Klimaängste als schlechter Ratgeber: Die europäische Umweltpolitik klammert sich vergebens an jeden Strohhalm

Klimaängste als schlechter Ratgeber: Die europäische Umweltpolitik klammert sich vergebens an jeden Strohhalm

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Es ist positiv, wenn Jugendliche über den Rand ihrer Handys hinwegsehen und sich für ihre Zukunft mobilisieren. Die vielen Gretas, die für das Klima demonstrieren, fordern energische Maßnahmen, gar einen undefinierten „System-Wechsel“. Leider gibt es kaum konkrete Vorschläge, abgesehen von lustigen Sprüchen, etwa „Fuck me, not the planet“.

Von Robert Goebbels, ehemaliger Luxemburger Minister und EU-Abgeordneter der LSAP

Die Regierenden, zumindest in Europa, haben sich dem Pariser Klima-Pakt verschrieben. Offizielles Ziel ist es, die befürchtete Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken, wenn möglich auf maximal 1,5 Grad Celsius!

Das am 12.12.2015 in Paris beschlossene globale Ziel soll durch nationale Maßnahmen erreicht werden. Alle fünf Jahre sollen die nationalen Klimaschutzziele international überprüft und progressiv verschärft werden. Spätestens in 30 Jahren soll es die globale „Treibhausgas-Neutralität“ geben. Um 2050 würden somit keine zusätzlichen, durch menschliche Aktivitäten verursachten Kohlendioxyd- oder Methan-Moleküle in die Atmosphäre gelangen. 2018 waren das weltweit noch um 40 Milliarden Tonnen CO2 zusätzlich, ein Plus von 2,8%.

Ob und wie die offiziellen Klima-Ziele bis 2050 erreichbar sind, bleibt fraglich. Zu Beginn der UNO-Klimakonferenzen 1995 war die Mantra eine Vermeidung des Anstiegs der durchschnittlichen Temperatur der Erde um 2 Grad Celsius. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts, dem Ende der kleinen Eiszeit, wurde ein Anstieg um nahezu 1 Grad Celsius ermittelt. Diese Messung musste „interpretiert“ werden, da es in den meisten Teilen der Welt halbwegs verlässliche Daten erst seit vier Jahrzehnten gibt.

Wie zu oft in der Politik wurde bei der COP21 in Paris versucht, den Mangel an Handlungsfähigkeit durch eine Steigerung der Ambition zu ersetzen. Die nunmehr angestrebte Beschränkung auf 1,5 Grad Celsius klingt tapfer, bleibt jedoch vom Vertragswerk her mittellos.

Der Klima-Pakt ist völkerrechtlich nicht bindend. Jeder Vertragspartner kann aussteigen. Wie schon vorher beim Kyoto-Vertrag. Bei dem die Amerikaner und die Chinesen nicht mitmachten, die Japaner, die Kanadier, die Australier und die Russen austraten. Vom Pariser Pakt haben die Trump-Amerikaner sich schon abgenabelt. Die Brasilianer werden folgen.

Hauptproblem von Paris bleibt, dass eigentlich nur die großen Industriestaaten in der moralischen Pflicht sind, ab 2020 ihre Emissionen zu reduzieren. Den weniger entwickelten Ländern wurde zugestanden, bis 2030 ihre derzeitigen Emissionen noch zu steigern!
China, Indien, Indonesien, obwohl mit den USA Spitzenreiter der globalen Emissionen, sind somit für die kommenden zehn Jahre in keiner Pflicht. Unter den 15 größten „Klima-Sündern“ befindet sich ein einziges EU-Land, die Bundesrepublik Deutschland. Die Emissionen Deutschlands nahmen trotz (oder durch) die viel gerühmte „Energiewende“ zu. Sonne scheint nicht immer. Auch herrscht öfters Windstille.

