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Der Nicht-Wert eines Referendums

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Über den Bau eines TGV Bahnhofs in der Mitte Lothringens stimmten die Lothringer am 1. Februar ab. Sie lehnten ihn ab. Grüne und Lobbyisten wollen sich darüber hinweg setzen.

Die Baugenehmigungen sind da, aus der Energiesteuer stehen 120 Millionen Euro zur Verfügung. Mitten in Lothringen, in Vandières, im Département Meurthe et Moselle, könnte man einen TGV Bahnhof bauen. Nur: Die lothringische Politik hat sich in eine Sackgasse hineingeritten, aus der sie kaum noch wieder herauskommen kann.

In der Nähe des Flughafens Louvigny ist in Lothringen ein Provisorium gebaut worden, der Bahnhof „Gare Lorraine TGV“. Jeweils rechts und links ein Gleis, in der Mitte eines für durchfahrende Züge, dazu Bahnsteige, die auf ein ewiges Provisorium schließen lassen. Das Bahnhofsgebäude hat den Charme eines überdimensionalen verkleideten Containers.

Nur mit dem Bus

Schon beim Bau war dieser Bahnhof umstritten, weil er mit Regionalzügen nicht zu erreichen war. Tatsächlich fahren von Luxemburg, von Metz und von Nancy zu den Abfahrtzeiten des TGV Busse heran, um Passagiere hin zu bringen und wieder abzuholen. Wer seinen Bus verpasst, der steht da und muss ein Taxi nach Metz oder Nancy nehmen. Preis: 50 bis 60 Euro.

Jean-Pierre Masseret, Präsident der Region Lothringen, befand sich zwischen Baum und Borke. Das mächtige Mosel-Département, in dem jeder zweite Lothringer lebt, wandte sich von jeher dagegen, dass neben dem bestehenden Provisorium ein „ordentlicher“ Bahnhof gebaut werden sollte, auf dem Anschlüsse an Regionalzüge nach Metz, Nancy, Epinal und Luxemburg möglich sein sollten. So etwas war am TGV Bahnhof Champagne Ardennes mit Anschluss nach Reims, Châlons en Champagne oder Troyes gleich mit der TGV Strecke mit gebaut worden.

Nur zehn Prozent zu den Urnen

Masseret konnte sich zwar auf ordnungsgemäß abgewickelte Verfahren stützen, aber wie bei allen Infrastruktur-Maßnahmen in Lothringen gab es Streit zwischen den „Mosellanern im Norden und den anderen im Süden. Masseret entschied sich, ein Referendum zu veranstalten. Da er das eigentlich nicht darf, wurde daraus ein Konsultations-Referendum, das den Politikern Hinweise geben sollte. Die Lothringer lehnten den neuen Bahnhof mit großer Mehrheit ab. Allerdings gingen nur zehn Prozent zu den Urnen. Präsident Masseret erklärte in der Folge das Vorhaben mit der zersplitterten Mehrheit von Sozilisten, Kommunisten, Grünen, nicht für realisierbar, setzte aber dennoch vier Kommissionen ein, die den Sachverhalt noch einmal untersuchen sollten.

Es sind die Grünen, die von Beginn das Ergebnis des Referendums nicht akzeptieren. Sie und eine Vereinigung der Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs verlangen schnell eine Veröffentlichung der Kommissionsergebnisse und eine Abstimmung im Regionalrat, um den Bahnhof doch zu bauen. Das Drängen macht in ihren Augen Sinn. Im kommenden Dezember wird ein neuer Regionalrat für die neue Großregion im französischen Osten gewählt. Das traditionell zerstrittene Lothringen wird mit seinen Interessen zwischen der Champagner Region rund um Epernay und Reims und dem Elsaß weniger Gewicht haben. Die Grünen befürchten also, dass der Bahnhof dann nie gebaut wird.

2016 laufen alle Genehmigungen aus

Präsident Masseret aber bleibt auf seiner Position. Er sieht keine Chance, mit seiner Mehrheit den Referendum-Entscheid gegen den Bahnhof zu überstimmen und muss fürchten, dass seine sozialistische Partei eine weitere Niederlage kassieren wird, wenn er sich über die Volksmeinung hinwegsetzt. Die neue französische Großregion soll eine Entscheidung treffen, wird aber von Anfang an unter Druck gesetzt, weil Mitte 2016 alle Genehmigungen auslaufen und der Bahnhof von Vandières als TGV Bahnhof dann endgültig vom Tisch ist.

Vernünftig wäre der Bahnhof auch aus Luxemburger Sicht allemal. Luxemburger könnten dann mit Regionalzügen zum TGV nach Lothringen und damit zu Anschlüssen nach Lille oder London oder Bordeaux oder in die Bretagne fahren, statt die derzeitigen lauten und unbequemen Kleinbusse nutzen zu müssen. Nur sind die Chancen gering, dass der zukünftig in Straßburg tagende Regionalrat grünes Licht für den Bahnhof geben wird. Straßburg hat seinen Bahnhof. Reims, Troyes, Epernay haben auch ihren TGV Bahnhof. Warum soll man in der Mitte noch einen bauen, wo es doch ein funktionierendes Provisorium gibt? Präsident Masseret jedenfalls will sich an das Ergebnis des Referendums halten und hat wenig Lust den Grünen nachzugeben, die politischer Logik folgend, Volkes Meinung übergehen wollen.