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Wandel unaufhaltbar

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Dhiraj Sabharwal über die Balfour-Erklärung

Trotz all der Schrecken, trotz all des Mordens und trotz eines grassierenden Nationalismus zeigen die Feierlichkeiten und Proteste rund um die Balfour-Erklärung vor allem eins: Politischer und gesellschaftlicher Wandel sind unaufhaltbar – im Guten wie im Schlechten. Die großen historischen Entwicklungen sind durch das Erstarken und Verschwinden von Mächtigen charakterisiert. Profitierte noch das britische Empire nach dem Ersten Weltkrieg vom Wegsterben des Osmanischen Reiches, um sich Palästina unter den Nagel zu reißen, während es Araber und Juden gegeneinander ausspielte, so waren es die gleichen Briten, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Lichter ihres Kolonialgrößenwahns erloschen sahen. Und bis heute scheinen besagte Briten ähnlich wie ihre französischen Freunde immer noch nicht so recht ihren blutigen kolonialen Höhenflug von einst überwunden zu haben.

Denn selbst die Brexit-Nation Großbritannien versteht nicht, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man seine Vasallen gegeneinander ausspielt, um sich am Ende selbst die Taschen vollzustopfen. Mittlerweile sind es die britischen Freunde – unser Mitleid gilt allen «Remain»-Befürwortern –, die sich in Brüssel regelmäßig und zu Recht vorführen lassen müssen. Die britische Premierministerin wird durch gezielte Leaks geschwächt, ihre politische Orientierungslosigkeit zu Hause von Freund wie Feind ausgeschlachtet. Was besonders schmerzlich sein muss: Die einst stolzen Internationalisten aus Mays konservativem Lager wirken heute angesichts ihrer Brexit-Politik nicht weniger als unkultiviert. Sie sind ein Schatten ihrer Vorgänger. Denn diese hatten längst vor den Camerons, Johnsons und Mays verstanden, dass Großbritannien ohne sein globales Netzwerk das «Groß» im Namen nicht annähernd verdient. Umso unverschämter und ahnungsloser wirkt es, dass die britische Premierministerin gestern Israels Kolonialpolitik kritisierte, im gleichen Atemzug aber beteuerte, den Jahrestag der Balfour-Erklärung «mit Stolz» zu begehen. Diese Form von vulgären Widersprüchen, die nicht offensichtlicher sein könnten, führt dazu, dass die internationale Ordnung dabei ist, sich zu verändern.

Gerade die Balfour-Erklärung, aber auch das geheime Sykes-Picot-Abkommen von 1916, sind heute immer noch aktuell – und stärker denn je unter Beschuss. Dieses Mal sind es aber nicht die Kolonialherren von einst, sondern imperialistisch agierende Nationalstaaten in Nahost und auch Terrororganisationen wie der schwächelnde Islamische Staat (IS), die an der sinnlosen Grenzziehung rütteln. Das willkürliche Zusammenwürfeln von Ethnien und Konfessionen innerhalb von Nationalstaaten nach europäischem Vorbild ist kein mittel- und schon gar kein langfristiges Modell. Im Gegenteil. Alleine die Demokratische Föderation Nordsyriens, Rojava, zeigt, dass gerade eine grenzübergreifende kurdische Revolution stattfindet, die für viele Menschen eine einmalige Anziehungskraft besitzt, weil sie regionalen Gegebenheiten Rechnung trägt. Die von den Kolonialherren vorgezeichneten Linien lösen sich somit langsam im Wüstenstaub auf. Ob dadurch Frieden in die Region einkehrt, ist mehr als fraglich. So viel steht aber fest: Der Wandel in Nahost findet statt – auch ohne die Kolonialherren von einst.

Mehr Austausch und Entscheidungen im Sinne aller Menschen
11. November 2017 - 20.28

Ob jetzt der Nationalismus der Katalanen oder der von Madrid oder der von ganz Spanien,Nationalismus bleibt Nationalismus!Zuviel Nationalismus/Patriotismus ist nie gut ! Für keinen ! Die Menschen müssen sich aussprechen und Ungerechtigkeiten aus der Welt schaffen !
Dazu gibt es einen Interessanten Artikel bei Telepolis !

GuyT
6. November 2017 - 21.40

"Das willkürliche Zusammenwürfeln von Ethnien und Konfessionen .. ist kein mittel- und schon gar kein langfristiges Modell"
Wie denn jetzt, wir finden Multi-Kulti doch alle toll und wollen dieses offene Gesellschaftmodell doch fördern?Der Journalist Posener freut sich z.B. dass Deutschland zum Einwanderungsland wird, und zwar durch aessere UmständeUmstände und dadurch weltoffener, freundlicher, moderner und wettbewerbsfähiger wird. Warum sollte dieses Multi-Kulti denn nicht in diesen Ländern nach Jahrzehnten des Zusammenlebens gelingen? Oder anders gefragt : wer soll diese zusammengewürfelten Gruppen denn jetzt wieder trennen? Und wer diese Trennung dann unterstützt, riskiert den Vorwurf der ethnischen Säuberung wenn dann Gewalt mit ins Spiel kommt.

