Es soll uns doch niemand erzählen, dass es in Luxemburg nicht möglich sei, eine Regelung der Arbeitszeit zu finden, die es ermögliche, Familie und Beruf besser miteinander zu vereinbaren, meinte Premierminister Xavier Bettel auf dem DP-Kongress letzte Woche in Bonneweg. Und Parteipräsidentin Corinne Cahen bat darum, doch bitte nicht alle familienpolitischen Maßnahmen der Regierung schlechtzureden. Gerichtet waren die Aufrufe an die Adresse der Arbeitgeber. Nicht an die der Gewerkschaften. Diese sind für solche Maßnahmen und sie sind auch für eine andere Regelung der Arbeitszeit. Das sind die Arbeitgeber auch. Aber in einem ganz anderen Sinne. Und deshalb sind sie gegen den Gesetzesvorschlag von Arbeitsminister Nicolas Schmit zur Reform des PAN-Gesetzes. Dabei können sie die von ihnen gewünschte, grössere Flexibilisierung der Arbeitszeit in einem Betrieb durchaus haben, wenn sie mit den Gewerkschaften darüber verhandeln und im Gegenzug bereit sind über zusätzliche freie Tage für ihre Mitarbeiter zu reden. Doch das wollen sie nicht und daher ist der Gesetzesvorschlag schlecht.
Der Regierung wird nun vorgeworfen, gewerkschaftshörig zu sein. Diese würden die ach so geschwächte Regierung politisch unter Druck setzen. Die Regierung sei in ihrer Handlungsfähigkeit begrenzt. Man müsse sich überlegen, ob es überhaupt noch Sinn mache, über irgendetwas
zu verhandeln, wenn doch schon vorher bekannt sei, zu wessen Gunsten entschieden würde, sagen
die Arbeitgeber. Und zeigen auf die Gewerkschaften.
Das klingt dann doch erstaunlich. Weil sich bei den Verhandlungen zu einer Neuregelung der Arbeitszeiten eigentlich die Gewerkschaften und die Regierung hätten fragen müssen, warum sie überhaupt noch versuchen sollten, zu verhandeln. Denn schließlich war es der Chef des Unternehmerverbandes, der bereits im Vorfeld klargestellt hatte, dass man über die Organisation der Arbeitszeit reden wolle und nicht über eine Verkürzung. „Nur über meine Leiche“, hieß das damals. Noch gar nicht lange her.
Derart an der eigenen Sturheit gescheitert, weil man politisch Machbares nicht einmal im Entferntesten in Erwägung zog, sucht man nun die Schuld bei anderen. Eben bei der Regierung und den Gewerkschaften. So als ob es die vielen Wähler, Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigte im Land nicht geben würde, die sich bessere Arbeitszeiten und weniger Stress am Arbeitsplatz wünschen. Arbeitszeiten, die das Erledigen von simplen Besorgungen nicht zur strategischen Herausforderung werden lassen. Solche, die es ermöglichen ein normales Familienleben zu führen. Die Zeit belassen sich um Kinder und Bedürftige zu kümmern. Wähler, Gewerkschaftsmitglieder und Beschäftigte, die es leid sind, dass ihre Rechte nicht respektiert werden, trotz großer Flexibilität ihrerseits, wie z.B. im Gesundheits- und Sozialbereich.
Wenn von 21.000 Mitarbeitern in diesem Sektor deren 9.000 auf die Straße demonstrieren gehen, während weitere 4.000 gleichzeitig arbeiten, am Samstag, und sich daher nicht an der Demonstration beteiligen können, dann ist dies enorm. Und es zeugt von einem gesellschaftlichen Unmut, der so von den Gewerkschaften alleine gar nicht gesteuert werden kann. Sondern Ausdruck eines gesellschaftlichen Phänomens ist, das offenlegt, dass auf dieser Ebene so manches im Argen liegt.
Nun kann man diesen Wunsch nach gesellschaftlichen Änderungen ignorieren und an alten Denkschemen festhalten. Oder ihn aufgreifen und aktiv an neuen Modellen arbeiten. So wie es die Regierung tut und die Gewerkschaften. Dazu bedarf es keiner dunklen Machenschaften und politischer Erpressungen, wie sie die Arbeitgeber vorherrschen sehen. Dies ist die alte Denkschiene. Die, die den Mitarbeiter als Produktionsfaktor sieht und die Politik im alleinigen Dienst der Arbeitgeber. Regierung und Gewerkschaften haben sich für die andere, neue Denkweise entschieden. Die, die den Mitarbeiter eines Unternehmens als Menschen sieht und die Politik im Dienste aller Bürger. Es ist die bessere. Die alte geht völlig am Zeitgeist vorbei.
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