Der milliardenschwere Spekulationsverlust von JPMorgan Chase scheint erste Konsequenzen nach sich zu ziehen. Wie das «Wall Street Journal» und die «New York Times» am Sonntag unter Berufung auf eingeweihte Personen berichten, wird der Abgang von drei ranghohen Bankmanagern erwartet. Sie alle arbeiten im sogenannten Chief Investment Office. Die Sparte hatte mit ihren Finanzwetten binnen sechs Wochen rund 2 Milliarden Dollar (1,5 Mrd Euro) verloren und damit die Reputation der größten US-Bank schwer beschädigt.
Unter den Bankern, die demnach wohl im Laufe der Woche das Institut verlassen, ist nach diesen Angaben Ina Drew. Sie führt seit 2005 das Chief Investment Office. Die 55-Jährige ist eine der mächtigsten Frauen an der Wall Street. Im vergangenen Jahr kassierte sie noch ein Gehalt von 15,5 Millionen Dollar und damit mehr als so mancher Bankchef. Die beiden weiteren genannten Banker arbeiten unter Drew im Londoner Wertpapier-Handel von JPMorgan, wo die Verluste aufgelaufen sind. Die Bank selbst äußerte sich nicht.
Verzockt und entlassen
Drew gilt als eine der engsten Vertrauten von JPMorgan-Chef Jamie Dimon. Sie hatte mit ihrem Team dazu beigetragen, dass JPMorgan glimpflich durch die Finanzkrise kam und die Bank of America als größtes Kreditinstitut der Vereinigten Staaten überholte. Drew habe Dimon mehrfach ihren Rücktritt angeboten, nachdem der Milliardenverlust offensichtlich wurde, hieß es in den Zeitungen übereinstimmend, doch Dimon habe sie bislang nicht ziehen lassen wollen.
Nach Angaben des «Wall Street Journal» dürfte auch Bruno Iksil die Bank verlassen. Der ebenfalls in London stationierte JPMorgan-Händler erlangte in der Finanzwelt Berühmtheit, als mehrere US-Medien enthüllten, dass er ein derart großes Rad mit sogenannten Derivaten drehte, dass der gesamte Kreditmarkt merklich verzerrt wurde. In der Branche bekam er den Spitznamen «Wal von London» verpasst. Diese gigantischen Wetten führten am Ende zu dem Milliardenverlust.
Immenser Image-Schaden
JPMorgan-Chef Jamie Dimon hatte das Debakel am späten Donnerstag eingeräumt, am Freitag war der Aktienkurs um 9 Prozent eingebrochen. Nach US-Medienberichten schauen sich nun die Finanzaufseher die schief gegangenen Geschäfte an. «Es gibt dafür eigentlich keine Entschuldigung», sagte der mächtigste Banker des Landes in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit den Sender NBC.
Für eine Bank von der Größe JPMorgans ist der Verlust des Geldes nicht das Problem. Das Problem ist der Imageschaden. Dimon ist unter den Wall-Street-Größen der wortgewaltigste Gegner einer strengeren Bankenregulierung. «Das ist eine ziemlich unglückliche Zeit für einen solchen Fehler», räumte Dimon in dem Interview ein. Politiker in Washington forderten übers Wochenende mit Nachdruck strengere Auflagen für die Branche.
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