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Warten auf Berlin

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In Deutschland soll es jetzt schnell gehen mit Regierungsbildung. Bereits am nächsten Wochenende, spätestens in der anschließenden Woche sollen die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sein. Zu lange haben die deutschen Wähler auf die Bildung einer neuen Regierung warten müssen. Nun wollen die künftigen Koalitionäre möglichst schnell liefern. Doch nicht nur in Deutschland, auch in der Europäischen Union harrt man einer handlungsbereiten Regierung in Berlin. Denn die Europäer schicken sich an, einen neuen, wenn auch nicht Integrations-, so doch einen Reformschub für ihre Union anzustoßen. Und das geht halt nur, wenn eines der gewichtigsten Mitgliedsländer voll aktionsfähig ist.

Für diese neuen Schritte in der EU liegen viele Ideen auf dem Tisch, es wurden bedeutende Reden gehalten, von denen jene des französischen Präsidenten Emmanuel Macron den größeren und länger anhaltenderen Widerhall genoss, auch wenn sie jener des EU-Kommissionspräsidenten inhaltlich ähnelte.

Doch wirkt beim Franzosen, im Gegensatz zu Jean-Claude Juncker, der Nimbus des Erneuerers und Hoffnungsträgers, der auch ein bisschen als ein Gegenstück zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel betrachtet werden kann, von der kaum derartige europapolitische Visionen zu erwarten waren. Schließlich nimmt sich mit Macron Frankreich der europäischen Sache wieder vollends an, nachdem Paris lange Jahre im Schatten der Nachbarin agierte oder in europapolitischen Dingen nur die gegen die Union polternde FN-Chefin Marine Le Pen zu vernehmen war.

Von Berlin wird nun erwartet, dass die künftige Regierung in den von Emmanuel Macron ausgehenden Elan mit einsteigt. Noch vor den sogenannten Jamaika-Sondierungen wurde befürchtet, dass eine Regierungsbeteiligung der von Christian Lindner geführten liberalen FDP den Franzosen mit seinen Reformplänen ausbremsen, wenn nicht gar ins Leere laufen lassen könnte. Zumindest in den wesentlichen Budget- und Finanzfragen. Was eigentlich darauf schließen lässt, dass Angela Merkel kaum zugetraut wurde, sich für den anvisierten Reformprozess in der EU einzusetzen.

Mit den Sozialdemokraten als Koalitionspartner dürfte dies jedoch anders sein. Sofern deren Basis einer Regierungsbeteiligung zustimmt und sie ihrem Chef einen Ministerposten zugesteht. Denn Martin Schulz hatte nicht nur einer Neuauflage der großen Koalition eine Absage erteilt, sondern ebenfalls gemeint, nicht einer von Angela Merkel geführten Regierung angehören zu wollen.

Und nun wird heftig in der SPD darüber gestritten, ob ihr Vorsitzender seiner Glaubwürdigkeit wegen auf ein Ministeramt verzichten soll. Wer aber sonst, wenn nicht Martin Schulz, kann in der SPD eine derartiges europapolitisches Engagement samt der dazugehörigen Erfahrung aufweisen, damit der deutsch-französische Motor die entsprechende Tourenzahl erreicht, um bis zu den Europawahlen im kommenden Jahr die angestrebten Reformen in der EU auf den Weg zu bringen? Insofern sollten die Genossen nicht nur eine neuerliche GroKo, sondern auch einen Ministerposten für Martin Schulz in einem neuen Licht betrachten.