Vor ziemlich genau 20 Jahren, am 5. Juli 1996, klonten Sir Ian Wilmut, Keith Campbell und seine Kollegen vom Roslin Institute das Schaf Dolly in der schottischen Hauptstadt Edinburgh. Die Nachricht ging damals um die Welt und entfachte die Diskussion über die ethischen Aspekte des Klonvorgangs.
Das Klonen des Schafs – immerhin auch ein Säugetier wie wir Menschen – löste hitzige Debatten über die ethischen Grenzen der Wissenschaft aus.
Die Forscher benutzten damals für den Klonvorgang eine bereits differenzierte Zelle aus dem Euter eines walisischen Bergschafs sowie eine nicht-befruchtete Eizelle. Wie in Mary Shelley’s Frankenstein stimulierten die Forscher mittels eines elektrischen Schocks den Teilungsvorgang der Zelle. Das Schaf wurde dann normal von einer Leihmutter ausgetragen.
Nach der Geburt Dollys ging eine Sensation um die Welt. Das erste Klonschaf wurde jedoch nicht so alt. Bereits mit sechs Jahren wurde Dolly infolge einer Lungenkrankheit eingeschläfert. Das Schaf hatte bereits Alterserscheinungen, obwohl Schafe dieser Rasse etwa doppelt so alt werden.
Der geklonte Mensch
Viele Menschen stellten sich zu Recht die Frage: Wenn das mit Schafen funktioniert, geht das dann auch mit einem Menschen? Der «Spiegel» titelte in der Ausgabe vom 3.3.1997: «Der Sündenfall». Auf dem Cover prangten Hitler, Einstein, Claudia Schiffer und Dolly in mehrfacher Ausführung.
Auch der deutsche Gesellschaftstheoretiker Jürgen Habermas bezog Stellung. Er verglich das Klonen mit einer modernen Form der Sklaverei. Der Klon ähnele dem Sklaven, weil er nämlich einen «Teil der Verantwortung, die er sonst selbst tragen müsste, auf andere Personen abschieben kann», schreibt der Philsosoph. Habermas meinte den Teil, der von seiner genetischen Ausstattung abhängig ist.
In der Literatur und im Film ist das Klonen schon länger ein Thema. Drei Jahre zuvor, im Jahr 1993, wurden in dem beliebten Science-Fiction-Film «Jurassic Park», basierend auf dem Buch von Michael Crichton, Dinosaurier durch die Klontechnik wieder zum Leben erweckt. 1996 wurde die Fantasy zur Realität: Es waren zwar keine Dinosaurier, aber immerhin ein Schaf. Auch in den Filmen «The 6th Day» (2000) mit Arnold Schwarzenegger, den Star-Wars-«Klonkriegen» und «The Island» von 2005 werden unterschiedliche Dystopien gezeigt, bei denen der Klon nicht den vollen Umfang seiner Freiheiten genießen kann.
Die Klonfabrik
Die ernüchternde Bilanz ist, dass es 20 Jahre später noch immer keinem Forscher gelang, einen Menschen zu klonen. Hwang Woo-suk behauptete zwar im Jahr 2005, menschliche Embryos geklont zu haben. Es stellte sich im Nachhinein heraus, dass der Südkoreaner seine Forschungsergebnisse gefälscht hatte. Bislang wurde noch kein lebensfähiges menschliches Wesen geklont. Doch wie lange noch?
2015 teilte die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua mit, dass in Tianjin eine Klonfabrik errichtet werden soll. Hier wolle man vor allem Hunde, Rennpferde sowie massenweise Rinder klonen. Zu den Gründern der Firma Boyalife gehört unter anderem das schottische Roslin Institute, das 1996 an dem Klonvorgang von Dolly mitgewirkt hatte.
The Tianjin Cloning Factory of Boyalife. pic.twitter.com/YxxDAHgdtV
— Boyalife Group (@BoyalifeGroup) 27. April 2016
«Was möglich ist, wird gemacht»
Die Diskussion über die ethischen Aspekte ist leider noch nicht vorangeschritten. Es gilt noch immer derselbe Grundsatz: «Was möglich ist, wird gemacht.» Eine Frage wäre zum Beispiel, wie die Frage nach der Identität zu klären sei.
Ein Klon besitzt identische Gene, entwickelt aber eine andere Persönlichkeit durch sein Umfeld. Wird er als Rechtsperson anerkannt und kann er sich gegen seine Erschaffer und gegen seinen «natürlichen» Vorgänger behaupten?
Übrigens: Der Name des Schafes «Dolly» geht auf die amerikanische Country-Legende zurück. Die Sängerin Dolly Parton war für ihre üppige Oberweite bekannt. Und ihre Huftiernamensvetterin entstammte einer Euterzelle. Wer behauptet also, Wissenschaftler wären vergeistigte, von der Welt abgewandte Menschen?
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