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Big-Ben-Turm neigt sich

Big-Ben-Turm neigt sich

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Geht er wie die britische Wirtschaft in die Knie oder verneigt er sich vor der Queen? Der Turm von Big Ben, Londons Wahrzeichen, ist in Schieflage. Einsturzgefahr besteht aber erst in 4000 Jahren, sagen Experten.

In Großbritannien ist zuletzt einiges aus dem Lot geraten: Die Volkswirtschaft lahmt, die Gesellschaft ist laut Premierminister David Cameron «kaputt», und im Königshaus läuft auch nicht immer alles rund. Jetzt schwächelt sogar das Symbol der einstigen Weltmacht schlechthin: Der Turm von Big Ben, zu Zeiten scheinbar unumstößlicher Machtfülle des britischen Empires 96 Meter hoch in den Himmel über der Themse ragend erbaut, ist in Schieflage geraten. Ein entsprechendes Gutachten musste die Regierung nun auf Druck des «Sunday Telegraph» veröffentlichen.

Logo" class="infobox_img" />Der schiefe Turm von London.

Die gusseiserne Spitze des Glockenturms befindet sich bereits etwa einen halben Meter nordwestlich des Mittelpunkts am Boden, ergab das Gutachten. Der Winkel, in dem sich der Turm neige, betrage derzeit 0,26 Grad. Das sei schon mit dem bloße Auge sichtbar, sagt der Bauexperte John Burland, der mit den Statik-Messungen betraut ist. Die Neigung ist allerdings längst nicht so drastisch wie etwa beim Schiefen Turm von Pisa, der um mindestens vier Grad, nach Burlands Angaben sogar um fünf Grad, aus dem Lot hängt.

Entwarnung

Nach Auffassung der Experten bedeutet die Messung in London erst einmal Entwarnung. Bis der Turm mitsamt der 17 Tonnen schweren Glocke Big Ben ins Kippen gerät, vergehen noch mindestens 4000, vielleicht auch 10 000 Jahre – wenn vorher nichts dagegen getan wird.

Über die wahren Gründe für die Schieflage wird bisher nur spekuliert. Mögliche Variante: Dem Turm wurde langsam aber sicher der Boden unter den Füßen weggezogen. Nicht nur die Kanalisation entlang der in unmittelbarer Nähe vorbeifließenden Themse könnte eine Rolle spielen. Östlich des Turms haben die Tunnelbauer die U-Bahnschächte immer wieder vorangetrieben. Westlich wurde der Boden wegen des Baus eines Parkhauses für die Abgeordneten und Bediensteten des britischen Parlaments ausgehöhlt.

Bautätigkeit nicht schuld

Dagegen spricht allerdings: Die angrenzenden Gebäude weisen keine ähnlichen Setzungen auf. «Der Grund der Ausgangsneigung ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die Bautätigkeit in der Nähe», sagte Burland der Nachrichtenagentur dpa. «Es ist viel wahrscheinlicher, dass die Neigung schon beim Bau der Fundamente auf unebenem Untergrund zustande kam.»

Die Wissenschaftler rätseln jetzt darüber, was einen neuen Schub ausgelöst haben könnte. Dass der Turm nicht ganz im Lot ist, war bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Aber etwa im Jahr 2003 muss es irgendein Ereignis tief im Erdboden gegeben haben, das den Prozess beschleunigt haben könnte. Deswegen wird der schrittweise Ausbau der Jubilee Line, der neuesten U-Bahn-Linie Londons, als mögliche Ursache ins Feld geführt.

Die Jubilie-Line war zum Silbernen Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. im Jahr 1977 geplant worden. Im nächsten Jahr, wenn die Queen seit 60 Jahren auf dem Thron sitzt, steht das Diamantene Jubiläum an. Vielleicht ist die Schieflage des Big Ben ja auch nur eine britisch-vornehme Verneigung.