Der Anschlag richtete sich gegen die sunnitische Sahwa-Miliz, die gemeinsam mit den Regierungstruppen die Al-Kaida bekämpft. Die Miliz war auch Ziel eines zweiten Anschlags, bei dem in der Provinz Anbar drei Mitglieder getötet wurden. Der erste Attentäter zündete seinen Sprengsatz an einem Kontrollpunkt im Bezirk Radwaynija, als Mitglieder der Sahwa gerade Schlange standen, um ihren Lohn abzuholen.
«Mehr als 150 Menschen saßen auf dem Boden, als die Explosion kam», sagte der verletzte 24-jährige Udai Chamis. «Da waren mehr Tote als Verletzte.» Es war nicht klar, ob auch irakische Soldaten und Zivilisten unter den Opfern waren.
Bei der Mehrheit der Getöteten dürfte es sich aber um Sahwa-Mitglieder gehandelt haben. Aus Militärkreisen verlautete, der Attentäter habe offenbar eine Sprengstoffweste getragen. Einige der Verletzten beklagten, die irakischen Streitkräfte hätten die wartenden Männer nicht ausreichend geschützt. Militärsprecher Kassim al Mussawi erklärte, es habe keine Durchsuchungen gegeben.
Ein Mann, der vor einem Krankenhaus wartete, sagte, die Männer hätten sich den fünften Tag in Folge angestellt, um endlich ihr Geld zu bekommen. Ein mutmaßlicher Aufständischer stürmte unterdessen in Kaim in der Provinz Anbar ein Gebäude der Sahwa und schoss auf die Menschen dort. Sahwa-Kämpfer erwiderten das Feuer. Daraufhin zündete der Angreifer einen Sprengsatz und riss drei Kämpfer mit sich in den Tod. Sechs weitere wurden nach Polizeiangaben verletzt.
300 Dollar pro Monat von den USA
Die Sahwa unterstützen seit 2006 den Kampf der internationalen Truppen im Irak gegen die Al-Kaida und spielten eine wichtige Rolle beim Rückgang der Gewalt im Land. Die USA zahlten den rund 1.000 Angehörigen der Miliz monatlich etwa 300 Dollar (230 Euro).
Seit dem vergangenen Jahr ist die irakische Regierung für die Bezahlung zuständig. Sie erklärte sich auf Druck der USA auch bereit, bis zu 20 Prozent der Milizionäre in die regulären Streitkräfte aufnehmen und anderen Stellen in der Verwaltung zu geben. Mitglieder der Sahwa bemängelten jedoch, sie erhielten ihr Geld oft zu spät und hätten nur kleinere Jobs bekommen.
Westerwelle sieht Gefahr für demokratische Entwicklung
Bundesaußenminister Guido Westerwelle verurteilt den Anschlag und sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. «Die Kette von Terrorakten in den letzten Monaten ist eine ernste Gefahr für den Weg der Aussöhnung und der demokratischen Entwicklung des Irak», erklärte Westerwelle in Berlin.
Umso wichtiger sei es, dass es mehr als vier Monate endlich gelinge, eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Seit der Parlamentswahl am 7. März bemühen sich die irakischen Parteien darum vergeblich.
APN
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