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Afrika: Wissenschaft gegen Arbeitslosigkeit

Afrika: Wissenschaft gegen Arbeitslosigkeit

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Afrika kann die Beschäftigungschancen seiner Jugend verbessern

Zwei Drittel der afrikanischen Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt und die Jugend des Kontinents könnte sein größter Wettbewerbsvorteil sein. Immerhin sind die langfristigen wirtschaftlichen Aussichten normalerweise mit der Verfügbarkeit einer jungen, mobilen Erwerbsbevölkerung verbunden.

Ein aktueller Bericht der Mo-Ibrahim-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass zwischen 2004 und 2014 zehn der 25 am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften in Afrika lagen. Trotzdem ist es dem Kontinent – angesichts vieler Millionen junger Arbeitsloser und vieler anderer gering Beschäftigter – bis 2015 nicht gelungen, sein volles Potenzial zu verwirklichen.
Afrikas Problem der Jugendarbeitslosigkeit hat viele Gründe. Zunächst einmal finden Jugendpolitik und Jugendförderung in der ganzen Region nur in sehr begrenztem Umfang statt. Bereits bestehende Programme sind nicht ausreichend koordiniert und oft ignorieren sie die Erfahrungen der Vergangenheit. Auch die Arbeitsmarktstrategien waren meist theoretischer Natur – gut gemeint, aber in praktischer Hinsicht ergebnislos.

Eine zusätzliche, oft übersehene Schwäche ist unserer Ansicht nach eine wissenschaftliche Umgebung, die kaum Beiträge der jüngsten afrikanischen Wissenschaftler – der gerade promovierten Doktoranden – zulässt, die vielleicht den Schlüssel dazu in der Hand halten, den Kontinent in Bewegung zu bringen. Die Erfahrung zeigt, dass junge afrikanische Doktoranden Forschungen beisteuern, die für die Bewältigung der Entwicklungsprobleme des Kontinents von entscheidender Bedeutung sind. Und trotzdem geschieht es viel zu oft, dass es diesen jungen Köpfen an der Ausbildung, dem Zugang und der Unterstützung mangelt, die sie brauchen, um ihre Ideen aus den Universitäten in die politische Arena zu bringen.

Junge Forscher veröffentlichen

Daher haben wir eine globale Initiative gestartet, um jungen afrikanischen Forschern eine Gelegenheit zu geben, sich durch gemeinsame Forschung und Veröffentlichungsmöglichkeiten an politischen Lösungen zu beteiligen. Das Matasa Fellows Network, das im Jahr 2016 von der MasterCard-Stiftung und dem Institut für Entwicklungsstudien (IDS, Institute of Development Studies) in Großbritannien gegründet wurde, hat zum Ziel, die jungen afrikanischen Talente zusammenzubringen, um mit ihnen gemeinsam die Probleme der Jugendarbeitslosigkeit auf dem Kontinent zu lösen. Da diese Herausforderung eng mit anderen Problemen – wie Migration, Konflikten, ländlicher Entwicklung und Geschlecht – verknüpft ist, müssen die Politiker bei der Lösungsfindung ihr Netz weit aufspannen. Die Forschungen unserer Wissenschaftler zu diesen Themen werfen für die Regierungen und Entwicklungsfinanzierer wichtige Fragen darüber auf, wie verantwortungsvolle Lösungen gefunden und umgesetzt werden müssen.

Zur ersten Gruppe von Wissenschaftlern, die ihre Ergebnisse kürzlich im IDS-Bulletin veröffentlichten, gehörten zehn afrikanische Doktoranden der Sozialwissenschaften. Mit Hilfe und Leitung der IDS-Mitarbeiter konnten die jungen Menschen gemeinsam ihre Ideen verfeinern und durch die Zusammenarbeit mit Regierungsbeamten und Mitarbeitern von Nichtregierungsorganisationen politische Strategien entwickeln.

Ihre Leistung ist bemerkenswert: politische Beratung zu einer Vielzahl von Themen, darunter die Jugendarbeitslosigkeit in Ghana, die Viehproduktion in Kenia und regionale Strategien zur Verbesserung der Möglichkeiten für junge Unternehmer. Ebenso untersuchten die jungen Matasa-Wissenschaftler die politischen Dimensionen der Jugendarbeitslosigkeit in Äthiopien, die sozialen und kulturellen Gründe für die Beschäftigungsentscheidungen auf dem ganzen Kontinent, die Wirkung von Beratungsleistungen auf Jungunternehmer und die Sichtweise junger Afrikaner auf illegale Branchen wie die Glücksspiel- und Sexindustrie.

Politisches Handeln gefragt

Einige der Untersuchungen kamen zu bemerkenswerten Ergebnissen – gerade weil sie teilweise jeglicher Intuition widersprechen. Beispielsweise fand der Kampala-Forscher Nicholas Kilimani in seiner Studie über Beschäftigungsstrategien heraus, dass entgegen allgemeiner Annahmen die Jugendarbeitslosigkeit proportional zur höheren Ausbildung nicht sinkt, sondern steigt. Also kommt er zu dem Schluss, dass die Lösung der Arbeitslosigkeit kreatives Denken erfordert. Er schreibt: „Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit braucht politisches Handeln, das sich über die grundlegenden Ausbildungsbereiche und Arbeitsmärkte hinaus auf Sektoren wie die Kreditmärkte, die Infrastruktur, die Unternehmensregulierung und die ländliche Entwicklung erstreckt.“

Ebenso aufschlussreich ist die Arbeit von Maurice Sikenyi, der den kenianischen Fonds zur Unterstützung junger Unternehmer untersuchte, eine staatliche Initiative zur Mikrofinanzierung. Aus Interviews und zusätzlichen Daten schloss der Wissenschaftler der Universität von Minnesota, dass die Reichweite und Möglichkeiten des Fonds durch Korruption, unklare Vergabebedingungen, lange Wartezeiten bei der Kreditvergabe und mangelnde Berücksichtigung der unternehmerischen Risiken geschwächt werden. Seine Arbeit untersucht, wie das Entwicklungsprogramm verbessert werden könnte, indem es stärker auf Machbarkeitseinschätzungen und Beratung ausgerichtet wird. Afrika kann die Beschäftigungschancen seiner Jugend verbessern. Dazu müssen die Entscheidungsträger des Kontinents aber enger mit den jüngsten und klügsten Forschern des Landes zusammenarbeiten. Sie müssen deren wichtige Einsichten nutzen und neue Schnittpunkte akademischer Verbundenheit zwischen Forschung, Politik und Praxis schaffen.

Seife Ayele

* Seife Ayele und Jim Sumberg sind Forschungsmitarbeiter beim Institute of Development Studies an der Universität von Sussex. Samir Khan ist leitender Manager für Politik- und Forschungskommunikation bei der MasterCard Foundation.
Aus dem Englischen von Harald Eckhoff. Copyright: Project Syndicate, 2017.
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