Wie funktionieren die politischen Institutionen des Landes? Wie können sich die Bürger, insbesondere die jüngeren, in politische Entscheidungen einbringen? Dies sind einige der Themen, denen sich das zukünftige Zentrum für politische Bildung widmen will (siehe Tageblatt vom 17.8.2016).
Überflüssig ist derlei Einrichtung keineswegs. Die Regierungsparteien hatten sich bei Amtsantritt mehr Demokratie, mehr Bürgerpartizipation vorgenommen. Nun müssen die Bürger mit dem notwendigen Know-how versorgt werden. Politische Bildung ist vor allem in einem Land mit großem Ausländeranteil wichtig. Viele seiner Bürger konnten die vorherrschende politische Kultur nicht am Frühstückstisch der Eltern quasi automatisch erlernen. Wer aus einer Einwandererfamilie stammt, hörte in der Familie andere Gespräche als jener Heranwachsende, dessen Eltern fest im Leben der Dorf- oder Stadtgemeinschaft eingebunden, in Sport- oder Kulturvereinen oder gar in der Gemeindepolitik aktiv waren. Politische Bildung ist folglich auch ein Mittel zur Integration.
Nur, welche Inhalte sollen da vermittelt werden? Das Zentrum wird sich vornehmlich aus öffentlichen Geldern speisen und dem Schulministerium angegliedert sein. Es will neutral und unabhängig sein, heißt es. Dennoch wird die Einrichtung das Bild weiterreichen, das von den vorherrschenden politischen Institutionen geprägt ist. Die erhaltenswerte Staatsform wird die aktuelle sein. Genauso wie das beste aller Wirtschaftssysteme das sein wird, in dem wir derzeit leben. Alternativen werden kaum vorgestellt werden, etwa solche, die das aktuelle Wachstumsmodell mit all seinen negativen Folgen für Mensch und Umwelt infrage stellen.
Das propagierte politische Gefüge wird demnach das sein, dem heute viele skeptisch gegenüberstehen, nicht etwa, weil sie das demokratische System als solches ablehnen, sondern weil sie dessen tragenden Elementen – den politischen Parteien – misstrauen. Die Liste der Vorwürfe ist lang: die seit Jahren zunehmende ungleiche Verteilung des Vermögens, das wachsende Armutsrisiko, die EU-weit grassierende Arbeitslosigkeit und, in Luxemburg, die seit Jahren angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. 2014 vertrauten nur knapp 25 Prozent der Befragten in Luxemburg den politischen Parteien, so eine im März dieses Jahres veröffentlichte Statec-Studie, die sich auf Ergebnisse des Eurobarometers berief.
Ob es einem Zentrum für politische Bildung gelingen wird, diesen Vertrauensverlust in die politischen Institutionen wettzumachen? Die Macher der politischen Bildungsinhalte werden vor der Herausforderung stehen, ihr Publikum davon zu überzeugen, dass sie sich der objektiven Informationsvermittlung verschrieben haben. Doch ist dies im Bereich Politik überhaupt möglich? Wenn ja, wo beginnt politische Propaganda?
Nicht nur Oppositionsparteien, Bewegungen für nachhaltiges Wirtschaften, für alternative, weniger konsumorientierte Lebensweisen werden dem Zentrum auf die Finger schauen. Keinesfalls darf dieses das Bild eines verlängerten Arms etablierter Parteien abgeben. Die investierten Mittel wären anderweitig besser angelegt.
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