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Zwitschernder Abgang

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Politik und soziale Netzwerke.

Die seltsamerweise als sozial bezeichneten neuen Medien sind schon ein wunderbares Mittel für alle, die sich mitteilen und vermeintlich wichtige Botschaften dem engen Kreis authentischer und dem weiten Kreis virtueller Freunde senden wollen. Längst schon hat auch die Politik diese Kommunikationskanäle besetzt. Wobei einzelne Akteure sich der Instrumente gekonnt, andere mehr als stümperhaft bedienen. Indes nicht jeder sich als Facebook- oder Twitter-Virtuose bezeichnen darf, der besonders häufig postet oder anders aktiv ist.

Ein schlechtes Beispiel lieferten vor kurzem die beiden Minister Claude Meisch und Corinne Cahen (beide DP), als sie sich zum rezenten Urteil in der sogenannten School-Leaks-Affäre äußerten. Insbesondere Cahen leistete sich einen ausgewachsenen Fauxpas, als sie den Richterspruch offen kritisierte, sich «skandalisiert» zeigte. Na gut, auch Ministern sollte man Emotionen zugestehen. Doch als Regierungsmitglied die Justiz kritisieren und dann noch auf diese Art? Der Hinweis Cahens, das sei ihre private Meinung gewesen, war ein schlechter Versuch, den Schaden zu begrenzen. Als Minister ist man eine «personne publique», und das zu jeder Zeit, insbesondere wenn man sich in der Öffentlichkeit äußert. Und Facebook und Co. sind nun mal Öffentlichkeit.

Dramatisch sind derlei Ausrutscher nicht. Nichts ist kaputtgegangen, direkter Schaden ist nicht angerichtet worden. Zwar fühlten sich die Magistrate in ihrer Ehre und ihrem Selbstverständnis als «Intouchables» verletzt. Zu Recht wiesen sie auf den flagranten Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltenteilung hin. Mehr aber geschah nicht. Die Sonne geht nach wie vor auf, die Staus auf den Autobahnen bleiben uns erhalten.

Der Vorfall, so peinlich er auch sein mag, ist ein weiterer Hinweis, wie schwer sich die Politik noch immer mit den neuen Kommunikationsmitteln tut. Eine politische Botschaft in Kurzform abzusetzen, ist eine Kunst. Nur wenige beherrschen es, Inhalt auf 140 Zeichen zu reduzieren. Meist reicht es für grob vereinfachte Aussagen. Nuancen sind nicht möglich. Dabei werden die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme, welche die Politiker eigentlich lösen müssen, stets komplexer. Wer dennoch seine politische Botschaft in kürzester Form vermitteln will, riskiert Schwarz-Weiß-Malerei, mit dem Ergebnis, in eine politische Ecke gedrückt zu werden. So geschehen dem CSV-Dauerzwitscherer Mosar, der sich durch Retweeten gewagter Kommentare zur Flüchtlingsproblematik einen entsprechenden Ruf als Hardliner in der Frage eingehandelt hat.

Was dem Einzelpolitiker schwerfällt, wird für Parteien quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Wie komplexe Sachverhalte im Vorfeld von Wahlen dort vermitteln, wo sich große Teile des Stimmvolkes tummeln? Wie umfassende programmatische Überlegungen erläutern, wenn die Lust auf Lesen langer Texte schwindet und Parteiprogramme keine Krimis sind?

Das Feld werden die Parteien wohl oder übel ihren Solotänzern überlassen müssen. Auf die Gefahr hin, dass diese widersprüchliche Botschaften in die Welt senden werden und das Bild, das die einzelnen Parteien bisher kennzeichnete, somit noch weiter an Schärfe verlieren wird. Die sozialen Netzwerke als Totengräber der klassischen Parteien? Durchaus möglich.

lmontebrusco@tageblatt.lu