Montag15. Dezember 2025

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Der Brexit wackelt

Der Brexit wackelt
(Alastair Grant)

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Der Austritt Großbritanniens aus der EU ist doch noch nicht besiegelt. Ein Londoner Gericht entschied am Donnerstag, dass Premierministerin Theresa May diese Entscheidung mit historischer Tragweite nicht über die Köpfe des Parlaments hinweg treffen darf.

Demnach müssen die Abgeordneten dem Antrag des Landes auf einen Austritt aus der Europäischen Union nach Artikel 50 zustimmen. Der von Gegnern der Regierungschefin angerufene High Court gab der Klage in dem brisanten Verfassungsstreit statt, der den Brexit-Zeitplan und eventuell sogar den Austritt an sich infrage stellen könnte.

May lehnt es ab, nach dem Anti-EU-Votum der Bevölkerung die Parlamentarier über einen Ausstieg aus der EU abstimmen zu lassen. Das Gericht machte ihr nun einen Strich durch die Rechnung und erklärte, es akzeptiere die vorgebrachten Argumente nicht. Handelsminister Liam Fox äußerte sich enttäuscht über die Niederlage in dem Rechtsstreit, der nun vor den Obersten Gerichtshof kommt: «Die Regierung ist entschlossen, den Ausgang des Referendums zu respektieren.»

Verhaltenes Echo in Europa

May hatte den Beschwerdeführern um die Fondsmanagerin Gina Miller vorgeworfen, den im EU-Austrittsreferendum geäußerten Volkswillen unterlaufen zu wollen. Die Briten votierten im Juni überraschend für den Brexit. Die Premierministerin will den Antrag bei der EU bis Ende März 2017 stellen. Danach beginnt der zweijährige Austrittsprozess. Ihre Plänen könnten nun aber gründlich durcheinandergewirbelt werden.

In Europa löste die Entscheidung der Londoner Richter ein verhaltenes Echo aus: Die EU-Kommission in Brüssel äußerte sich nicht zu dem Urteil. Behördenchef Jean-Claude Juncker will jedoch am Freitagmorgen auf Bitten der Premierministerin die Lage am Telefon mit ihr erörtern.

Eine Mehrheit im Parlament für den Brexit gilt keineswegs als sicher: «Die Tür zum Verbleib in der Europäischen Union hat sich mit dem Urteil ein Stück weit geöffnet. Eine Mehrheit der Abgeordneten im britischen Parlament ist bekanntlich gegen den Brexit», sagte Ökonom Jens Kramer von der NordLB. Die Hoffnung auf einen Aufschub beim geplanten EU-Austritt trieb das Pfund Sterling erstmals seit drei Wochen wieder über 1,24 Dollar.

Für die britische Wirtschaft steht viel auf dem Spiel

Das letzte Wort ist in Sachen Parlamentsbeteiligung jedoch noch nicht gesprochen, da sich nun der Oberste Gerichtshof mit der Sache befassen wird. Laut einem Anwalt der Regierung ist dort für eine Anhörung bereits ein Zeitfenster Anfang Dezember reserviert.

Auch für den für die britische Wirtschaft extrem wichtigen Bankensektor steht mit dem Brexit viel auf dem Spiel. Sollte Großbritannien den Zugang zu den Finanzmärkten in der EU behalten wollen, müsse das Land auch nach dem Austritt die Regeln der Gemeinschaft akzeptieren, betonte das französische EZB-Ratsmitglied François Villeroy de Galhau.

Geldinstitute und Versicherer sollen sich zur Sicherheit auf die Möglichkeit eines «harten Brexit» vorbereiten. Dieser Fall würde eintreten, wenn es zu einem EU-Austritt des Landes ohne freien Zugang zum europäischen Binnenmarkt käme.