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Auf Gewalt und soziale Reformen gesetzt

Auf Gewalt und soziale Reformen gesetzt
(AP)

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Syriens Präsident Assad will die Unruhen in seinem Land mit Reform-Häppchen und den brutalen Methoden eines Polizeistaats beenden.

Die syrische Führung hält an ihrer Doppelstrategie fest: Sie lässt Demonstranten misshandeln und erschießen, gleichzeitig verspricht das Regime Reformen. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete am Montag, Assad habe ein Dekret unterzeichnet, das die Übernahme eines Anteils der Krankenversicherungsbeiträge für Rentner durch den Staat vorsieht. Zudem ordnete er die Gründung einer staatlichen Krankenversicherung für Angestellte an. Bauern sollen Strafgebühren für nicht-bezahlte Wassergebühren aus den Jahren 1997 bis 2000 erlassen werden.

Auf die Forderungen der Demonstranten nach Meinungsfreiheit und mehr Demokratie ging Assad aber nicht ein. Der Konflikt zwischen dem Regime und der Protestbewegung, die seit drei Wochen friedliche Demonstrationen organisiert, hatte sich zugespitzt, nachdem Angehörige der Sicherheitskräfte und Schlägertrupps Dutzende von Menschen getötet hatten.

Ein Gesellschaftsvertrag

Zum neuen Gouverneur der Provinz Daraa, die eines der Zentren der Proteste gewesen war, ernannte Assad den pensionierten Armeeoffizier Mohammed Chalid al-Hanus. Er gilt, wie auch der neu ernannte Regierungschef Adel Safar, als Mann ohne korrupte Vergangenheit. Assad, der von Teilen der Opposition einst als Hoffnungsträger angesehen worden war, hatte kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2000 Reformen angekündigt, die aber bisher nicht umgesetzt wurden. Die regierungsnahe syrische Tageszeitung «Al-Watan» schrieb am Montag: «Wir brauchen einen neuen Gesellschaftsvertrag für Reformen.»

Aus Oppositionskreisen hieß es am Montag, in der Stadt Duma habe der Geheimdienst die Leichen erschossener Demonstranten vor die Häuser der jeweiligen Angehörigen gelegt, um diese zu verhöhnen. Ärzte, die zuvor die Herausgabe der Leichen an die Geheimpolizei abgelehnt hätten, seien festgenommen worden. Syrische Menschenrechtsorganisation berichteten von Dutzenden von Festnahmen am vergangenen Wochenende. Ein Mitglied der Ingenieursgewerkschaft, das an den Demonstrationen in Daraa beteiligt gewesen war, wurde ihren Angaben zufolge in Polizeihaft gefoltert.

Ein Protest

Der regimekritische Rechtsanwalt Haitham al-Maleh, der erst vor wenigen Tagen aus dem Gefängnis entlassen worden war, sagte der Nachrichtenagentur dpa: «In Syrien gibt es keine Revolution, sondern Proteste, und der Sturz des Regimes ist keine der wesentlichen Forderungen. Wenn diese Forderungen nach Aufhebung des Ausnahmezustandes, nach einem neuen Parteiengesetz und nach politischen Freiheiten nicht erfüllt werden, dann wird daraus eine Revolution werden.»

Nach Angaben eines Behördensprechers starben am Montag acht Häftlinge, als ein Feuer in einem Gefängnis der Stadt Latakia ausbrach. Ob ein Zusammenhang zwischen dem Brand und den politischen Unruhen besteht, blieb zunächst unklar.