Jeannosch
4. November 2017 - 17.31

Natürlich ist der Kontext der jeweiligen Staatenbildung grundverschieden, allerdings im Endeffekt die Eigenständigkeit dieser Völker im Vordergrunde steht. Auch wenn über längere Zeitdekaden die Geschichte dieser Völker bestimmt wurde von Besatzern, Kolonialherren haben sie ein Anrecht auf ihren eigenen, unabhängigen Staat.Kurze Bemerkung zur Geschichte der Katalanen, auch Franco hat Katalanen ihrer Kultur wegen hinrichten, einsperren lassen und sogar in der Nach Franco Äera waren die katalanische Sprache , die Kultur in Spanien , den Schulen unerwünscht.Was die Äusserungen von Herrn Puigdemont angeht, lässt sich diskutieren, allerdings der Kern einer Unabhängigkeit der Katalanen ist seit Jahrzehnten gegeben.

BillieTH
4. November 2017 - 17.08

Si les Palestiniens auraient accepte le partage des territoires en 1948, l'histoire aurait ete differente. Mais non, ils preferent une guerre qui semblait impossible a perdre pour avoir le tout...le resultat est connu...tout perdu. contrairement au PLO, les Catalans ne sont pas encore venu avec de attentats a la bombe en Europe, des prises d'otages des avions etc...

Dhiraj Sabharwal
4. November 2017 - 16.42

Hallo Herr “Jeannosch”,

erstens ist der Kontext der jeweiligen Staatenbildung ein völlig anderer, zweitens finde ich es persönlich unverschämt gescholtene Völker, deren Rechte wahrlich auf einer ganz anderen Ebene mit Füßen getreten werden, mit den Katalanen zu vergleichen. Im Falle der Palästinenser erinnere ich z.B nur an die ILLEGALE Okkupation der Gebiete durch Israel. Ich berufe mich bei meiner Argumentation stets auf Rechtsstaatlichkeit. Puigdemont versucht eben genau diese Ebene zu umgehen, weil der Kampf für seinen hirnrissigen Separatismus weder legal ist und nicht einmal legitim, weil ein Großteil der Katalanen Spaniens Einheit verteidigt. Ich lasse an dieser Stelle mal die Kriege und Morde weg, die Palästinenser erleiden müssen und Ihnen eigentlich vor Augen führen müssten, wie inkohärent Ihr Vergleich und sinnlos Ihr Vorwurf sind.
Zu den Kurden: so weit ich weiß beklagt sich selbst Puigdemont nur wegen finanziellen Fragen, nicht aber, weil die Katalanen mundtot gemacht, erniedrigt und ermordet werden. Und die Katalanen haben nicht wie die Kurden in Nahost über vier Staaten bis ins Herzen Europas große Bevölkerungsgruppen, die unterdrückte Minoritäten sind. Insofern wäre ich Ihnen auch hier dankbar, wenn Sie mir erlauben, folgende Gegenkritik zu formulieren: Kontexte und Gewichtungen sind mit Blick auf solche Fragen zentral. Dennoch danke ich Ihnen für Ihren sachlichen Kommentar und freue mich über weitere Rückmeldungen.

de rom
4. November 2017 - 0.28

nun herr sabharwal mich wurde dann aber auch ihre meinung zu Yathrip intressieren

Jeannosch
3. November 2017 - 15.36

Herr Sabharwal, was Sie den Katalanen in Ihrem Artikel "Schwarzer Freitag" verwehren, bejahen Sie in diesem Artikel."Das willkürliche Zusammenwürfeln von Ethnien und Konfessionen innerhalb von Nationalstaaten...... " Nun es scheint, Sie wenden zweierlei Maßstäbe an , was für Kurden, Palästinänser gilt, gilt nicht für die Katalanen.Ich stimme Ihnen zu, was die Unabhängigkeit der Kurden,Palästinänser angeht ,aber gerade so vehement stimme ich auch für die Unabhängigkeit des katalinischen Volkes .

armand
3. November 2017 - 9.54

"Das willkürliche Zusammenwürfeln von Ethnien und Konfessionen innerhalb von Nationalstaaten nach europäischem Vorbild ist kein mittel- und schon gar kein langfristiges Modell". genau! sagen Sie's mal merkel, asselborn und co. wird uns aber leider abverlangt.

Serenissima, en Escher Jong
3. November 2017 - 9.47

Sie haben Recht die Balfour-Erklärung, und das geheime Sykes-Picot-Abkommen von 1916 sind der Grund für die Probleme im Nahen Osten. GB wäre gut beraten gewesen kein Aufheben von dem Balfour Brief an Lord Rothschild zu machen, denn die Briten hatten kein Recht so etwas über die Köpfe der palästinenser Bevölkerung zu entscheiden, nur in der Hoffnung dass die Jüdische Lobby in den USA dann die Regierung dort bewegen würde im ersten Weltkrieg auf Seite der Entente einzugreifen....was das Abkommen zwischen Frankreich und GB angeht um unter sich den Nahen Osten aufzuteilen das war reine Kolonialpolitik schon geprägt von der Aneignung der Ölvorkommen die die Briten dann den Franzosen vorenthalten konnten, ohne Rücksicht zu nehmen auf die Bevölkerungsgruppen und Religionsgemeinschaften die vor Ort über den ganzen Mittleren Osten verstreut gelebt haben unter den Osmanen...