Um die unumgängliche Netzspannung zu erhalten, muss schnell mobilisierbare Stromproduktion einspringen. Da die CO2-freien Atommeiler ideologisch verpönt sind, bleibt vornehmlich Kohlekraft, eine wahre Drecksschleuder. Deutschland hat nunmehr aus „Umweltgründen“ seine Kohlenzechen geschlossen. Da es dennoch nicht auf seine Kohlen-Kraftwerke verzichten kann, wird nunmehr Kohle importiert. Der Planet merkt es nicht.
Der Anteil der 28 EU-Staaten an den globalen Emissionen ist von 15% auf unterhalb von 10% gefallen. Nicht weil die Unions-Europäer so viel sparsamer sind, sondern die Emissionen in praktisch allen Entwicklungsländern weiterhin zunehmen. Mit dem Segen des Pariser Klima-Abkommens. Es wird geschätzt, dass um 2030 die Entwicklungsländer über 75% der weltweiten Klimagase emittieren. Amerikaner, Europäer, Kanadier, Australier, Japaner werden sich das letzte Viertel teilen.

Globales Problem lokal lösen?

Das ist die brutale Realität, die sich den Regierungen Europas stellt. Wie kann man ein globales Problem allein durch regionale oder gar lokale Einschnitte lösen?

Es ist wie beim nationalen Tanktourismus. Durch höhere Besteuerung in Luxemburg würden die Tankvorgänge sich bloß regional verlagern. Der Planet würde es wiederum nicht bemerken. Europa war vor 30 Jahren noch die Nummer eins bei der Produktion von Autos, von Stahl, von Aluminium und vielen anderen industriellen Gütern. 2017 wurden weltweit 93 Millionen Automobile gefertigt. Davon die Hälfte in Asien. Bloß 20 Millionen Wagen waren europäischer Herkunft. Im gleichen Jahr betrug die Rohstahlproduktion 1,7 Milliarden Tonnen. China (831 Mio.), Japan (104 Mio.) und Indien (101 Mio.) führten die Rangliste an. Die 28 EU-Staaten produzierten zusammen nur noch rund 10% des weltweiten Stahlverbrauchs. In allen anderen Bereichen sieht es ähnlich aus.

Die zunehmende Desindustrialisierung Europas reduzierte zwar die CO2-Emissionen der EU, doch die Klimagase nehmen anderswo zu. Während die Industriellen in Europa mit immer kostspieligeren Umweltauflagen leben müssen, importiert die EU zunehmend Industriegüter aus Ländern, in denen es nicht die gleichen (manchmal keine) Auflagen gibt. So sinken seit 2009 in Europa die tatsächlich emittierten CO2-Mengen um 300-400 Millionen Tonnen jährlich. Die Einsparungen der EU-Staaten führen im Rest der Welt zu Emissions-Steigerungen. Teilweise bedingt durch die zunehmenden Importe der Europäer. So was nennt sich „Carbon leakage“.

Ablasshandel für das Klima?

Anstatt Importprodukte nach ihrem CO2-Gehalt bei der Einfuhr zu taxieren, haben die Europäer die unsinnigen CO2-Zertifikate eingeführt. Diese setzten viele kriminelle Energie frei, belasten unsere Industrien und führen bloß zu einer Art von Ablasshandel. Wie kann man sonst diesen rein statistischen und für den Planeten nutzlosen Verschiebebahnhof von Klimagasen nennen?

Luxemburg wollte bis 2020 offiziell 20% seiner Elektrizität „erneuerbar“ produzieren. Schafft aber kaum 5%. Deshalb wurden in Nicaragua oder im Baltikum teure Zertifikate für angeblich dort eingesparten CO2 gekauft. Laut Rechnungshof kann das Umweltministerium nicht dokumentieren, wie viel CO2 dort wirklich eingespart wurde.

Das System ist pervers, da echte nationale Einsparungen verpuffen, weil sie an andere Länder verkauft werden. Womit letztlich die globalen Emissionen nicht fallen.

Die Finanzwelt liebt die CO2-Zertifikate. Alle spekulativen Instrumente, von „Swaps“ bis „Futures“, können eingesetzt werden bei diesem Handel mit „heißer Luft“. Das Risiko liegt nicht bei den Spekulanten. Im Gegensatz zum Handel mit Rohstoffen oder Lebensmitteln ist nichts zu liefern. Es fallen keine Stocks an, es werden nur fiktive Ersparnisse für teures Geld gehandelt.

