Manche Minister sind eifrig beschäftigt, die ihnen anvertrauten Sektoren mit der Subsidien-Gießkanne zu berieseln. Gramegna gewährte dazu jedem Kollegen 5 Millionen Euro „Taschengeld“. Ob jedoch Arbeitsplätze gesichert und die Wirtschaft mit PR-Aktionen wie den 50-Euro-Gutscheinen für eine Übernachtung in einheimischen Hotels wieder auf Trab kommt, darf hinterfragt werden.
Am eifrigsten gebärden sich einige Minister, von denen während der schlimmsten Tage der Pandemie nicht zu hören war. Etwa die Umweltministerin oder der Energieminister. Doch sei die Frage erlaubt, ob beide im Namen der gesamten Regierung sprechen.
So versucht sich Dieschbourg als Vorkämpferin gegen alles Nukleare aufzuspielen. Kraft Amtes rief sie zum Kampf gegen die eventuelle Schaffung eines atomaren Endlagers in den belgischen Ardennen auf. Dabei ist Belgien erst am Anbeginn einer langwierigen Prozedur mit ungewissem Ausgang. Die Sponti-Aktion der Ministerin ist ein heimtückischer Schlag gegen eine befreundete Regierung. Immerhin hat Luxemburg mit dem Segen der Grünen durch das Gesetz vom 6. Juni 2018 ein bilaterales Abkommen mit Belgien besiegelt, um im zukünftigen Endlager den radioaktiven Müll unserer Kliniken aufzunehmen.
Profilierungsversuche
Sollte die ministerielle Aktivistin mithilfe der Greenpeace-Spendensammler das belgische Endlager verhindern, muss sie dem Land erklären, wo sie die luxemburgischen Nuklear-Abfälle endlagern will. In den nationalen Ardennen? Ob der antibelgische Kreuzzug von Frau Dieschbourg offizieller Regierungspolitik entspricht, ist zu bezweifeln. Premier Bettel wird jedenfalls nicht müde, seine guten Beziehungen zur belgischen Premierministerin Sophie Wilmès zu betonen.
Die Umweltministerin sprach kaum im Namen der Regierung, als sie in einem Interview forderte, Luxair sollte alle Flugverbindungen zu Städten einstellen, die per Zug zu erreichen wären. Damit müsste die nationale Fluggesellschaft über drei Viertel ihrer Flüge streichen, was die meisten der 3.000 Arbeitsplätze bei Luxair gefährden würde.
Auch Energieminister Claude Turmes hat Image-Probleme. Als europäischer Parlamentarier profilierte er sich als Vorkämpfer für die „Erhaltung der Schöpfung“ (Original-Ton Turmes) oder gegen den internationalen Handel. Als großherzoglicher Minister muss er nunmehr liefern. Was dem grünen Ideologen offensichtlich schwerfällt. Zur Ratifizierung des von den Grünen vormals bekämpften CETA-Handelsabkommens mit Kanada fielen dem Globalisierungsgegner im Nachhinein nur belanglose Beschwichtigungen ein.
Tesla-Favoritismus
Umso forscher will Turmes den nationalen Automarkt umkrempeln. 49 Prozent aller fahrbaren Untersätze sollen bis 2030 „Elektro“ sein, eventuell noch „Plug-in-Hybrid“. Beginnen wollte der Minister mit den „geleasten“ Dienstfahrzeugen, rund 10 Prozent der derzeit 430.000 Vehikel des nationalen Fuhrparks. Nach heftigen Protesten der Branche befleißigte sich Grünen-Chef Bausch, der Nation zu erklären, Turmes sei falsch verstanden worden.
Immerhin sollen saftige Prämien die Automobilisten locken. 8.000 Euro gibt es für Elektrowagen. 2.500 für einen „Plug-in“. Was als „soziale“ Geste für Autokäufer aussieht, ist in Wirklichkeit ein Geschenk für gutbetuchte Besitzbürger, die problemlos über 100.000 Euro für ihr grünes Protzmobil ausgeben können. Als ökologisches Pendant zu ihrem Ferrari oder Porsche. Für billige E-Mobile gibt es keine 8.000 Euro, denn die Prämie darf „nicht die Hälfte des Kaufpreises überschreiten“.
Die Elektromobilität basiert auf einer noch unausgereiften Technologie. Die wetterabhängige Leistung der Batterien erlaubt keine ausgedehnten Fahrten und erfordert zwischendurch lange Aufladezeiten – wenn denn genügend „bornes“ verfügbar sind.
In ihrem ersten Anlauf zur Elektromobilität hatte Gambia für 2020 insgesamt 800 Aufladestationen versprochen. Nicht einmal die Hälfte ist verfügbar. Vor allem zeigt sich verstärkt, dass das elektrische Netz den Strombedürfnissen der anvisierten 200.000 und mehr Elektro-Mobile nicht gewachsen wäre. Auf Kirchberg wurde die unterirdische Garage einer großen Residenz renoviert. Den Besitzern der 300 Stellplätze wurden private Aufladestationen angeboten. Möglich seien aber nur 30 Anschlüsse. Für eine größere Siedlung bei Olm sind 1.600 Stellplätze vorgesehen, aber nur 40 individuelle „bornes“. Für Bewohner von Appartements sind ohnehin keine Anschlüsse möglich.
Abwrackprämien
Der Automobil-Club hat 180 Mitarbeiter, von denen zwei Drittel auf Schichten arbeiten. Für seinen Fuhrpark von 250 Wagen wollte der ACL möglichst viele Aufladestationen installieren, was den Bau eines zusätzlichen Transformators erfordert hätte. So wurden es nur drei! Selbst in der Regierungsgarage steht kein Elektromobil. Bloß einige Plug-in-Hybride, die eine größere Reichweite haben. Ist der Strom einmal aufgebraucht, fahren die Minister, auch Herr Turmes, weiter mit Benzin.
