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Mutig, vernünftig

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Mit einiger Genugtuung darf festgestellt werden, dass die jetzige Regierung nicht an dem unnötigen Sparkurs ihrer Vorgängerin festhält.

Anfangs hatte sie noch Teile der CSV-Doktrin übernommen, die im vorauseilenden Gehorsam gegenüber Brüssel wurzelte. Darf an die vielen kleinen und größeren Grausamkeiten erinnert werden, die Juncker und Frieden seinerzeit für unumgänglich hielten, obwohl sie es nicht waren?

Die Kürzung der Kaufkraft (sie liegt noch heute real 5% unter dem Niveau von 2009!) ist, aus heutiger Sicht, als ein krasser Fehler zu betrachten.

Viele Dienstleistungs-, Handels- und Handwerksbetriebe, die nicht vom Export leben, gingen aus der hausgemachten Krise geschwächt hervor, manche haben sich noch heute nicht vollständig erholt. Und die soziale Bilanz dieser Jahre ist erschreckend, wie nicht zuletzt die gestern veröffentlichten Zahlen zur Armut in Luxemburg aufzeigen.

Natürlich kann der kerngesunde Staatshaushalt, den Gramegna im Auftrag der Dreierkoalition diese Woche vorlegte, der CSV keine Freude bereiten. Sie erkennt ihre vorrangige Aufgabe darin, die Macht zurückzugewinnen, und das ging in Luxemburg immer am besten, wenn man den Leuten Angst einjagte.

Luxemburger, das wissen die Soziologen, haben ein sehr ausgeprägtes Sicherheitsbedürfnis, und für Sicherheit in allen Lebenslagen bot sich die CSV mehreren Generationen mit großem Erfolg als die einzige politische Adresse an.
Aus EU-Sicht legt die Regierung einen gesamtstaatlichen („Zentralstaat“, Sozialversicherungen, Gemeinden) Haushalt vor, der einen Überschuss aufzeigt (152 Millionen). Dafür gibt es höchstes Lob und alle möglichen AAA-Ratings.

Der „Zentralstaat“, also der Staat ohne die von ihm hoch bezuschussten Kassen und Gemeinden, kommt mit einem Minus von 983,4 Millionen daher. Aber, aber: Dieses Defizit ergibt sich keineswegs aus den laufenden Ausgaben gegenüber den erwarteten Einnahmen; es integriert Rekordinvestitionen in Höhe von 2.368 Millionen oder 2,368 Milliarden Euro.

Um ihren Kritikern zu gefallen, bräuchte die Koalition diese Investitionen nur zu kürzen oder auf die Steuerreform zu verzichten, durch die dem Staat (zugunsten der Steuerpflichtigen und des Inlandkonsums) über 400 Millionen entzogen werden …
Aber das tut sie besser nicht.

Erstens sind die kleinen und größeren Projekte so notwendig wie konjunkturbelebend, zweitens ist das Geld für Anleihen wohl nie mehr so günstig zu leihen wie gerade jetzt, und drittens: Die Schuld bleibt bei 23,3 bis 23,7% des Bruttoinlandsprodukts, das in Luxemburg, trotz CSV auf der Oppositionsbank, doppelt so schnell steigt wie bei den Nachbarn. Für 2017 geht Gramegna von 4,6% aus. Davon können seine Kollegen in Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien usw. nur träumen.

Alles in Butter also?
Nein. Die Tatsache, dass gewisse Kreise ihre innenpolitischen Ziele über die Interessen der Nation stellen, könnte die Bevölkerung spalten, wo sie den großen Herausforderungen (Modernisierung des Staates und der Wirtschaft, Immigration, Integration, Demokratisierung der Entscheidungsprozesse z.B.) einig gegenüberstehen sollte.

Doch wer weiß, vielleicht werden Mut und Vernunft, so wie derzeit nachprüfbar demonstriert, am Ende doch Anerkennung finden, sagen wir mal: im Oktober 2018.