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Schein und Sein der Gemeinnützigkeit

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Robert Goebbels, früherer Europaabgeordneter und LSAP-Minister, über das notwendige Hinterfragen der Aktivitäten von NGOS

Robert Goebbels, früherer Europaabgeordneter und LSAP-Minister, über das notwendige Hinterfragen der Aktivitäten von NGOS

Mit der „Weinstein“-Affäre um sexuelle Übergriffe wurde eine Steinigungslawine losgetreten, deren Einschlag selbst Monumente der sonst sakrosankten Zivilgesellschaft erschüttert.

Oxfam, eine der weltweit bedeutendsten Hilfsorganisationen, steht im Feuer der Kritik. In Dutzenden von Fällen wird Mitarbeitern «sexuelles Fehlverhalten» vorgeworfen. Oft liegen die Fälle einige Jahre zurück. Die Oxfam-Verantwortlichen, sonst Vorkämpfer für «Transparenz», versuchten offensichtlich, die «Sünden» einiger Mitarbeiter unter den Teppich zu kehren.

So etwa in Haiti, wo der belgische Direktor der lokalen Oxfam-Truppe dem Vorwurf ausgesetzt ist, in seiner Amtszeit seien «Dienste» von Prostituierten mit Hilfsgeldern bezahlt worden. Der Belgier wurde diskret verabschiedet. Er heuerte in Asien als Direktor bei «Action contre la faim» an.

Oxfam und die Steuerparadiese

Oxfam wurde groß im Einsatz gegen Hungersnöte und extreme Armut. Im Laufe der Jahre engagierte sich Oxfam zusätzlich für Umwelt- und Klimaschutz. Dafür sprudeln derzeit die Spenden am reichlichsten. Ein wichtiges Anliegen sind auch Kinder- und Frauenrechte. Umso peinlicher, dass in Haiti, Indonesien, den Philippinen und anderswo einige Oxfam-Vertreter mit Frauen offensichtlich sexuellen Missbrauch trieben.

Man sollte nie verallgemeinern. Oxfam ist eine der größten Hilfsorganisationen mit rund 10.000 fest angestellten Mitarbeitern in über 60 Staaten der Welt. Diese Multinationale der Wohltätigkeit verarbeitet jedes Jahr über eine Milliarde und sitzt auf 400 Millionen Reserven. Dass unter 10.000 Mitarbeitern einige Dutzend oder selbst einige Hundert «sexuelles Fehlverhalten» zu verantworten haben, erschüttert zwar einiges Vertrauen in die hehren Prinzipien der Organisation. Dennoch ist Oxfam damit nicht disqualifiziert.

Interessanterweise unterhält die in Oxford geborene britische Organisation ihren Geschäftssitz in den Niederlanden. Wie übrigens auch Greenpeace und andere Speerspitzen der Zivilgesellschaft, ansonsten Vorkämpfer gegen Steuerparadiese. Die niederländische Steuergesetzgebung bietet Stiftungen, den «Stichtings», eine praktisch totale Steuerbefreiung. Ihre «gemeinnützigen» Aktivitäten, auch bei Dienstleistungen und Handel, sind sogar von der TVA befreit.

Dabei zeigt der letzte veröffentlichte Geschäftsbericht (2015/2016), dass es weniger die Zivilgesellschaft ist, welche Oxfam finanziert, als der Steuerzahler und der Handel mit der eigenen Marke. Über 40% der 1,071 Milliarden Einnahmen stammten aus Subventionen der UNO, der EU und nationaler Regierungen. Weitere 17% wurden erlöst durch den Verkauf von «Fairtrade»-Produkten. Dank seines Renommees schaffte Oxfam es, exklusiver Zulieferant von Institutionen wie etwa dem Europäischen Parlament zu werden.

Der Haushalt von über einer Milliarde wurde zu weniger als zwei Drittel in die Oxfam-Hilfsprogramme investiert. 331 Millionen flossen in die Verwaltung. 100 Millionen wurden für «Fundraising» ausgeben, dem Anwerben gutgläubiger Spender. Für den Einsatz der 700 Millionen Hilfsgelder flossen nochmals fast 10% dieser Summe für «Management» vor Ort.
Sicher, man kann keine Hilfsprogramme ohne Planer, Techniker, Kontrolleure und andere Fachleute ausführen. Doch genau hier liegt die Krux. Was ursprünglich ein oft militanter Einsatz für Menschenrechte, Entwicklung, Natur- und Umweltschutz war, gerät immer mehr zu einem riesigen Kommerz.

NGOs als Geschäftsmodell

Aus Berufungen wird ein Beruf. Aus uneigennützig und idealistisch eingestellten Militanten werden gut bezahlte Söldner für humanitäre Anliegen. Die sich manchmal wie Söldner benehmen. Sich von Einheimischen bedienen und im obligaten Land Rover kutschieren lassen. Und auch schon mal ihre «sexuellen Gelüste» von Schutzbefohlenen befriedigen lassen.

So, wie man nie verallgemeinern soll, kann man auch nicht alle Organisationen über einen Kamm scheren. Es gibt gute, aber auch weniger gute Hilfsorganisationen. Es gibt vor allem zu viele, welche sich um die Spendierfreudigkeit gutgläubiger Mitmenschen balgen sowie in Brüssel Schlange stehen, um EU-Gelder zu erhaschen.

Unter den 7.000 im Jahr 2014 beim Europäischen Parlament eingetragenen Lobbyisten befanden sich 1.813 Repräsentanten von regierungsunabhängigen Organisationen (NGO). Das war nach den 2.355 Vertretern von Berufsorganisationen die zweitstärkste Gruppe. Weit vor den 948 Vertretern der Wirtschaft, den 799 Beraterfirmen, den 87 Anwaltskanzleien, den 144 Gewerkschaften und den 41 Kirchen-Vertretern.
Geld regiert die Welt. Auch die der regierungsabhängigen Organisationen. Eine der saftigsten Geldquellen ist der Haushalt der Europäischen Kommission.

