Allein in Sachsen wurden um die 1.500 Menschen evakuiert, im Dreiländereck Deutschland/Polen/Tschechien gab es mindestens zehn Tote. Der sächsische Innenminister Markus Ulbig sprach von einer «sehr ernsten Lage», zum Teil galt Katastrophenalarm. Kritisch war die Lage im Landkreis Görlitz, aber auch im Raum Zittau und Weißwasser sowie rund um Chemnitz. Der Pegel der Neiße in Görlitz hatte am Sonntagvormittag mit 7,07 Metern einen Höchststand erreicht – normal sind zu dieser Jahreszeit 1,70 Meter. Im Lauf des Tages sank der Pegel allmählich wieder. Für die Spree in der Lausitz galt die höchste Hochwasserwarnstufe 4. Im Bereich der Elbzuflüsse kam es neben Hochwasser auch zu Erdrutschen. Entwarnung konnte auch am Sonntag noch nicht gegeben werden. Aktuell entspanne sich die Lage zwar vorübergehend, nachdem der Dauerregen nach Nordosten abgezogen sei, erklärte der Deutsche Wetterdienst. Von Westen ziehe aber schon wieder ein neuer Tiefausläufer mit weiteren Schauern und Gewittern heran. Zudem wurden auch Brandenburg und Sachsen-Anhalt zunehmend vom Hochwasser bedroht.
Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich, der sich am Sonntag in der Sächsischen Schweiz und Görlitz vor Ort ein Bild machte, stellte finanzielle Hilfe des Landes und der Kommunen für die Hochwasseropfer in Aussicht. Darüber werde am Montag beraten, sagte er vor Journalisten. Nach seiner Einschätzung sei aber das Gröbste überstanden. Das Wasser laufe langsam ab. Mit den gewaltigen Schäden des Jahrhunderthochwassers vor acht Jahren sei das jetzige nicht vergleichbar, es seien die richtigen Lehren gezogen worden. Die Landesregierung richtete auch ein Spendenkonto für die Flutopfer ein.
Tod im Keller
Im sächsischen Neukirchen waren am Samstag beim Auspumpen eines Kellers die Leichen von zwei Männern und einer Frau im Alter zwischen 63 und 74 Jahren gefunden worden. Wie die Polizei in Chemnitz mitteilte, hatten sie offenbar versucht, ihr dort befindliches Hab und Gut vor den eindringenden Wassermassen zu retten, und waren dabei ertrunken. In Tschechien ertranken vier Männer. Drei weitere Hochwassertote wurden in Polen gemeldet. Im Landkreis Görlitz herrschte seit Samstagnachmittag, 16.00 Uhr, Katastrophenalarm, später kamen Teile der Sächsischen Schweiz hinzu. Der Sprecher des Innenministeriums, Frank Wend, sagte der Nachrichtenagentur DAPD, in der betroffenen Region sei es das schlimmste Hochwasser seit über 100 Jahren. Mehrere Orte und Ortsteile wurden wegen Überschwemmungen der Neiße und Mandau evakuiert. In Zittau wurde ein Wohngebiet überschwemmt, so dass die Menschen dort eingeschlossen waren. Zudem mussten der Zugverkehr teilweise eingestellt und die Autobahn 72 vorübergehend gesperrt werden.
Erheblich verschärft hatte sich die Lage nach dem Bruch einer Staumauer am polnischen Fluss Witka bei Radmeritz in der Nähe der deutschen Grenze. Der sächsische Innenminister Ulbig sagte im Sender MDR Info, dadurch seien zusätzliche Wassermassen in das ohnehin schon von Hochwasser betroffene Gebiet geströmt. Schäden gab es auch an historischen Häusern in der Görlitzer Altstadt. Das Deutsche Rote Kreuz war mit mehr als 100 Kräften im Einsatz, darunter Luftretter mit Spezialausbildung. Zudem wurden Hubschrauber zur Rettung der von den Fluten bedrängten Menschen eingesetzt. Diese retteten in der Nähe der polnischen Grenze fünf von den Wassermassen eingeschlossene Menschen vorm Ertrinken, wie der Einsatzleiter der Bundespolizei in Niesky mitteilte.
Starnberger See übergelaufen
Ein für Montag geplantes Treffen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit seinem polnischen Amtskollegen zur Sicherheit im Grenzgebiet wurde wegen der Flutkatastrophe abgesagt. Die Pegelstände der Elbe stiegen am Sonntag noch. Kritisch war die Lage in Tschechien, wo ebenfalls mehr als 1.000 Menschen vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht werden mussten. In Chrastava an der Lausitzer Neiße und der am Nebenfluss Smeda gelegenen Ortschaft Frydlant wurden Einwohner mit Hubschraubern von den Dächern ihrer Häuser gerettet. In Bayern brachte der Dauerregen den Starnberger See zum Überlaufen, wie Meteorologin Dorothea Paetzold vom Deutschen Wetterdienst berichtete.
AP
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