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Kugelhagel auf Ärzteteam in Afghanistan

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Für Erblindete, schwer leidende und behinderte Menschen in den entlegensten Dörfern der Welt sind die engagierten Ärzte von Hilfsorganisationen die einzige Rettung.

(aktualisiert 07.08.2010, 18:55 Uhr)

Teams von etwa zehn Mitarbeitern richten ein «Augencamp» ein – in einer Schule oder einem entsprechend großen Raum, der viele Menschen aufnehmen kann. Denn der Andrang ist immer groß. Nach einem solchen Einsatz haben Bewaffnete zehn Mitglieder eines Hilfsteams im Norden Afghanistans erschossen, darunter eine Deutsche.

«Traurige Nachrichten aus Afghanistan» meldet die Christoffel-Blindenmission Deutschland (CBM) in Bensheim (Hessen) am Samstagnachmittag. Bei den Getöteten handelte es sich um Mitglieder eines Augenteams des CBM-Partners International Assistance Mission (IAM). Das Team war in abgelegenen Dörfern unterwegs gewesen auf Einladung einiger dortiger Gemeinden. Nachdem sie ihre drei Wochen dauernde medizinische Arbeit in der Provinz Nuristan beendet hatten, waren sie Richtung Kabul zurückgereist. Der Polizeichef der Provinz Badachschan, General Agha Nur Kemtus, teilte mit, die Erschossenen seien am Freitag in einem Wald in Basaschstan (die Provinz liegt östlich von Kundus) bei ihren von Kugeln durchsiebten Allradautos gefunden worden. Dorfbewohner hätten die Gruppe davor gewarnt, dass die Gegend unsicher sei. «Wir arbeiten mit Sicherheitsorganisationen zusammen», sagte die stellvertretende Pressereferentin der CBM, Ulrike Loos, auf DAPD-Anfrage. «Wir hören auf deren Rat.» Vor einem Einsatz werde eine Sicherheitsexpertise gestellt, das sei extrem wichtig, erklärte Loos. «Wir arbeiten immer so, dass wir das Risiko ‹handlen› können.»
Allerdings sei auch klar, dass immer ein Restrisiko bleibe. Ob es einen «speziellen Schutz» für die Teams gebe, sei ihr nicht bekannt, sagte die Sprecherin. Für Mitarbeiter der sogenannten «staatlichen Durchführungsorganisationen» wie dem Deutschen Entwicklungsdienst, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und GTZ gilt ein eigens eingerichtetes Sicherheitssystem, erklärte der Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Sebastian Lesch, dem DAPD. In das Konzept eingebunden seien auch NGO (Nichtregierungsorganisationen), die Geld vom deutschen Steuerzahler erhalten.

Zweifel an angeblichen Motiven der Taliban

Die CBM ist selbst nicht in Afghanistan tätig, sondern arbeitet seit mehr als 30 Jahren mit der IAM zusammen, wie die Sprecherin erklärte. Die Mitarbeiter der Ärzteteams würden auch alle von der IAM eingestellt. CBM beteiligt sich laut Loos aber an der Ausbildung der Mitarbeiter vor Ort. Die Taliban bekennt sich zu dem Anschlag. Ihr Sprecher Sabjullah Mudschahid erklärte, die Ausländer hätten für die USA spioniert und «für das Christentum missioniert». IAM-Direktor Dirk Frans und Polizeichef Kemtus äußerten jedoch Zweifel an der Täterschaft der Taliban. Kemtus sagte, nach Darstellung von Beamten vor Ort hätten zehn Bewaffnete das Ärzteteam ausgeraubt und danach erschossen. Frans betonte, die IAM sei zwar als christliche Organisation registriert, missioniere aber nicht. Auf ihren Internet-Seiten nennt sie als ihre Aufgabenbereiche neben der Gesundheitsversorgung unter anderem auch erneuerbare Energien und Englischunterricht. Die IAM konzentriert ihre Arbeit nach eigenen Angaben auf unterversorgte Regionen, in denen Hilfe am meisten gebraucht wird. Die freiwilligen Helfer seien zum Teil auf eigene Kosten im Einsatz.

Auch die deutsche Organisation wies Vorwürfe einer Missionierung zurück. «Als CBM unterstützen wir es auch nicht», sagte Sprecherin Loos. «In einem Land wie Afghanistan muss man sich zurückhalten.» Loos betonte: «Wir helfen jedem, egal welcher Nationalität oder welchen Glaubens sie sind.» Möglicherweise muss nun die Hilfe aus Sicherheitsgründen eingeschränkt werden. «Wir wissen noch nicht, was daraus wird», sagte die Sprecherin.

AP