In einem Präzedenzfall um die Veröffentlichung eines historischen Aktgemäldes hat Facebook in Frankreich eine empfindliche Niederlage eingesteckt. Ein Berufungsgericht in Paris entschied am Freitag gegen den US-Internetkonzern. Der kann allerdings noch einmal Widerspruch beim höchsten französischen Gericht einlegen.
Stein des Anstoßes ist das berühmte Gemälde «Der Ursprung der Welt» von Gustave Courbet, gemalt 1866. Das Original ist im Pariser Musée d’Orsay ausgestellt. Ein Lehrer und Kunstliebhaber hatte das Bild, das weibliche Genitalien zeigt, vor fünf Jahren auf seine Facebook-Seite gestellt. Noch am selben Tag sperrte das Netzwerk seine Seite. Eine Erklärung dafür gab es nicht.
Der heute 57-jährige Kunstfreund verklagte den Anbieter darauf, das Konto zu reaktivieren. Zudem will er 20.000 Euro Schadenersatz. In dem langwierigen Rechtsstreit ging es zunächst darum, welches Gericht zuständig ist. Die Anwälte von Facebook betonten, das Verfahren könne nur von einem speziellen Gericht in Kalifornien abgewickelt werden, weil das in den Nutzerregeln so vorgesehen sei. Das bezeichnete das französische Gericht als unfair und übertrieben und bestätigte damit den Spruch der unteren Instanz. Das bedeutet, dass der Kläger seine Ansprüche tatsächlich vor einem französischen Gericht geltend machen kann – falls das Urteil Bestand hat.
«Extrem prüde»
«Das ist eine große Befriedigung und ein großer Sieg nach fünf Jahren Rechtsstreit», sagte Klägeranwalt Stephane Cottineau der Nachrichtenagentur AP. Damit stehe fest, dass «Webgiganten sich für ihre möglichen Fehler vor französischen Gerichten verantworten müssen». Inhaltlich sagte er zu dem Fall: «Auf der einen Seite zeigt Facebook totale Toleranz gegen Gewalt und Ideen, die im Netzwerk verbreitet werden. Auf der anderen Seite zeigt es sich extrem prüde, wenn es um den Körper und Nacktheit geht.»
Facebook war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. In den Nutzungsregeln steht, dass das Zeigen von Nacktheit beschränkt werde, weil einige Nutzer aus kulturellen Gründen sensibel reagieren könnten. Doch heißt es auch, Kunstwerke mit Darstellung von Nacktheit würden geduldet. Die Klägeranwälte sagen, die Formulierung sei erst in jüngerer Zeit geändert worden. Facebook hat rund 30 Millionen Nutzer in Frankreich.
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