Die Krise schlägt mit einer Verspätung von vier Jahren in Luxemburg zu. Sie hat indirekte Konsequenzen, die die Kosten in die Höhe treiben. Als Folge der in den USA ausgelösten, aber globalen Finanzkreise gibt es Regulierungen, die das Finanzwesen in Luxemburg nun stark belasten. Koob: «Das Ziel, verlorenes Vertrauen im Finanzsektor wiederherzustellen, führte zu einer Flut von Regulierungen auf europäischer und nationaler Ebene. Die Konsequenzen insbesondere für Luxemburg sind die fortschreitende Schließung bislang bestehender Geschäftsbereiche durch Abbau von Arbitragemöglicheiten im aufsichtsrechtlichen und steuerrechtlichen Bereich. Gleichzeitig kommt es in Europa zu einer Verschärfung der Konsolidierung im Finanzbereich aus Risiko und Kostengründen.»
Walter Koob. (Bild:Pierre Matgé)
Für kleine und mittlere Banken und Fondsgesellschaften gestalte sich diese Regulierungsflut auf Grund ihres Umfangs immer mehr zu einem existenzbedrohenden Phänomen führt Koob weiter aus. Noch gar nicht einschätzen könne man diese Regelungen auf Gebühren und Preise. Man wisse auch noch nicht, wie sich die Kosten auf angebotene Dienstleistungen, und Produkte auswirken werden. Ungeklärt sei auch, was die erhöhten Anforderungen an die Eigenmittel und die Anforderungen an die Liquidität für Auswirkungen hätten. Was sind die Folgen? Die Mutterhäuser der ausländischen Banken führen ihre Töchter in Luxemburg nicht mehr an der langen Leine.
Doppelstrukturen
Vielmehr werden die Luxemburger Einheiten bei weitem stärker eingebunden in die Entscheidungen der Mutterhäuser. Die Chefs der Luxemburger Banken sitzen nicht mehr an den Schalthebeln einer Luxemburger Geschäftspolitik. Stellenabbau, Aushölung von Geschäftsaktivitäten durch Auslagerung oder Zentralisierung in der Luxemburger Tochtergesellschaft bis hin zur Umwandlung in Niederlassungen, erfolgen direkt im Mutterhaus. Das Ziel ist, Doppelstrukturen im Konzern abzubauen. Der Druck der Mutterhäuser, so Koob, doppelt: Einerseits Erträge steigern, andererseits Einsparmöglichkeiten auf der Verwaltungsseite und auf der Personalseite nutzen. Mit anderen Worten: Die Banken in Luxemburg werden Personal abbauen und tun das bereits.
Das wirtschaftliche Umfeld für die Banken in Luxemburg ist nicht günstig. Im Gewinn- und Verlustbereich zeichnen sich zwei negative Tendenzen ab: Die niedrigen Zinsen lassen die Gewinne im Zinsbereich schmelzen. Die unsteten Börsen wiederum schrecken Privatkunden ab. Die Provisionen (Kommissionen) brechen ein. Das hat Auswirkungen insbesondere auf das Privatkundengeschäft. «Es gilt heute schon als Erfolg, Volumen und Kundenzahl gehalten zu haben», sagt Koob. Im Bereich des Private Banking werde die Luft dünner. Das zeige der Rückzug von Banken wie Lloyds TSB, Bank Invik, HSH Nordbank Private Banking, Van Lanschot Bankiers oder Bank Itau. Man müsse noch mit dem Rückzug einer weiteren deutschen Privatbank aus Luxemburg rechnen. Als Gründe nennt Koob die Konzentration auf andere Märkte, oder die Tatsache, Private Banking für die Muttergesellschaften nicht mehr das Kerngeschäft sei, oder aber einfach auch Verlagerung an andere Standorte.
Sonderstellung geht verloren
Man müsse auch sehen, dass Luxemburg im Rahmen der zunehmenden Globalisierung der Regulierung und Aufsicht, seine Sonderstellung als Nischenplatz nach und nach verliere. Weiter sei zu erkennen, dass sich die nationale Struktur ändere. Deutsche Banken zögen sich aus Luxemburg zurück, französische und skandinavische Institute würden wichtiger.
