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Die Top 5 der Plünderungs- artikel

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Nach den Krawallen analysierten Jugendpsychologen die gestohlenen Waren. Sie stiessen dabei auf ein überraschendes Produkt. Noch viel erstaunter ist ein 85-jähriger Frisör – aus ganz anderem Grund.

Tonnenweise Ware schleppten die Plünderer während ihrer Zerstörungsmärsche durch London, Birmingham und Manchester aus den Geschäften. Eine Kultur «der Faulheit, der Verantwortungslosigkeit und des Egoismus» sind nach Ansicht des konservativen britischen Premierministers David Cameron verantwortlich für die landesweiten Krawalle. Einen Zusammenhang mit dem Sparprogramm der Regierung sieht er nicht.

Jeder Armut noch Spannungen zwischen Bürgern unterschiedlicher Herkunft seien Ursachen der Krawalle, sagte Cameron am Montag in einer Rede in einem Jugendzentrum in Oxfordshire in Südengland. Hintergrund seien vielmehr pure Kriminalität, Disziplinlosigkeit und fehlendes persönliches Verantwortungsgefühl.

Anti-Durchfallmittel ist ganz oben auf der «Einkaufsliste»

Ihm zu widersprechen dürfte Jugendpsychologen und Soziologen schwerfallen – wenn man die Liste der begehrtesten Plünderungsartikel analysiert. Tatsächlich sind die jungen Briten sehr selektiv bei ihren Klau-Rallyes vorgegangen: Nur Elektronik, Handys, Kleider, Schuhe und das Anti-Durchfallmittel «Imodium» wurden aus den Regalen gestohlen. Die Bücherläden hingegen blieben, man könnte es sich denken können, von den Plünderungen verschont.

Doch dass ausgerechnet ein Mittel gegen Durchfall auf der Top-5-Liste der Plünderungsartikel steht, schien den Experten zunächst unverständlich. Wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet, gab der Filialleiter der Pharmazie- und Drogeriekette Boots im Londoner Stadtteil Clapham die aufschlussreiche Erklärung: Das Antidiarrhoikum enthält den Wirkstoff Loperamid, das neuerdings zur Drogenherstellung verwendet wird.

Cool – und kriminell

Ebenfalls sehr beliebt bei den Dieben waren Geschäfte von Streetwear-Mode – allen voran Footlocker und JD Sports. Unter den begehrten Artikeln befanden sich Adidas-Sportschuhe und Nike-Trainingsanzüge. Tom Lloyd, Manager des Sportgeschäfts LA1, beobachtete seinerseits, wie die Krawallmacher sich vor allem auf Produkte der Marken Diesel, Carhartt und Fred Perry stürzten.

Jugendforscher werfen besonders diesen Marken nun vor, den Gangster-Look in ihren Werbekampagnen gefördert zu haben. Es sei ja sogar mit Musikern aus der amerikanischen Rapper-Szene wie Snoop Dogg, einem verurteilten Kriminellen, geworben worden. Nun hätten sie genau das bekommen, was sie in ihrer Werbung als besonders «cool» dargestellt hätten.

Eine Geschichte mit Happy End

Unter den vielen schrecklichen Plünderungsberichten sticht aber auch einer heraus, der trotz allem glücklich endete: Am 6. August wurde bei den Ausschreitungen der kleine Coiffeursalon von Aaron Biber zerstört, den der 85-Jährige über 40 Jahre lang im Londoner Stadtteil Tottenham betrieben hatte. An jenem Samstag zerstörten die Randalierer sein Lebenswerk: Sie brachen die Ladentür auf, verwüsteten den kleinen Salon und nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war.

Das Bild des traurigen Mannes in seinem verwüsteten Laden machte rasch in Internetforen und Blogs die Runde. In einem Interview mit der britischen Zeitung «The Telegraph» gab er an, alles verloren zu haben, da er nicht versichert gewesen sei. Daraufhin kamen drei junge Frauen auf die Idee, Biber zu helfen: Die drei Praktikantinnen der britischen Werbeagentur BBH bauten eine Webseite auf, auf der sie zu Spenden für den alten Mann und seinen Friseurladen aufriefen. Über soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook machten sie zusätzlich Werbung für ihre gute Aktion.

Es vergingen keine vier Tage, da waren schon 35.000 Pfund zusammengekommen, erzählten die Initiantinnen in einem Interview mit der BBC. Der Salon von Aaron Biber ist inzwischen renoviert und konnte bereits wieder eröffnet werden. Und weil noch etwas Geld übrig blieb, wollen nun Biber und sein Neffe Eddie auch anderen kleinen Geschäftsleuten in ihrer Strasse beim Wiederaufbau helfen.