Der verräterische Chat des Whistleblowes

Der eine gilt als Held, der andere als Verräter. Wobei es eine Frage des Standpunkts ist, wer welche Rolle einnimmt. Der US-Soldat Bradley Manning soll dem Online-Portal Wikileaks die Geheimdaten geliefert haben, die weltweit für Furore sorgten. Im Internet vertraute er sich unter dem Namen bradass87 dem bekannten Ex-Hacker Adrian Lamo an – worauf dieser Manning beim FBI verpfiff. Seit Juni 2010 sitzt der Soldat im Gefängnis.

Das Online-Magazin «Wired» hat nun das vollständige Protokoll des Chats zwischen Manning und Lamo veröffentlicht. Vor einem Jahr waren bereits Auszüge erschienen, was bei der Internet-Community auf Kritik stieß. «Wired» halte Informationen zurück, die bei Mannings Verteidigung helfen könnten, hieß es etwa. Das Magazin wehrte sich: Der größte Teil des Protokolls sei irrelevant, und man wolle Bradley Mannings Privatsphäre schützen.

Homosexueller Soldat

Nun hat «Wired» nachgegeben, auch weil andere Medien weitere Chatprotokolle von bradass87 publiziert hatten. Dabei zeigt sich, dass «Wired» wohl recht hatte: Der größte Teil des Chats betrifft nicht Wikileaks, sondern persönliche Dinge, vor allem solche sexueller Art. Bradley Manning haderte mit der Tatsache, dass er als Soldat seine Homosexualität verheimlichen musste, er soll auch über eine Geschlechtsumwandlung nachgedacht haben.

Nun wartet er auf seinen Prozess vor einem Militärgericht, ihm drohen bis zu 52 Jahren Gefängnis. Juan Méndez, der UNO-Sonderberichterstatter für Folter, kritisierte die USA erst kürzlich dafür, dass sie ihm kein vertrauliches Gespräch mit dem 23-Jährigen ermöglichen. Doch auch Adrian Lamo zahlte einen hohen Preis, für viele ist er laut «Guardian» der «meistgehasste Hacker der Welt». Das «New York Magazine» hat Lamo in einem Motel auf Long Island aufgespürt, wo er weitgehend isoliert lebt.