Wäre der Energieminister von Vernunft anstatt von Ideologie gesteuert, könnte unser Land sehr schnell den CO2-Ausstoß des Sektors senken. Zum ersten müsste die Verteufelung der Diesel-Fahrzeuge eingestellt werden. Die Manipulation der Diesel-Motoren durch VW und andere bleibt eine inzwischen von den Gerichten geahndete Sauerei. Die modernen Diesel sind jedoch sauberer als Benziner. Vor allem stoßen sie wegen des besseren Brennwertes und somit einer größeren Reichweite rund ein Viertel weniger CO2 pro 100 km aus als gleichwertige Benziner.
Zum zweiten umfasst der nationale Fuhrpark zirka 80.000 über zehn Jahre alte Autos, die mehr Emissionen ausstoßen als Neuwagen. Statt teure Teslas mit 8.000 Euro zu bezuschussen, würde eine Abwrackprämie weniger begüterte Autofahrer dazu verleiten, sich von alten Drecksschleudern zu trennen. Dem Automobilsektor wäre gleichzeitig geholfen. Immerhin gibt es in Luxemburg viele Zulieferbetriebe der Autoindustrie.
Ideologie gegen Realitäten
Doch in solch pragmatischen Kategorien denken Turmes und Co nicht. Ideologie kommt vor wirtschaftlichen Realitäten.
Im „nachhaltigen Neustart“-Plan der Regierung gibt es manche Mogelpackungen. So plant der Transportminister viele Millionen für den Ausbau des Schienennetzes in den Jahren 2020 und 2021. Wie das Tageblatt schrieb, waren diese „allerdings schon vor der Corona-Krise vorgesehen – die Nachricht ist wohl eher, dass das Budget an dieser Stelle nicht gekürzt wird“.
Prämien von 600 Euro für E-Bikes werden zwar einige Händler erfreuen, tragen dennoch nicht zu einer Konjunkturbelebung bei. Makroökonomische Relance-Politik scheitert in Luxemburg daran, dass unser Land weit über 90 Prozent seines Konsums importiert. Um importieren zu können, müssen über 90 Prozent aller in Luxemburg produzierten Güter und Dienstleistungen exportiert werden. Umso weltfremder wirken die Debatten der Abgeordneten, die sich dieser Tage im Gefolge vom Ex-Boss der CSV, Claude Wiseler, zwar für eine Reindustrialisierung des Landes aussprachen, aber ohne Wachstum. Wie „nachhaltig“ eine solche Politik sein könnte, steht in den Sternen.
In der Koalition sind sich DP und LSAP offensichtlich bewusst, dass es einen „Neustart“ des Landes nicht ohne Konsolidierung der bestehenden Strukturen geben kann, sei es nur den Erhalt des Flughafens und die Rettung von Luxair. Das Land kann weder auf Stahl noch auf Zement verzichten. Bei den Grünen dominieren dagegen wirre Theorien. Deshalb gelingt es der Regierung momentan nicht, eine Politik des nachhaltigen Wiederaufschwungs aus einem Guss zu präsentieren. Die Minister rivalisieren mit Pressekonferenzen, jeder mit seinem kleinen Bauchladen. Ein Jahrmarkt der Eitelkeiten, ohne Kohärenz und Vision. Ob das noch lange gut geht?
* Der Autor ist ehemaliger Minister und Europaabgeordneter.
Warte immer noch auf die Wasserstofftanke, wurde uns doch versprochen von Hernn weiss nicht mehr B. oder ? Verweise auf ZDF info / Mediathek zu "Saubere E-Autos, dreckige Batterien." und was in den früheren belgischen Kolonien abläuft, sehr informativ.
Auch Sie sollten wissen, dass es kein sauberes E-Auto gibt, genausowenig wie saubere Sparglühbirnen.
Würden Sie sich etwas sachlich mit der E-Auto Thematik auseinander setzen, wüßten Sie dass man schon für unter 20000 EUR alltagsfähige E-Autos kaufen kann (zB VW e-up!) und Hyundai und Kia bieten durchaus reisetaugliche E-Autos zu Preisen diesseits 40000 EUR an.
Auch sollten Sie wissen dass es keinen sauberen Verbrenner gibt oder geben kann, er kann bestenfalls sauberer sein als sein Vorgänger, aber nie sauber. Demnach wäre es unverantwortlich heute Verbrennungsfahrzeuge zu fördern welche dann weitere 15 Jahre unsere Luft verschmutzen und das Klima schädigen. Übrigens muss man zwischen Lufverschmutzung (Partikel und NOx) und Klimawandel (CO2) unterscheiden. Ja, Diesel erzeugt weniger CO2 als Benzin, da der Verbrauch wegen des höheren Energiegehaltes geringer ist. Die Herstellung von AdBlue zur Reduzierung der NOx ist jedoch sehr energieintensiv und erhöht dadurch den CO2 Fussabdruck jedes gefahrenen Kilometers.
Partikel gibt's nur auf dem Prüfstand weniger, da die im Katalysator gesammelten Partikel in regelmäßigen Abständen verbrannt werden. Dies geschieht durch eine erhöhte Abgastemperatur (also bei erhöhtem Kraftstoffverbrauch) bei der der Katalysator "frei gebrannt" wird. Die Partikel werden dann konzentriert frei gesetzt.
Das "Weiter wie bisher" muss ein Ende haben. Es gibt jedoch Politiker die am Ewiggestrigen festhalten, und jene die zu mindest versuchen die Wende zu einer besseren Zukunft hin zu kriegen. Sie gehören wohl zu der ersten Kategorie.