Von Frank Bertemes
Schon die alten Germanen trugen Masken und Tierfelle, um die bösen Geisterwesen zu vertreiben und die guten Geister zu erwecken, damit sie den Frühling bringen. Pünktlich zur „Fuesent“, die hierzulande immerhin genauso beliebt ist wie bei unseren deutschen Nachbarn der Karneval, werden heuer die Masken zum Karnevalsumzug und zum Faschingsball wieder herausgesucht. Für viele von uns eine alljährliche Tradition, die mit Freude gepflegt wird! Und das ist gut so!
Die Maske. Das Wort geht zurück auf das italienische „maschera“ und „mascara“, das, wie vermutet wird, im arabischen „mashara“ ( „Narr, Posse, Hänselei, Scherz“) seine Wurzel hat. Die Maske wird als Gesichtsbedeckung in Theater, Kunst sowie zu rituellen und religiösen Zwecken verwendet, häufig ergänzt durch eine Verkleidung oder Kostümierung. Als Schutzmaske kann sie dem Schutz des Gesichts oder Teilen davon dienen. Die Bezeichnung Maske wird allgemein auch für eine Verhüllung des Körpers verwendet, von der Halb- bis zur Ganzkörpermaske. Ihrem Ursprung nach waren Masken vor dem Gesicht getragene plastische Gebilde aus natürlichen Materialien wie Pflanzenteilen, Leder, Holz, Ton oder Tuch. In neuerer Zeit werden Masken vorwiegend aus Kunststoffen hergestellt. Eine Maske kann sehr unterschiedliche Aufgaben in verschiedenen Zusammenhängen erfüllen, so kann sich ihr Träger mit ihrer Hilfe in eine dargestellte Figur verwandeln (siehe beispielsweise Tierrollenspiel) oder die Maskierung ermöglicht die Einübung neuer oder übernommener sozialer Rollen.
Alle Menschen, welche leben,
Alle, wie sie sich auch geben,
Tragen Masken bis zum Grab;
Nur in tollen Faschingstagen,
Wenn sie Narrenmasken tragen,
Da nur fällt die Maske ab.
In allen Kulturen
zu finden
Dieses Gedicht eines Unbekannten sagt so einiges aus. Denn viele Zeitgenossen, die sich heuer hochvergnügt an den „tollen Tagen“ oder auch an der von vielen alljährlich ersehnten „Fünften Jahreszeit“ Masken aufsetzen, genießen ebendiese Fastnachtszeit – und ihre Masken! Sie fühlen sich gerade in eben dieser „Fuesent“, so etwas wie authentisch, wahrhaftig … Da kommt Freude auf – und weshalb auch nicht? Im Sinne von: die Maske vor dem Gesicht verhindert eine deutliche Sicht! Und das kann durchaus auch gut sein, zumindest für eine kurze Zeit …
Egal, wie man seine persönliche „Rolle“ im Spiegel des Alltags betrachtet, egal, wie man sich selbst sieht, verkleidet und mit Maske kann man wieder mal so auftreten, wie man im Alltagsleben nicht sein kann – oder darf. An den tollen Tagen ist bekanntlich alles erlaubt, alles geht! Die Verpackung, das Gesicht nach außen, die Maske eben, macht’s – nicht der Inhalt! Die Maske als Sinnbild der Verblendung …
Masken. Und es gibt durchaus mehrere ihrer Art, eben nicht nur die Narrenmasken, die uns am bekanntesten sind. Die Maske versteckt und schützt ihren Träger und gibt ihm die Möglichkeit, für eine Weile aus dem normalen Leben auszusteigen, sich als ein anderer zu probieren; schön oder hässlich, Mann oder Frau, Mensch oder Tier – alles ist möglich. Als der Mensch die Idee eines übernatürlichen Wesens entwickelte, entstanden die ersten Masken. Es gibt sie in allen Kulturen. Die älteste Maskendarstellung ist circa 11.000 Jahre alt und aus Israel. Gefunden wurden Überreste von Stein- oder Metallmasken.
Zeichnungen belegen, dass auch andere nicht so haltbare Materialien wie Stoff, Pflanzen, Federn, Leder oder Papyrus verwendet wurden. Masken kamen an Wendepunkten des Lebens zum Einsatz: Geburt, Hochzeit, Krankheit und Tod, aber auch Ereignisse wie Aussaat, Ernte oder der Auftakt zur Jagd wurden von Ritualen begleitet. Die Magie lag dabei in der Maske selbst.
Schon die Herstellung unterlag magischen Zeremonien. Die Maskenbauer waren häufig besonderen Anforderungen und Tabus unterworfen. Bei den Inuit, vulgo die Eskimos, zum Beispiel überwachten und leiteten Frauen die Maskenherstellung, praktisch mitarbeiten durften sie aber nicht. Das Wissen, wie die Masken auszusehen hatten, wurde von Generation zu Generation weitergegeben.
