In einer spektakulären Tauchaktion pflanzte Russland in 4000 Metern Tiefe seine Flagge in den Meeresboden am Nordpol. Das war im August 2007. Vier Jahre später will das Land dort ein Arktis-Spezialkommando stationieren, um den Anspruch auf Öl und Gas unter dem ewigen Eis zu untermauern. Zwar beteuert Moskau, im Streit um die Arktis eine friedliche Lösung anzustreben. Doch Russlands Militär und Geheimdienst schmieden ernste Pläne.
Die Arktis ist die nördliche zirkumpolare Erdregion und bedeckt die nördlichen Teile der drei Kontinente Nordamerika, Asien und Europa, ferner das großenteils von Eis bedeckte Nordpolarmeer. Teile der Staatsgebiete von Russland, den USA (Alaska) und Kanada, die abhängigen Gebiete Grönland (verwaltet von Dänemark) und Svalbard (zu Norwegen) sowie der Region Lappland (auf dem Staatsgebiet von Norwegen, Schweden und Finnland) erstrecken sich über die arktische Region. In der Arktis leben etwa eine Million Menschen.
In den arktischen Regionen wachsende Pflanzen sind überwiegend mit in den Alpenregionen vorkommenden Arten verwandt. In den Regionen leben nur wenige Säuger und Fischarten. Bei den Vogelarten hingegen weist die Arktis einen großen Reichtum auf, was nicht zuletzt daran liegt, dass viele Zugvögel zum Brüten hierher kommen. Schätzungen zufolge kommen in den arktisch geprägten Regionen rund 1.000 Insektenarten vor. (wikipedia.org)
Noch in diesem Jahr und damit deutlich früher als zuletzt angedeutet will Moskau mit Spezialtechnik und -uniformen ausgerüstete Panzergrenadiere in die Arktis entsenden. Nach einem Bericht von Militärexperten der Nachrichtenagentur Interfax soll die Brigade dem Armeestützpunkt in Petschenga in der Nähe von Murmansk auf der Halbinsel Kola zugeordnet werden. Das Lager der Arktistruppen selbst wird dem Vernehmen nach aber anderswo liegen.
Grenzen festlegen
Schon 2008 hatte der Nationale Sicherheitsrat in Moskau eine «Arktis-Strategie bis 2020» verabschiedet. Kremlchef Dmitri Medwedew forderte damals, schleunigst die Grenzen des russischen Festlandsockels festzulegen. Dabei geht es vor allem um das sogenannte Lomonossow-Kontinentalschelf.
In der Arktis wird etwa ein Viertel der heute weltweit erschlossenen Erdöl- und -gasfelder vermutet. «Die Verwendung dieser Ressourcen ist der Schlüssel zur Energiesicherheit von ganz Russland», sagte Medwedew. Demnach beansprucht das größte Land der Erde 18 Prozent der Arktis für sich.
Leichterer Zugriff
Russland erwartet künftig einen leichteren Zugriff auf die unterirdischen Schätze, weil die globale Erwärmung Teile des arktischen Eises zum Schmelzen bringt. Allein die Vorkommen an Erdöl schätzen Experten auf mehr als zwölf Milliarden Tonnen – genug, um den Bedarf in den USA für Jahre zu decken. Den Zugriff darauf wollen sich neben Russland und den USA auch Kanada, Norwegen und Dänemark sichern.
Doch es geht nicht nur um die Bodenschätze, darunter auch Nickel, Kobalt und andere Metalle. Russland rechnet mit einer deutlichen Verbesserung der Navigationsbedingungen durch die klimabedingte Eisschmelze. Demnach will Moskau künftig auch die Nordmeer-Passage als See-Handelsweg zwischen Europa und Asien (Rotterdam-Tokio) kontrollieren, wie Medien schreiben.
Verkürzter Frachtweg
Handelsschiffe legen auf der Strecke durch den Suezkanal gut 21.000 Kilometer zurück. Durch eine eisfreie Nordmeer-Passage verkürzt sich der Weg auf 14.000 Kilometer. Beim Gütertransport über diesen Seeweg lassen sich rund 40 Prozent Zeit einsparen, heißt es. Moskau will verhindern, dass der Westen diesen Weg an den reichen Öl- und Gasvorkommen zur internationalen Seestraße macht – ohne russische Mitsprache.
Zwar ist russisches Militär bereits heute in den Gebieten Murmansk und Archangelsk sowie anderen nördlichen Regionen stationiert. Spezielle Arktis-Truppen sind aber neu. Zuletzt hatte der für die Grenzsicherung zuständige Inlandsgeheimdienst FSB erklärt, bis 2017 den Schutz der Arktis vor Eindringlingen zu verstärken. Ziel sei eine effektivere und umfassende Kontrolle etwa der Durchfahrt von Schiffen, sagt der FSB-Generalmajor Wjatscheslaw Dorochin.
Nordmeer-Passage …
Schon heute würden zur Überwachung der Nordmeer-Passage Flugzeuge und Schiffe eingesetzt. «Das Potenzial wird aber ausgebaut. Wir werden nicht zulassen, dass sich irgendjemand vogelfrei fühlt in der Arktis», sagte Dorochin nach Interfax-Angaben.
Der russische Regierungschef Wladimir Putin hat sich stets für eine friedliche Lösung des Streits um die Arktis ausgesprochen. Allerdings machte die Führung in Moskau auch deutlich, dass sie ihre Interessen notfalls militärisch durchsetzen will. Dabei drängt Russland nun vor allem auf eine Entscheidung der UN-Seerechtskommission darüber, wem die Arktis gehört.
Mit Sorge betrachten vor allem Umweltschützer die Entwicklung. Sie warnen davor, die Region zu militarisieren und in ein Bergwerk zu verwandeln. «Die Arktis ist die Wetterküche des ganzen Planeten Erde. Irgendwelche unüberlegten Handlungen haben Folgen für viele Völker», heißt es beim Umweltschutzzentrum Bellona in St. Petersburg.
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