Die Arbeitswelt braucht die Frauen. Noch immer sind deutlich weniger Frauen erwerbstätig. Das zeigt die Beschäftigungsquote. Die Arbeitnehmerschaft in Luxemburg bestand 2022 zu 59 Prozent aus Männern und zu 41 Prozent aus Frauen (gerade bei Grenzgänger*Innen ist der Beschäftigungsunterschied aufgrund der langen Arbeitswege besonders hoch)[1]. Noch immer arbeitet jede dritte Frau nur in Teilzeit gegenüber gerade mal 6 Prozent der Männer. Noch immer haben Frauen Karriereunterbrechungen, weil sie den Löwenanteil der unbezahlten Sorgearbeit in Familie und Haushalt stemmen. Das führt nicht nur zu niedrigeren Löhnen und Renten (Stichwort „Pension Pay Gap“[2]), sondern auch zu einer geringeren Präsenz der Frauen auf dem Arbeitsmarkt.
Die Arbeitswelt kann auf Frauen nicht verzichten. Heute weniger denn je. Doch Frauen brauchen eine andere Arbeitswelt. Modern und zukunftsweisend muss sie sein. Familiengerecht. Frei von Sexismus und Diskriminierung. Ohne Lohnlücken zwischen den Geschlechtern. Mit transparenten, nachvollziehbaren und garantierten Karriereperspektiven. Mit Arbeitszeiten, die kürzer sind und zum Leben passen.
Vereinbarkeit ist ein Muss
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist für Frauen kein „Nice to have“, sondern eine unentbehrliche Voraussetzung. Gerade Frauen hadern mit Doppel- und Dreifachbelastungen. Stress und Zeitmangel sind für berufstätige Frauen ein Dauerbegleiter. Und das hat Auswirkungen auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden. Die jährliche CSL-Studie zur Qualität der Arbeit zeigt, dass Frauen im Vergleich zu Männern deutlich häufiger Stress auf der Arbeit empfinden. „Frauen geben zudem mit 35 Prozent deutlich öfter als Männer mit 25 Prozent Schwierigkeiten an, sich eine Stunde für persönliche oder familiäre Dinge frei nehmen zu können“, heißt es weiter.[3] Strukturelle Verbesserungen sind demnach vonnöten, damit es in der Arbeitswelt mit allen Geschlechtern klappt.
Eine bessere, gleichberechtigtere Arbeitswelt ist kein unerreichbares Wunschdenken. Sie kann erschaffen werden. Zeitnah und unkompliziert. Es obliegt der Politik, die nötigen Reformen auf den Weg zu bringen. Ein wesentliches Element ist dabei die Stärkung und Verbesserung der Kollektivvertrags-Gesetzgebung. Denn fortschrittliche Arbeits- und Lohnbedingungen, die den Bedürfnissen der arbeitenden Frauen und Männer gerecht werden, können verhandelt werden. Aber nur auf Augenhöhe. Von der Gewerkschaft, die als legitimes und unabhängiges Vertretungsorgan der Arbeitnehmer*Innen fungiert.
Unequal pay makes women go away
Kollektivverträge können auch Lohnlücken schließen. Pro Jahr verdienen Frauen noch immer 7,2 Prozent weniger Geld als Männer[4]. Die Lohnlücke klafft gerade in jenen Wirtschaftszweigen weit offen, wo es keine Kollektivverträge gibt. Im privaten Dienstleistungsbereich gibt es beispielsweise ein starkes Beschäftigungswachstum. Hier werden Arbeitskräfte benötigt. Doch gerade dort werden Frauen durch unattraktive Arbeitszeiten, Lohnintransparenz und daher Lohnungleichheit oftmals verschreckt. Transparente Lohnstrukturen mit bindenden und objektiver Gehaltstabellen hingegen erwirken Gleichberechtigung und verhindern Diskriminierung und Günstlingswirtschaft.
Kollektive Problemstellungen benötigen kollektive Lösungsansätze. Zahlreichere, umfassendere und stärkere Kollektivverträge können helfen, mehr Frauen für die Arbeitswelt zu begeistern und sie auch langfristig im Arbeitsprozess zu halten. Im Interesse der Arbeitenden und der Betriebe. Was wäre moderner und zukunftsorientierter als das?
Gerade in Krisenzeiten kann eine Gesellschaft nicht auf Frauen verzichten. Deshalb kämpft die gewerkschaftliche Frauenbewegung am internationalen Frauentag am 8. März und an allen anderen Tagen mit vollem Einsatz für die Gleichstellung aller Geschlechter in der Arbeitswelt und darüber hinaus.
[1] CSL, Quality of Work Index Luxembourg, 2022
[2] Der Rentenunterschied zwischen den Geschlechtern in Luxemburg beträgt 44 Prozent
[3] Idem
[4] N° 6/2021 – Malgré des progrès, des inégalités hommes-femmes subsistent – Statistiques – Luxembourg (public.lu)
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