Von Magie und Zeremonien
Mit dem Anlegen der Maske wechselte der Träger in eine andere Daseinsform: Hier sollte kein Gott oder Dämon nur dargestellt werden, der Träger wurde selbst dazu. Manche Rituale endeten mit der Zerstörung der Maske, deren Kraft sich verbraucht hatte. Andere Masken behielten ihre Kraft oder wurden dabei noch mächtiger. Die australischen Aborigines fertigten Masken als Teil der Architektur zum Schutz ihrer Häuser.
Wahrscheinlich hat sich aus dem Gebrauch der rituellen Masken die Tradition der Theatermasken entwickelt. Im Umfeld von spirituellen und religiösen Zeremonien wie dem griechischen Dionysoskult wurden Tänze, Chöre, Tragödien und Komödien aufgeführt. Häufig bildete sich dabei – wie heute noch im Kaspertheater oder in Fernsehserien – ein fester Figurenstamm heraus, der in immer neue Abenteuer verwickelt wurde. Klar definierte, leicht wiedererkennbare Masken halfen den Zuschauern bis in die letzte Reihe, die Handlung zu verstehen.
In Europa wurden weitgehend Gesichtsmasken verwendet, andere Kulturen, zum Beispiel in Afrika, benutzten häufig Ganzkörpermasken oder auf dem Kopf getragene Maskenstatuen, die auch in Menschenmengen gut zu sehen waren und so eine Bühne überflüssig machten. Beliebt waren vor allem die komischen und auch die obszönen Masken mit grotesk verändertem Körperbau, wie sie auch in den Masken der Commedia dell’Arte zu finden sind. In diesem Mitte des 16. Jahrhunderts in Italien entstandenen Stegreif-Volkstheater charakterisierte die Maske die jeweilige Figur.
Im 17. Jahrhundert verschwanden die Masken unter dem Einfluss von Autoren wie Shakespeare und Moliere weitgehend von den europäischen Bühnen. Die Theaterkunst betonte jetzt das Individuelle des dargestellten Charakters, die durch Masken typisierten und oft auch karikierten Figuren wurden uninteressant. Trotzdem ist die Maske das Symbol des Theaters geblieben: Die Schauspieler setzten ein fremdes, zweites Gesicht auf, um es als ihr eigenes vorzuführen.
Ferner gibt es neben den Totenmasken, die wir an dieser Stelle nicht weiter behandeln wollen, noch die interessante Schandmaske, das aufgezwungene Gesicht. Das individuelle Gesicht gilt als Spiegel der Persönlichkeit. Nicht nur in Asien bedeutet der „Gesichtsverlust“ höchste Schande. Jemanden buchstäblich seines Gesichtes zu berauben, ist eine schwere Entehrung. Im 17. und 18. Jahrhundert wandten Gerichte überall in Europa die Bestrafung durch Schandmasken an. Vor allem Frauen wurden wegen Ehebruchs oder Verleumdung zum Tragen einer Schandmaske verurteilt. Wer sich wie ein Schwein benommen hatte, musste einen eisernen Eberkopf tragen, geschwätzigen Delinquenten wurde mithilfe der Maske die Zunge lahmgelegt.
Das so fremdkontrollierte Gesicht sollte die maskierte Person nicht mehr zeigen, wie man sie kannte, sondern so, wie sie in der Gemeinschaft gesehen wurde. Ganz ähnliche Absichten verfolgten Pädagogen bis ins 20. Jahrhundert hinein, wenn sie missliebigen Schülern eine Kappe mit Eselsohren überstülpten. So weit unser Ausflug zu Brauchtum und Historie zum Thema.
Zur Realität dann und damit zu jenen, die ihre Masken alltäglich in diverser Form aufzusetzen pflegen – und das durchaus bewusst, gehören ihre „Masken“ doch zu ihrem Alltagsgeschäft. Masken, die nie abfallen … Politiker, Geschäftsleute, Manager – doch nicht nur sie – viele Menschen haben Erfolg, sind glücklich und besitzen ein offensichtlich perfektes Leben. Doch ist dem wirklich so? Viele von ihnen scheinen etwas zu sein, was sie nicht sind.
Man könnte auch sagen, dass sie eine Maske tragen. Psychologisch betrachtet: deprimierte Personen, die sich als Optimist zeigen, ängstliche , die sich als ganz entspannt präsentieren, Personen, die eine Maske aufsetzen, damit niemand sieht, wie sie in Wirklichkeit sind. Manchmal beobachten wir bei anderen oder auch bei uns selbst Veränderungen unserer Selbstdarstellung. Doch die Masken des Alltags kosten ungemein viel Energie und Konzentration. Und greifen letztendlich unsere Gesundheit an, wie Psychologen uns warnen.
Was ist echt – was ist Maske? Egal, wie wir zu Masken stehen, eines sollten wir nie vergessen: Hinter jeder Maske ist immer noch ein lebendiges Gesicht! Glücklicherweise ….
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