Neuer Tiefschlag für Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi: Überraschend hat sich am Mittwoch sein Außenminister Mussa Kussa nach Großbritannien abgesetzt. Er wolle dem Regime in Tripolis nicht länger dienen, ließ er mitteilen. Nach einem ersten Streit innerhalb der Nato über mögliche Waffenlieferungen an die Rebellen kamen aus Washington Berichte, dass Geheimdienstagenten aus den USA und Großbritannien sowie Kommandotruppen die Aufständischen bereits direkt unterstützen.
NATO übernimmt Kommando
Die NATO hat am Donnerstag das alleinige Kommando über die Luftangriffe auf Libyen übernommen. Seit 08.00 Uhr liege die Kontrolle beim Bündnis, teilte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit. Bislang hatten die USA die Luftangriffe auf die Truppen von Machthaber Muammar al Gaddafi gesteuert. Diese waren am 19. März von Frankreich gestartet worden, um den Sturm auf die Rebellenhochburg Bengasi in letzter Minute zu stoppen.
dapd
Libyens Außenminister Mussa Kussa, der am Mittag noch auf der tunesischen Ferieninsel Djerba mit französischen Regierungsbeamten verhandelt hatte, traf am Abend in Großbritannien ein. Der bisherige Vertraute von Machthaber Muammar al-Gaddafi sei auf dem Flughafen Farnborough bei London gelandet, berichtete die BBC. Nach Informationen des britischen Außenministeriums ist Kussa vom Amt des Außenministers zurückgetreten. Er sei aus eigenem Willen nach London gekommen und wolle nicht länger dem Regime Gaddafis dienen.
Lager-Wechsel
Vor Mussa Kussa hatten schon andere Mitglieder der libyschen Führungsriege Gaddafi die Gefolgschaft verweigert. Ex-Justizminister Mustafa Abdul Dschalil schloss sich gleich nach den ersten blutigen Zusammenstößen den Aufständischen an und wurde Mitglied der Übergangsregierung in Bengasi. Auch einer der wichtigsten Ökonomen in Tripolis, Mahmud Dschibril, wechselte die Fronten und ist jetzt Ministerpräsident der Übergangsregierung. Viele Offiziere haben sich ebenfalls von Gaddafi losgesagt.
Nach den jüngsten Rückschlägen der Aufständischen im Kampf gegen die Milizen Gaddafis entbrannte am Mittwoch ein Streit innerhalb der Nato über mögliche Waffenlieferungen an die Rebellen. Während die USA und Großbritannien die UN-Resolution zur Unterstützung des libyschen Volkes so auslegen, dass Waffenlieferungen möglich sind, sprachen sich Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen und auch die italienische Regierung klar dagegen aus. US-Präsident Barack Obama in einem Interview des Sender NBC Militärhilfen nicht ausschließen.
Geheimdienste und Rebellen
Nach einem Bericht der «New York Times» vom Mittwoch (Ortszeit) erhielten die Aufständischen Hilfe bereits in anderer Form. Demnach unterstützt der US-Geheimdienst CIA die libyschen Rebellen seit Wochen mit verdeckten Aktionen. Die Spione kundschafteten mögliche Ziele für Luftschläge aus und versuchten überdies, Kontakte zu den Aufständischen zu knüpfen, berichtete das Blatt. Nach Angaben britischer Regierungsbeamter arbeiteten «Dutzende» Agenten des Geheimdienstes MI6 und Mitglieder von Spezialkommandos in Libyen. Sie versorgten die britischen Streitkräfte mit Informationen über Ziele für Luftschläge, Stellungen und Bewegungen von Gaddafis Militär.
Das Weiße Haus lehnte es derweil ab, sich zu Geheimdienst-Missionen zu äußern. «Es ist gängige Praxis für diese und alle anderen US-Regierungen, sich zu Geheimdienst-Angelegenheiten nicht zu äußern», teilte Präsidentensprecher Jay Carney mit. Es gebe nach wie vor keine Entscheidung darüber, die Regimegegner oder irgendeine andere Gruppe in Libyen mit Waffen zu versorgen. «Weder schließen wir es aus, noch schließen wir es ein», erklärte er. «Wir erörtern und prüfen Optionen für alle Arten von Unterstützung, die wir dem libyschen Volk geben können.»
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