Koob sieht den Augenblick kommen, dass kleine und mittlere Privatbanken ohne zusätzliche Standbeine «verstärkt zu Akquisitionsobjekten» werden. «Der Private Banking Markt», so Koob, «ist ein Markt, in dem organisches Wachstum nur selten möglich ist». Sollte die Krise anhalten, könnten sogar Privatkunden Portfolien von größeren Banken auf den Markt kommen, weil sie sich aus Ertragsgründen von diesem Markt verabschieden.
Kein Geschäftsmodell
Der wesentliche Punkt ist, so Koob, dass im Bankenbereich nicht deutlich wird, wofür Luxemburg steht. Es fehle das Luxemburger Geschäftsmosdell. Hoffnung auf einen Private Banking Standort könne man sich nur machen, weil südeuropäische Akteure oder Akteure aus Schwellenländern auf dem Luxemburger Markt auftreten würden. Man könne sich auch Hoffnungen auf den Ausbau der grenzüberschreitenden Kompetenz machen oder neuen Initiativen rund um Family Offices. Aber macht das ein Luxemburger Geschäftsmodell aus?
Treiber des Finanzplatzes Luxemburg sind die Banken also nicht. Dafür hat sich die Fondsindustrie entsprechend entwickelt. Das verwaltete Fondsvolumen stieg bis Ende September 2012 auf ein Allzeithoch von 2,3 Billionen Euro an. Allerdings gehen etwa 70 Prozent des Wertzuwachses auf den Anstieg der Börsen zurück.
Strukturelle Schwächen
Hauptwachstumstreiber bei den Fonds sind die Spezialfonds, die mit einem Anteil von drei Prozent am Gesamtvolumen insgesamt aber nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das hat damit zu tun, dass die eigentliche Luxemburger Spezialität, die sehr stark regulierten Fonds der UCITS Direktive, abnehmen. Bei den Gesellschaften gibt es Bereinigungen der Fondspaletten, bei den Privatanlegern gibt es Investitionszurückhaltung. Der eigentliche Mittelzufluss kommt daher von den Spezialfonds, die sich an erfahrene und vermögende Anleger wenden.
Walter Koob gilt als ein Mann der in seinen Analysen scharf hinter die Kulisse schaut. So sieht er durchaus strukturelle Schwächen in der Luxemburger Fondsindustrie. In Luxemburg gibt es 180 Kapitalanlagesellschaften und 15 Fondsgesellschaften, die nach unterschiedlichen Gesetzen arbeiten. Mehr als jede dritte dieser Gesellschaften verwaltet ein Vermögen von weniger als 500 Millionen Euro. Steigert man das verwaltete Vermögen auf eine Milliarde Euro, dann erst erreicht man die Hälfte aller Gesellschaften. Nur 13 Prozent der Vermögensverwaltungs- und Anlagegesellschaften im Fondsbereich. Der Markt ist also sehr kleinteilig.
Grenzüberschreitende Fusionen
Auf der französischen Seite gibt es 370 Sicav Fondsgesellschaften, die insgesamt 344 Milliarden Euro anlegen und verwalten. Auch hier sieht Koob Schwierigkeiten. Die Schwierigkeiten sind im Grunde ähnlich wie bei den Banken. Viele Fondsgesellschaften oder auch einfach nur Fonds sind zu klein. Sie werden von den Regulierungskosten im Vergleich zum Anlagevermögen zu stark belastet. Was kommt daher auf den Fondsmarkt in Luxemburg zu? Bereinigung von Fondspaletten, grenzüberschreitende Fusionen, Untersuchungen von Doppelstrukturen, Umwandlungen von bisher selbständigen Fondsgesellschaften in Luxemburg zu Niederlassungen von Mutterhäusern, werden die Folgen sein und auch hier zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.
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