Rauchwolken und grauschwarzer Ascheregen verdecken am Montag in weiten Teilen von Pedrógão Grande immer noch die Sicht. Das verheerende Ausmaß der Tragödie kommt in der bergigen und abgeschiedenen Waldregion im Zentrum von Portugal rund 48 Stunden nach Ausbruch eines verheerenden Brandes trotzdem immer deutlicher ans Licht.
Mindestens vier kleine Kinder sind unter den bisher gezählten 63 Toten – von denen die meisten bis zur Unkenntlichkeit verbrannt sind und zunächst noch nicht identifiziert werden konnten.
«Todesstraße»
Kinder wie die erst dreijährige Bianca, die im Auto auf dem Schoß ihrer Oma und neben ihrer am Steuer sitzenden Mutter starb. Sie ließen ihr Leben auf der Landstraße 326, nun «Todesstraße» genannt, weil es hier auf einer relativ kurzen Strecke mindestens 30 Todesopfer gab – darunter ganze Familien.
Nach Angaben von Experten starben die meisten hier an Rauchvergiftungen, bevor sie vom Feuer erfasst wurden.
Das portugiesische Fernsehen zeigt immer mehr schreckliche, herzzerreißende Szenen. Alte Menschen, die zusammenbrechen, weil sie ihr ganzes Hab und Gut verloren haben. Die das Erlebte, das Gesehene immer noch nicht fassen können.
Es sind aber auch fast surrealistisch anmutende Bilder zu sehen. Frauen und Männer, die allein oder in kleinen Gruppen mit winzigen Eimern Wasser versuchen, das Inferno – die breit und hoch lodernden Flammen – zu bekämpfen.
Waldbrände sind in Portugal im Sommer zwar seit jeher trauriger Alltag. Zwischen 2010 und 2015 wurden dadurch im Schnitt 127.000 Hektar Land pro Jahr zerstört. Eine Katastrophe mit so vielen Toten hatte es seit Beginn der Aufzeichnungen aber nie gegeben.
Das Feuer mit den meisten Todesopfern hatte es 1966 in Sintra bei Lissabon gegeben. Damals starben keine Zivilisten, sondern 25 Militärs bei der Bekämpfung der Flammen.
Also: «Wie war das nur möglich?»
Experten versuchen, eine Antwort zu geben. Sicher, diesmal seien viele Faktoren zusammengekommen. Extreme Trockenheit, Temperaturen von bis zu 40 Grad, starke, wechselnde Winde. Aber auch die Behörden werden an den Pranger gestellt.
Público erinnert daran, dass die Waldbehörde mit ihren erfahrenen Rangern vor einigen Jahren von der konservativen Regierung abgeschafft wurde – im Rahmen der Kürzungen zur Bekämpfung der Finanzkrise und des Etatdefizits. Und dass ein Drittel ehemaligen Agrarbodens in Portugal wegen Landflucht verlassen und vernachlässigt und damit guter Nährboden für Brände sei.
Forstwissenschaftler Paulo Fernandes nimmt unterdessen auch den Zivilschutz ins Visier: «Alles deutet daraufhin, dass es Fehler gab. Zumindest hätten die Straßen (nach Bekanntgabe eines aufziehenden sogenannten Trockengewitters mit vielen Blitzen) rechtzeitig gesperrt werden müssen», klagte er.
Präsident Marcelo de Sousa bat darum, mit den Spekulationen über das Ausmaß der Tragödie zu warten, bis die Flammen gelöscht sind. Er beteuert: «Man hat alles Mögliche getan.»
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