Headlines

Back to the past

Back to the past
(Pixabay )

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Das Nokia 3310 kommt zurück, die Polaroids knipsen wieder und alle laufen mit Streifen-Adidas rum. Wir leben wieder in der Vergangenheit.

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Nokia bringt den legendären 3310 zurück. Schon träumen alle von süchtigmachenden Snakepartien und wieder unzerstörbaren Handys. Die Entscheidung des Herstellers ist allerdings auf keinen Fall nur ein Marketing-Gag. Das Modell wird für 59 Euro vertickt. Nicht wenig für ein steinschweres Ding, mit dem man neben Snake spielen eigentlich nur telefonieren und Nachrichten schreiben kann. Nix Facebook, nix Snapchat, nix WhatsApp.

Nein, die Entscheidung von Nokia ist ein Geniestreich und symptomatisch für unsere Zeit. Wir leben nämlich längst wieder in der Vergangenheit. Hierfür braucht man sich nur etwas umzusehen. Unser Konsum könnte der unserer Eltern oder, für die ältere Generation, unseres früheren Ich sein.

Alles wie früher

Läuft man durch die Straßen, sieht man überall Leute mit alten Nikes oder Streifen-Adidas. Wir hören wieder Musikplatten, stecken wieder Bleistifte in Kassetten. Niemand spielt mehr Call of Duty auf der neuesten Playstation, alle spielen wieder Mario Kart auf der uralten Gamecube. Die, die etwas Nützliches machen wollen, lernen nähen oder häkeln.

Wir feiern sogar wie früher.

Diskotheken haben langsam ausgedient. Die Leute zieht es wieder in die Cafés, wo sie an ihren Gin Tonics schlürfen und sich mit Polaroids abfotografieren. Das «Atelier» hat den Hype gespürt und organisiert mit riesigem Erfolg 80’s-Parties. Oder 90’s. Egal. Hauptsache Retromucke.

Money, money, money, must be funny

Die Geschäftsleute mit dem richtigen Riecher springen auf den Zug auf. Secondhandläden sprießen aus dem Boden, um die schier unglaubliche Nachfrage an alten Kleidern zu bedienen. Auf Flohmärkten rumzuschlendern, ist keine Sonntagsbeschäftigung für alte Damen und Herren, sondern hip. Dort werden dann alte Möbel für viel Zaster verklappert, die früher wohl kaum für ein paar Euro über die Theke gegangen wären.

Auch bei Film und Fernsehen wird wieder auf die Vergangenheit gesetzt. Zwei Serien, die im letzten Jahr durch die Decke gingen, setzen beide nur auf «Retro». Einerseits «Fargo», ein Remake eines Klassikers aus den 90ern, und andererseits die Erfolgsserie «Stranger Things», die alte Zeiten einfach neu aufrollt. Setting in den 80ern mit Synthesizertönen, die durch die Lautsprecher beepen.

Ja, aber … wieso?

Es gibt doch eigentlich so viel Neues und ein Kollege meinte letztens noch witzelnd: «Könnt ihr nicht einfach eure eigene Jugend haben, anstatt unsere zu klauen?» Die naheliegendste Erklärung ist wohl die passendste. Die Gesellschaft sehnt sich in einer sich immer schneller digitalisierenden Welt nach Einfachheit.

Wenn die Leute sagen, früher war alles besser, mag das nicht stimmen. Früher war alles einfacher, würde dagegen eher passen. Die Sehnsucht nach Vergangenheit kann eine Art Flucht vor der komplexen Realität sein. Doch was viele beim Retrohype vergessen: Wir denken nur allzu gerne an die schönen Erinnerungen zurück. Die schlechten hingegen vergessen wir.