Wirkliche Auswirkungen auf Produktion und Verbrauch von Gütern hätte die Einführung einer CO2-Steuer, welche die bei jedem Produktionsprozess emittierten Klimagase erfassen und entsprechend verteuern würde. Etwa für Elektromobile, deren Preise den Klima-Einfluss für seltene Rohstoffe und Erden nicht reflektieren.

Eine CO2-Steuer auf den effektiven Karbon-Gehalt aller Güter würde der europäischen Industrie faire Konkurrenz-Bedingungen mit Ländern bringen, die ihren Betrieben kaum Umweltauflagen machen.

In Europa haben sich Wachstum und Energieverbrauch entkoppelt. Gerade Industrie und Gewerbe verbrauchen immer weniger Energie und verursachen damit weniger Emissionen. Deshalb fiel der Anteil Europas am globalen CO2-Ausstoß auf fast 9%. Gleichzeitig erlaubt das Pariser Klima-Abkommen das Ansteigen der Emissionen im Rest der Welt bis 2030!
Die manipulierte Greta und ihre nicht immer jugendlichen Anhänger sind sich dieser realen Zusammenhänge kaum bewusst. Wer die Fakten berücksichtigt, wird einsehen müssen, dass das hochgelobte Pariser Abkommen die Europäer in eine ökonomische Sackgasse manövriert.

Während die Pariser Auflagen für den Rest der Welt unverbindlich bleiben, wird die Europäische Union ihre Umwelt-Bürokratie für immer mehr Verbote und Strafen einsetzen. Die Europäer klammern sich dabei an jeden sprichwörtlichen Strohhalm. Die verboten werden. Gewiss soll der Plastik-Müll zurückgedrängt werden. Aber in einer Welt, in der die Bevölkerung Europas schrumpft und anderswo der Konsum allein durch die stete Zunahme der Asiaten, Afrikaner und Amerikaner zunimmt, wird die von den Gretas geforderte Enthaltsamkeit nichts bewirken.

mstvulux
12. Juli 2019 - 8.08

@max et Roswitha Das unterschreibe ich auch!

Max et Roswitha Meyer-Weber
11. Juli 2019 - 15.43

Guter Artikel, wie so oft. Er ist keine Aufforderung zum Nichtstun, sondern zum Richtigtun. Es ist auch kein Stænkern. Es ist guter Journalismus. Danke, Robi, du hast deine " mindestens 3 Renten plus Bezuege" gut verdient; schreibe munter weiter; vielleicht wachen einige doch noch auf ! Max ud Roswitha

Mephisto
10. Juli 2019 - 15.55

Ich verstehe nicht wieso ein üppig verrenteter Pensionär ( mindestens 3 Pensionen ) , dazu Bezüge als Freeport- Präsident, andauernd auf fiese Art und Weise stänkert gegen jugendliche Idealisten im Allgemeinen und gegen Greta Thunberg im Besonderen. Auch wenn er einige Tatsachen anführt wie die Gefahr von Überbevölkerung oder den Unsinn von CO2 Zertifikaten, so sind seine Schlussfolgerungen doch stets: Wir sollen nichts tun, die anderen tun ja auch nichts. Dann sollte er konsequenterweise auch unsere Sportler auffordern zu dopen, die anderen tun es ja alle sowieso.

Jacques Zeyen
9. Juli 2019 - 21.08

Richtig. Es führt bis auf weiteres kein Weg an den AKW's vorbei. Es bleibt die einzige saubere und zuverlässige Energiequelle . Die Sonne scheint nur tagsüber und der Wind weht nicht immer.Es gibt noch die Gezeitenkraftwerke und die Geothermie.Das war's. Bis die Wasserstofffusion perfekt ist wird es wohl noch dauern. Es könnte sein,dass die Ladestellen für E-Autos einmal platt sind.Man stelle sich eine Großstadt wie NY vor mit einer 24 stündigen Strompanne. Das wäre Bürgerkrieg. Das wichtigste Kapitel hat Herr Goebbels im letzten Abschnitt erläutert; Die Bevölkerungsexplosion. Die wird uns das Genick brechen.Und dabei geht es nicht nur um Strom.