Jaroslaw Kaczynski.

Recep Tayyip Erdogan hingegen scheint sich bereits jetzt von der Pflicht, alle Regeln einhalten zu müssen, befreien zu wollen. Vor allem um gegen die vielen Putschisten vorgehen zu können, die einer „gerechten Strafe“ zugeführt werden müssten. Dass das durchaus auch die Todesstrafe sein könnte, das lässt sich der türkische Präsident gerade von seinem Volk aufschwatzen. Erdogan machte während seiner Rede am Wochenende nicht einmal den Versuch, seinen Zuhörern dieses Ansinnen auszureden. In einem Interview mit der französischen Tageszeitung Le Monde meinte er gar, dass darüber das Volk und das Parlament zu entscheiden hätten. Ohnehin sei die Todesstrafe in vielen Ländern noch in Kraft und hauptsächlich nur in Europa abgeschafft, so der türkische Staatschef weiter. Der nicht nur in dieser Frage mit den EU-Europäern hadert. Er verlangt umgehend die versprochene Visafreiheit für seine Landsleute, auch wenn er kein Wort darüber verliert, dass sein Land die von der EU verlangten Bedingungen dazu noch nicht erfüllt hat. Deshalb warnt er die Europäer, dass die Türkei bald keine zurückgeführten Flüchtlinge mehr aufnehmen würde. Mit der Drohung des türkischen Außenministers vor mehr als einer Woche, die in der Türkei befindlichen Flüchtlinge wieder Richtung EU ziehen zu lassen, dürfte die Botschaft aus Ankara an die EU, sich nicht unbedingt an die Details in Sachen rechtsstaatliche Prinzipien halten zu wollen, eindeutig sein.

Angesichts der derzeitigen Entwicklungen in der Türkei ist zu befürchten, dass künftig mit den vielen tausend Flüchtlingen aus Syrien, Irak und Afghanistan, wo ein Leben wie in den unter dem „Brüsseler Diktat“ lebenden europäischen Staaten nicht möglich ist, auch vermehrt Türken versuchen werden, Asyl in europäischen Staaten zu beantragen.