EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte, damit stehe ein «solides und faires politisches Mandat» der 27 EU-Staaten für die Brexit-Gespräche bereit. Nach dem Brexit-Referendum im vergangenen Juni hatte Großbritannien vor einem Monat offiziell seinen EU-Austritt erklärt, der Ende März 2019 erfolgen soll.
Guidelines adopted unanimously. EU27 firm and fair political mandate for the #Brexit talks is ready. #EUCO
— Donald Tusk (@eucopresident) 29. April 2017
Die Staats- und Regierungschefs der anderen 27 EU-Staaten zogen nun die «roten Linien» für die Austrittsgespräche, die ab Juni von der EU-Kommission geführt werden sollen. Die Leitlinien waren in den vergangenen Wochen durch die Europaberater der Staats- und Regierungschefs vorbereitet worden. Ein EU-Vertreter sagte, die Leitlinien seien nun nur eine Minute nach Gipfel-Beginn angenommen worden. Der Luxemburger EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sprach in seinem Tweet von «weniger als einer Viertelstunde».
#EUCO: Unity in action: #EU27 adopt #Article50 Guidelines in less than 15 minutes. #Brexit
— Jean-Claude Juncker (@JunckerEU) 29. April 2017
Im Anschluss begann eine Aussprache der Staats- und Regierungschefs. Dabei konnten einzelne Mitgliedstaaten darlegen, welche Schwerpunkte sie in den Verhandlungen setzen wollen. Dies soll in das Mandat für den Brexit-Verhandlungsführer der EU-Kommission, Michel Barnier, einfließen.
Auch mögliches Scheitern soll vorbereitet werden
Nach den Leitlinien strebt die EU einen «geordneten Austritt» Großbritanniens an. Die Staats- und Regierungschefs fordern aber auch die Vorbereitung auf ein mögliches Scheitern der Gespräche. Festgelegt wird der Ablauf der Austrittsgespräche in zwei Stufen: Über die künftigen Beziehungen soll mit London erst gesprochen werden, wenn es «ausreichende Fortschritte» bei den Austrittsfragen gebe. Ein «Rosinenpicken» Londons will die EU nicht erlauben, etwa bei der Frage, ob Großbritannien weiter Zugang zum EU-Binnenmarkt erhält. Gleichzeitig verlangt die EU, dass London alle finanziellen Verpflichtungen erfüllt, die sich aus er EU-Mitgliedschaft ergeben.
Dies gilt als einer der schwierigsten Bereiche, denn in Brüssel wird die Forderung an London auf bis zu 60 Milliarden Euro geschätzt. Wobei nicht jeder damit glücklich ist, dass diese Summe im Raum steht: Juncker wies sie beispielsweise vor dem Gipfelauftakt als bereits feststehende konkrete Forderung zurück (Link).
Bürger seien «Priorität Nummer eins»
Frankreichs Präsident François Hollande sagte, der Brexit werde für das Vereinigte Königreich «natürlich einen Preis und Kosten» haben. Ziel sei zwar nicht eine Bestrafung Londons für den EU-Austritt, sagte Hollande. Es sei aber klar, dass «Europa seine Interessen zu verteidigen weiß und dass Großbritannien außerhalb der EU morgen eine weniger gute Position haben wird als in der EU». «Wir wollen auch in Zukunft gute Beziehungen zu Großbritannien, aber wir wollen auch als 27 unsere Interessen gemeinschaftlich vertreten», sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel. Klar sei, dass zunächst die Trennungsverhandlungen geführt würden, bevor ab einem bestimmten Verhandlungsstand auch über die künftigen Beziehungen mit Großbritannien geredet werden könne.
Neben den finanziellen Verpflichtungen nannte Merkel die Frage des Umgangs mit den vom Brexit betroffenen Bürgern als wichtiges Verhandlungsthema. Für Tusk ist das Schicksal der gut drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien und der gut eine Million Briten, die auf dem Kontinent leben, sogar «Priorität Nummer eins». Auf Druck Polens und Ungarn wurde in die Leitlinien die Forderung aufgenommen, dass EU-Bürger, die bereits fünf Jahre im Vereinigten Königreich leben, dauerhaft bleiben können. In der Frage werden laut Text «gegenseitige Garantien» angestrebt, die dann auch für 1,2 Millionen Briten auf dem Kontinent gelten sollen.
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