In einem Bericht der budgetären Kontrollkommission des Europäischen Parlaments stellt der Abgeordnete Markus Pieper fest, dass 2015 rund 1,2 Milliarden Zuwendungen an NGOs flossen. 2010 spendete die EU gar 1,5 Milliarden zur Unterstützung von Aktionen in den Bereichen Umwelt, Gesundheit, Soziales und Menschenrechte. Es fällt auf, dass sich die Beihilfen 2015 zu 60% auf 20 Organisationen konzentrierten, wobei Oxfam einsame Spitze war. Selbst wenn sich Jahr um Jahr über 3.000 NGOs an der Brüsseler Quelle laben.

In einem Bericht der zuständigen Direktion des EP wird unterstrichen, Organisationen aus Großbritannien, Italien und Spanien seien besonders «erfolgreich» bei der Beantragung von Finanzhilfen. Derselbe Bericht bemängelt, «die Verfahren zur Beantragung von Zuschüssen (seien) so komplex, dass viele NGOs spezialisierte Beratungsfirmen beauftragen, sie bei der Beschaffung von EU-Mitteln zu unterstützen». Was entsprechend mehr Verwaltungskosten bringt und letztlich den Umfang der eigentlichen Hilfen reduziert.

Sammeln von Spenden als Hauptaktivität

Wie Oxfam profitiert auch Greenpeace International von den paradiesischen Steuergesetzen der Niederlande. Greenpeace beschäftigt allein in Den Haag 240 Mitarbeiter. Laut Geschäftsbericht zahlen sich die Top-Manager der Protest-Multi-Gehälter um die 10.000 monatlich aus. Davon können die kleinen Militanten, die hierzulande uneigennützig Werbung für Greenpeace machen, nur träumen. Obwohl Greenpeace Luxemburg über ein Budget von 1,26 Millionen verfügt, wurden laut jüngsten Geschäftsbericht nur 210.000 in nationale Sensibilisierungskampagnen investiert.

Das ist weniger Geld, als die einheimische Filiale an Greenpeace International nach Den Haag überwies: 213.000. Während die Verwaltung von Greenpeace Luxemburg 13% aller Ausgaben schluckt, werden über ein Drittel der jährlich gesammelten Spenden für neue Spendenaufrufe ausgegeben. Eine Art Perpetuum mobile des Spendens um des Spendens willen. Greenpeace will löblicherweise unabhängig von Spendern aus Politik und Wirtschaft bleiben. Dies im Gegensatz zu Oxfam, World Wildlife, Birdlife, Friends of the Earth, Caritas und anderen humanitären Multis. Deshalb bleibt Greenpeace auf Spenden angewiesen. Wobei Greenpeace Deutschland auch auf dem kommerziellen Energiemarkt mitmischt und dabei Gas zu einer erneuerbaren Energie erklärte.

Es ist im Bereich der Zivilgesellschaft nicht immer einfach, die Spreu vom Weizen zu trennen. Viele Organisationen leisten eine nützliche Arbeit, werden aber mit zunehmendem Erfolg zu bürokratischen Monstern. Mit allen menschlichen Verwerfungen, die in unüberschaubaren gewordenen Strukturen auftreten. Vor allem wird der Zwang zum Unterhalt von immer größeren Strukturen das zentrale Thema aller Aktivitäten. Zu viele Spendengelder verschwinden letztlich zweckentfremdet zum Unterhalt der Organisation.

Ich unterstütze nur noch NGOs, welche kleine Strukturen unterhalten und kurze Wege zu ihren Zielobjekten haben. Dennoch ärgert es mich immer wieder, wenn mein Briefkasten beispielsweise vor Weihnachten mit Hochglanz-Broschüren und anderen Werbe-Gadgets zur Stimulierung der Empathie der Geber überschwemmt wird. Wahre Solidarität mit den Entrechteten der Welt sieht anders aus.

roger wohlfart
9. April 2018 - 13.48

Den Här Goebbels, den " Allesbesserwisser " huet wéi ëmmer recht!

Rene Charles
1. März 2018 - 14.09

Greenpeace huet an all Land ee gutt bezuelten Direkter, deen déi iwerflëssech Aktio'unen nodréiglech an de Medien fir onbedengt néidech erklärt, an domat d'Spenden och.

Jacques Zeyen
26. Februar 2018 - 9.10

Es gibt da noch einen Verein mit sehr vielen Wohltätern von dem auch immer schnell die Rede abweicht.
Aber da geht's bei den Übergriffen ja nur um Kinder und diese Wohltäter haben anscheinend ihre eigene Rechtsprechung.
Weil: was nicht sein darf, ist nicht. Und zum Hunger auf der Welt!? - Wenn es mehr Menschen gibt als Ressourcen
und man will diese Überzahl durch Spenden vor dem sicheren Hungertod bewahren, dann ist das sicher eine noble Geste,aber niemals die Lösung des Problems. Was die Selbstbedienung der Manager anbelangt,auch da gibt es einen tollen Vergleich: Die geheiligte Mutter der Armut Teresa von Kalkutta, bunkerte einst einen Großteil der Spenden auf Vatikan-Konten und ließ sich selbst in einem renommierten Hospital in NY behandeln,während Ihre armen Schäfchen auf Holzbrettern in einfachsten Lagern vegetierten.
" Wohltätigkeit ist das Ersäufen des Rechts im Mistloch der Gnade." - (ang.Pestalozzi)