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Plantagen und Profit gegen Primaten

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Umwelt- und Tierschützer schlugen als erste Alarm, jetzt untersuchen die Behörden, aber das Desaster ist schon da: 100 Orang-Utans sind auf Sumatra verendet, weil Plantagenbauer ihren Lebensraum abfackeln.

Rahul ist ein zweijähriges Orang-Utan-Baby, elternlos gefunden am Rand des Tripa-Waldes in Sumatra. Der Kleine ist Opfer rücksichtsloser Plantagenbauer, sagen Tierschützer. Seit Monaten wird in dem Wald gnadenlos gerodet und abgefackelt, um Platz für Palmölplantagen zu machen. Einen ausgewachsenen Orang-Utan entdeckten die Tierschützer auch, in einem winzigen noch verbliebenen Waldstück, in dem er zwischen den wenigen Bäumen nicht genug essen zum Überleben fand. «Wir mussten ihn retten. Er wäre sonst verhungert», sagt Ian Singleton, Direktor des Sumatra-Orang- Utan-Schutzprogramms. Auch Rahul kam in die Obhut seiner Pfleger.

Der Tripa-Torfmoorwald im Norden Sumatras in der Provinz Aceh war eines der wenigen verbliebenen Rückzuggebiete der wildlebenden Orang-Utans. Doch er schwindet in rasantem Tempo. «Wenn es so weitergeht, wird es Ende des Jahres dort keine Orang-Utans mehr geben», glaubt das Umweltschützerbündnis «Coalition to Save Tripa», zu dem auch Greenpeace gehört. 100 Tiere seien in letzter Zeit verendet, nur noch 200 am Leben. Insgesamt wird die Zahl der Orang-Utans auf Sumatra auf 6600 geschätzt.

Nur noch ein Viertel des Waldes intakt

Umweltschützer schlagen seit Wochen Alarm. Nur noch 14 000 der einst 60 000 Hektar Wald in der Region seien intakt. Sie haben in dem Gebiet im März mehr als 40 Brandherde ausgemacht. Brandrodung ist in Indonesien verboten, aber weit verbreitet, um schnell große Flächen zu räumen. «Die Palmölfirmen fackeln die Torfmoorwälder ab und verstoßen damit gegen indonesische Gesetze», sagt Singleton.

Die Firma Pt Kallista Alam, die in der Region Plantagen bauen will, weist alle Vorwürfe zurück. Sie habe erstens eine gültige Lizenz für die Umwandlung von 1600 Hektar Wald in Plantagen, genehmigt vom Gouverneur von Aceh höchstpersönlich, sagt Personalchef Idris Ginting. «Wie können wir mit einer Lizenz des Gouverneurs gegen Gesetze verstoßen?», fragt er. Zweitens lege Kallista keine Brände. «In der Gegend haben einheimische Bauern auch Plantagen – sie haben keine Maschinen und fackeln deshalb ab.»

Firma legte vorsätzlich Brände

Das nationalen Behörden in Jakarta bezweifeln das. Die Brände seien «systematisch und wohlgeplant» gelegt worden, Kallista habe wahrscheinlich gegen mehrere Gesetze verstoßen, hielt die Klimaschutz-Behörde fest. Sie bestätigt zudem, dass der Tripa-Wald im Leuser-Ökosystem liegt, das seit 2008 vor kommerzieller Ausbeutung geschützt ist. Sie empfahl Ermittlungen des Umweltministeriums und der Polizei. Beim Abbrennen von Torfmoorwäldern wie in Tripa entsteht besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid (CO2), weil nicht nur die Bäume, sondern auch die Böden metertief ausbrennen.

Doch die Mühlen mahlen langsam. «Wir prüfen, ob Palmölfirmen in der Region Umweltstudien durchgeführt haben», sagt Sudariyono, stellvertretender Chef der Rechtsabteilung des Umweltministeriums. Die Umweltschützer haben in der Provinz Aceh gegen die Lizenzvergabe geklagt. Die Regierung in Jakarta hat im Mai 2011 ein Moratorium verhängt, das neue Umwandlungen von Primärwäldern verbietet.

Ein Naturschutzgebiet

Der Tripa-Wald sei auf der ursprünglichen Landkarte der Schutzgebiete verzeichnet gewesen, sagt die Umweltschutzgruppe Walhi. Die Lizenz ging im August an Kallista. Im November sei das Gebiet auf einer neuen Landkarte mit den Schutzgebieten plötzlich verschwunden.

Ein Gericht in Aceh hat die Umweltschützerklage abgeschmettert. Jetzt geht es vor ein höheres Gericht. Singleton bleibt optimistisch. «Wenn dieser Fall nicht zu unseren Gunsten entschieden wird, heißt das: Der Rechtsschutz, wenn es um Umweltsünden geht, ist ein Witz.»