Nach dem Tod des mutmaßlichen Terroristen Anis Amri konzentrieren sich die Ermittlungen zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt auf mögliche Helfer des Tunesiers. «Für uns ist es jetzt von großer Bedeutung, festzustellen, ob es bei der Tatvorbereitung, bei der Tatausführung und auch bei der Flucht des Gesuchten ein Unterstützernetzwerk, ein Helfernetzwerk, ob es Mitwisser oder Gehilfen gab», sagte Generalbundesanwalt Peter Frank am Freitag in Karlsruhe.
Für die Bundesanwaltschaft sei «vor allem auch von Interesse, ob die Waffe, die bei Anis Amri in Mailand gefunden wurde, die Tatwaffe von Berlin ist», sagte Frank. Zur Frage, wie Amri ungehindert von Berlin nach Mailand gelangen konnte, sagte er: «Das ist für uns einer der zentralen Gegenstände unserer weiteren Ermittlungen.»
Allein von Frankreich nach Italien
Es müsse genau festgestellt werden, auf welchem Weg Amri dorthin gelangte. Es müsse jetzt auch ermittelt werden, ob es dabei vielleicht auch Helfer oder Unterstützer gegeben habe und ob der Tunesier möglicherweise finanziell von außen unterstützt worden sei. Amri reiste nach italienischen Angaben allein mit dem Zug von Frankreich nach Italien.
Zur Inanspruchnahme der Tat durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sagte Frank: «Sie alle kennen dieses Bekenntnis des Islamischen Staates, das in sehr allgemeiner Form gehalten ist und derzeit kein Täterwissen zum Ausdruck bringt.» Mehr könne er im Moment aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht sagen. Nach dem 24-jährigen Tunesier war seit Donnerstag mit deutschem Haftbefehl gefahndet worden.
Bei Routinekontrolle erschossen
Der nach dem Berliner Terroranschlag mit mindestens zwölf Toten europaweit gesuchte Tunesier Anis Amri ist nach offiziellen italienischen Angaben tot. Wie Innenminister Marco Minniti am Freitagvormittag mitteilte, wurde der mutmaßliche islamistische Terrorist in Mailand erschossen. Er sei bei einem Schusswechsel mit der Polizei in den Morgenstunden getötet worden, sagte Minniti bei einer Pressekonferenz in Rom. Auch der deutsche Generalbundesanwalt Peter Frank bestätigte am Freitag in Karlsruhe die Erklärung des italienischen Innenministers.
Der 24-Jährige Tunesier habe bei einer Routinekontrolle «ohne zu zögern» eine Waffe gezogen und geschossen. Ein an der Schulter getroffener Polizist schwebe nicht in Lebensgefahr, sagte Minniti. Die Fingerabdrücke Amris seien eindeutig identifiziert. Der Tunesier hatte jahrelang in Italien gelebt, zeitweise war er dort in Haft.
Berliner Polizei sagt «Grazie»
Unterdessen bedankte sich die Berliner Polizei bei ihren italienischen Kollegen. «Grazie e pronta guarigione ai colleghi feriti», twittert sie. «Danke für die Unterstützung & gute Besserung dem verletzten Kollegen.» Bei der Schießerei mit dem mutmaßlichen Attentäter Anis Amri wurde ein italienischer Polizist verletzt. Amri wurde dem italienischen Innenminister zufolge erschossen.
Grazie e pronta guarigione ai colleghi feriti.#Danke für die Unterstützumg & gute Besserung dem verletzten Kollegen. #Breitscheidplatz
^yt https://t.co/pADRzz6Wym— Polizei Berlin (@polizeiberlin) 23. Dezember 2016
Chambéry – Turin – Mailand
Der Berliner Attentäter kam nach Polizeiangaben mit dem Zug nach Italien. Er sei aus Chambéry in Frankreich nach Turin gekommen, berichtete der Mailänder Anti-Terror-Chef Alberto Nobili am Freitag. Von Turin in der italienischen Region Piemont sei er wiederum mit dem Zug nach Mailand gefahren, wo er gegen 1.00 Uhr in der Nacht zum Freitag angekommen sei. Gegen 4.00 Uhr am Morgen sei er den beiden Polizisten begegnet, die ihn bei einem Schusswechsel töteten.
«Die Abklärungen laufen, wir sind in Kontakt mit den italienischen Sicherheitsbehörden», sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Nach dem Tunesier war seit Donnerstag mit deutschem Haftbefehl gefahndet worden. Es bestanden kaum noch Zweifel, dass Amri für den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt verantwortlich ist. Seine Fingerabdrücke wurden mehrfach an dem Lkw sichergestellt, der am Montagabend in die Budengasse nahe der Gedächtniskirche gerast war. Zwölf Menschen waren dabei ums Leben gekommen.
Bedrohungslage bleibt hoch
Auf Amris Spur waren die deutschen Ermittler gekommen, als sie im Lastwagen seine Duldungspapiere fanden. Das geschah aber erst am Dienstag, weil die Fahrerkabine zunächst versiegelt worden war. Amri, der 2015 über Freiburg nach Deutschland einreiste, war Medienberichten zufolge in Italien und Tunesien bereits zu langen Haftstrafen verurteilt worden.
Die Bedrohungslage bleibt dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni auch nach dem Tod des mutmaßlichen Attentäters von Berlin hoch. «Die Bedrohung wird nicht unterschätzt», sagte Gentiloni am Freitag in Rom.
Italien sei stolz auf die Sicherheitskräfte, sagte Gentiloni. «Ein besonderer Dank geht an den jungen Polizisten auf Probe Christian Movio, der bei dem Einsatz in Sesto San Giovanni verletzt wurde.» Das Land sei weniger sicher, das sei die Lektion aus den vergangenen Stunden und Tagen, sagte Gentiloni. Der vorbildliche Einsatz der Polizisten habe aber gezeigt, dass der Staat für die Sicherheit der Bürger sorgt.
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